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MieterEcho 389 / Juli 2017

Wohnungsunternehmen ignoriert Bezirksverwaltung

Gesobau verweigert sich der Verordnungsmiete im Milieuschutzgebiet

Von Katharina Mayer                                   

Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gesobau will sich bei Modernisierungsmaßnahmen im Weddinger Sprengelkiez nicht an die im dortigen Milieuschutzgebiet festgesetzte Verordnungsmiete halten. Statt der Obergrenzen des gebietsspezifischen Mietspiegels, die zwischen 5 bis 6 Euro/m² liegen, hat die Gesobau eine durchschnittliche Miete von 6,50 Euro/m² angekündigt. Die auf dem Mietspiegel basierende Verordnungsmiete hat der Bezirk Mitte als erster Bezirk als „Prüfkriterium“  in das Genehmigungsverfahren für Modernisierungen implementiert.                                

 

Im November 2016 erhielten die Mieter/innen aus fünf Häusern der Gesobau im Sprengelkiez, der im Milieuschutzgebiet Sparrplatz liegt, Modernisierungsankündigungen. Die Gesobau will in den Häusern einen „zeitgemäßen Ausstattungsstandard“ herstellen, was zu rasanten Mietsteigerungen führt. Weil die durchschnittliche Mietbelastung im Kiez bereits bei über 40% liegt, sind  Mietsteigerungen für viele Menschen nicht bezahlbar. Der Bezirk war dieser Anregung gefolgt und hatte einen gebietsspezifischen Mietspiegel mit Verordnungsmieten erstellt, der eine Begrenzung der modernisierungsbedingten Mietsteigerungen auf das spezifische Mietniveau der Nachbarschaft vorsieht (MieterEcho Nr. 387/ April 2017). Verordnungsmieten stellen keine Miet-obergrenzen dar, sondern dienen bei Modernisierungen als Prüfkriterien. Sie bieten eine Orientierungshilfe, wenn die Mieten nach einer Modernisierung über den Werten des gebietsspezifischen Mietspiegels liegen. In diesem Fall werden die Kosten der Maßnahmen überprüft. Daneben haben Vermieter die Möglichkeit, sich zur Einhaltung der Verordnungsmieten zu verpflichten. Dazu ist in dem Gebiet aber lediglich die Hälfte der Vermieter bereit, wie eine Anfrage in der Bezirksverordnetenversammlung ergab.                                   

 

Möglichkeiten ausschöpfen      

In zwei der betroffenen Häuser in der Sprengelstraße konnten Mieter/innen durch Versammlungen und Proteste eine Aufschiebung der Modernisierungsmaßnahmen um zwei Jahre erwirken. In den drei weiteren betroffenen Häusern in der Sparrstraße haben die Modernisierungsmaßnahmen jedoch bereits begonnen. Dort hat die Gesobau genügend Duldungserklärungen erhalten. Die Modernisierungsmaßnahmen zur Anpassung an den zeitgemäßen Standard führen zu einer durchschnittlichen Mietsteigerung von 2,13 Euro/m². Daraus folgen Mietsteigerungen von 150 bis knapp 400 Euro im Monat. Die zukünftigen Mieten liegen damit weit über dem gebietsspezifischen Mietspiegel. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) hatte in einem Brief an die Mieter/innen versichert, die Gesobau müsse sich an die Mietobergrenze des gebietsspezifischen Mietspiegels halten. Die Gesobau hingegen widersprach dieser Zusage. Erschwerend kommt hinzu, dass Anträge auf soziale Härte von der Gesobau abgelehnt wurden. Durch die neue Kooperationsvereinbarung zwischen Senat und städtischen Wohnungsbaugesellschaften müsste die Modernisierungsumlage jedoch auf 6% sinken. Des Weiteren können Kappungen auf 30% des Einkommens beantragt werden. Hierzu gelten die Einkommensgrenzen für den Wohnberechtigungsschein und die dazu geltenden Wohnflächengrenzen. Die Gesobau hat bereits angekündigt, die Modernisierungsankündigung entsprechend zu ändern. Obwohl der Milieuschutz keinen sicheren Schutz vor Verdrängung darstellt, sollten die wenigen Möglichkeiten des Instruments ausgeschöpft werden. Das Wichtigste ist dabei, dass Mieter/innen Kenntnis davon haben, dass sie sich in einem Milieuschutzgebiet befinden und welche Auswirkungen dieses Instrument hat. Denn die Bezirksverwaltung ist darauf angewiesen, aus der Bewohnerschaft Informationen von möglicherweise nicht genehmigungsfähigen Modernisierungen zu erhalten, um gegen Verstöße gegen die Milieuschutzsatzungen vorzugehen. Inwieweit die Spielräume der Verordnungsmieten dabei tatsächlich genutzt werden, ist stark abhängig von den Zuständigen im Stadtplanungsamt, nach deren Ermessen die Anträge bewilligt werden.

 

 

 


MieterEcho 389 / Juli 2017

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