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MieterEcho 398 / Oktober 2018

Am Bedarf vorbei geplant

Bebauungsplan für den letzten noch unbebauten Teil der Rummelsburger Bucht

Von Jutta Blume

Am 18. Oktober soll der Bebauungsplan für den letzten noch unbebauten Teil der Rummelsburger Bucht verabschiedet werden. Verschiedene Investoren sitzen bereits in den Startlöchern, einer davon der kommerzielle Aquarienbetreiber Coral World International, ein anderer ist der berlinbekannte Immobilienunternehmer Gijora Padovicz.

Der Bereich zwischen Ostkreuz und Paul-und-Paula-Ufer ist der letzte Teil der Rummelsburger Bucht, an dem noch keine Neubauten entstanden sind. Dabei reicht der Aufstellungsbeschluss für den „Bebauungsplan Ostkreuz“ mit amtlichem Namen XVII-4 zurück in das Jahr 1992, als sich dort wie auch im angrenzenden Gebiet vor allem brachgefallene Industriegelände befanden. Bereits im Juni 1993 wurde ein Masterplan entwickelt, demzufolge rund um die Ausbuchtung der Spree Wohnungen für 12.000 bis 15.000 Einwohner/innen und Arbeitsstätten für 12.000 Beschäftigte entstehen sollten. Die tatsächliche Entwicklung verlief zunächst langsam und die Ziele des Masterplans scheinen heute einigermaßen überdimensioniert. Denn mit den bereits fertiggestellten Wohnungen für rund 5.000 Menschen sind Alt-Stralau und das Nordufer der Bucht relativ dicht bebaut. Entstanden sind vor allem hochpreisige Eigentumswohnungen und Reihenhäuser. Im letzten freien, etwas verwilderten Abschnitt sind nun Mischgebiete aus Gewerbe und Wohnen entlang der Kynaststraße und der Hauptstraße sowie drei Wohnblöcke an der Wasserseite geplant. Das Aquarium Coral World wird einen Bereich von rund 10.000 m² zwischen Kynaststraße und Ufer einnehmen. Interessanterweise wurde der Vertrag mit Coral World bereits im September 2017 abgeschlossen, bevor der Bebauungsplan also rechtsgültig war, wie einige Bezirksverordnete öffentlich kritisierten. Der Aquarienbetreiber ist vertraglich auch verpflichtet, für zwanzig Jahre eine öffentliche Grünfläche im Uferbereich herzustellen und zu pflegen.

Abbruch von Wohnhäusern

Auf einen gültigen Bebauungsplan dürfte auch Gijora Padovicz hoffen, der seit einigen Jahren Eigentümer der Häuser Hauptstraße 1 g, h und i ist. Padovicz plant anscheinend den Abriss der vernachlässigten Häuser aus den 1920er Jahren, um an ihrer Stelle Neubauten zu errichten. Mietverträge seien bei der Neuvermietung stets auf ein bis zwei Jahre befristet worden und zum Jahresende 2017 nicht mehr verlängert worden, berichtet die Mieterin Lena Schuster*. Sie selbst hatte jedoch einen unbefristeten Altmietvertrag, den Padovicz gekündigt hat. Da der Kündigungsgrund auf Totalsanierung lautete, Padovicz aber abreißen wolle, sei die Kündigung unwirksam. Schuster und andere Mieter/innen sind geblieben, nur rund ein Drittel der Bewohner/innen ist bislang ausgezogen. „Wir wollen bleiben, solange es geht“, so Schuster. Zwar sollen den Betroffenen Umsetzwohnungen angeboten werden, aber die könnten auch am anderen Ende von Lichtenberg liegen und noch dazu teurer ausfallen.
Nach Angaben von Bezirksbaustadträtin Birgit Monteiro (SPD) sind etwa 500 Wohnungen im Gebiet geplant, 140 davon sollen mietpreisgebunden sein. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Howoge wolle insgesamt 170 Wohnungen bauen. Ob die restlichen Wohnungen Miet- oder Eigentumswohnungen sein werden, lasse sich beim jetzigen Stand des Verfahrens noch nicht sagen.
Bezirkspolitiker/innen wie Einwohner/innen kritisieren außerdem, dass der Bedarf an Schulplätzen bei der Planung nicht genügend berücksichtigt wurde. Insgesamt fehlen in Lichtenberg bis zum Jahr 2024 mehr als 9.000 Schulplätze, so der Kreisverband Lichtenberg von B90/Grüne. Er fordert, im Bebauungsplan Ostkreuz eine Fläche für eine weitere Schule vorzuhalten. Und auch die Vorsitzende des Bezirkselternausschusses Claudia Engelmann (Die Linke) schreibt, es solle wieder „ein Bebauungsplan beschlossen werden mit einem Wasserhaus (Coral World) und Wohnungen in bester Lage mit Blick auf die Rummelsburger Bucht (...), die sich nur Spitzenverdiener*innen leisten können“ und in dem die Schulplatzfrage „nach wie vor nicht nachhaltig geklärt ist“.

*Name geändert


MieterEcho 398 / Oktober 2018

Schlüsselbegriffe: Rummelsburger Bucht,Coral World,Padovicz,Lichtenberg