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MieterEcho 390 / August 2017

Pfusch am Bau

Unbewohnbare Wohnungen durch Modernisierungsalbtraum in Moabit

Von Susanne Torka

 

Seit einem Jahr wird im Eckgebäude Havelberger Straße 16/16a und Quitzowstraße 120 mit 3 Aufgängen und 24 Mietparteien gebaut. Eigentlich sollte die Baustelle im Oktober 2017 fertig sein, doch kürzlich erklärte ein beteiligter Fachmann den entnervten Mieter/innen, dass er keine Prognose mehr abgeben möchte. Mehrere Wohnungen sind durch unzählige Wassereinbrüche bereits unbewohnbar geworden.    

                

Viele Mieter/innen halten noch aus – mit nassen Wänden, Schimmelgefahr, herunterfallendem Putz, Glassplittern und weiteren Sicherheitsmängeln. Funken von Schweißarbeiten auf dem Dach trafen einen Mieter auf dem Balkon im Nacken, bei einer anderen Mietpartei wurde der Schornstein für die Gasetagenheizung verstopft. Das berichtete die Berliner Abendschau am 29. Juli 2017. Nach der Sendung erklärte die Hausverwaltung Neue Real Grundbesitz Verwaltunggesellschaft mbH, dass sie die Baufirma kündigen und Notmaßnahmen einleiten wolle. Ein Hilferuf an Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) rief endlich die Bauaufsicht auf den Plan.

Vor etwa fünf Jahren kaufte die Firma „SNGR Life is good GmbH“ das Haus. Die Geschäftsführer sind Sascha Gechter und Nizar Rokbani. Beide hatten zusammen mit Oskar Kan 1999 das erste Meininger-Hostel eröffnet. Die Billig-Hotelkette expandierte rasant, 2013 verkauften sie ihre letzten Anteile. Nizar Rokbani entstammt einfachen Verhältnissen. Er wollte eine Privatschule schaffen, die mit neuen Konzepten die Talente aller Kinder optimal fördert, ohne auf verkrustete Strukturen Rücksicht nehmen zu müssen. 2016 eröffnete die Freudberg Gemeinschaftsschule, Schulträger ist die Montessori Stiftung Berlin. Nizar Rokbanis Beteiligungs- und Projektgesellschaft Charni Venture beschäftigt sich mit Projekten in den Bereichen Hotellerie, Reise und Immobilien. Ein Mann mit Ambitionen – auch auf sozialem Gebiet.

 

Mangelhafte Dachabdichtung    

Im Wohnhaus Havelberger Straße/Ecke Quitzowstraße erhielten die Mieter/innen im Dezember 2015 eine Modernisierungsankündigung. Geplante Maßnahmen: Wärmedämmung der Hoffassade, Dachausbau, Anbau eines Aufzugs und Neugestaltung des Hofs. Die Hausgemeinschaft setzte sich sofort zusammen, holte sich Rechtsberatung und entschied, individuell unterschiedlich die Modernisierung zu dulden. Die Bauarbeiten starteten im August 2016. Im Januar 2017 wurde für den Ausbau des Dachgeschosses eine Betondecke gegossen und diese mit Dachpappe abgedichtet. Nach dem Abbau des Dachstuhls war die Abdichtung offensichtlich beschädigt. Ohne Schutzdach lief Regen ins Haus. Die ersten Wassereinbrüche gab es im Februar. Das Wasser lief die Wände herunter und an den Stromkabeln der Deckenlampen entlang. Mehrfach musste die Feuerwehr anrücken. Mehrere Wohnungen wurden durch Schimmel unbewohnbar, zwei Mietparteien sind vorübergehend in Hotels untergebracht, eine in einer Umsetzwohnung. Gewerbemieter zogen wegen aus dem Keller hochsteigenden Schimmels um. Seit Februar bekommt die Baufirma das Dach nicht dicht. Selbst wenn die Eigentümer nun eine neue Firma beauftragen, bleibt die Frage, warum monatelang nichts passiert ist. Die Wassereinbrüche sind nicht die einzigen Mängel. Auch Sicherheitsmaßnahmen sind unzureichend. So liegen auf dem Dach Elektrokabel nach Starkregen 20 cm tief im Wasser und im Treppenhaus sind die Löcher im Aufzugsschacht nur mit dünnen Latten und Folie verkleidet. Erst kurz vor dem Drehtermin der Abendschau wurden sie mit Brettern gesichert. Auf dem Hof lagerndes Baumaterial behindert den Weg zu den Müllcontainern. Immer wieder kommt es wegen sprachlicher Verständigungsschwierigkeiten zwischen Mieter/innen und Bauarbeitern zu Problemen.

Wenn eine Hausverwaltung sich monatelang nicht um gravierende Mängel auf ihrer Baustelle kümmert, liegt der Verdacht nahe, dass sie diese Mängel gar nicht abstellen will, sondern eher einkalkuliert, dass genervte Mieter/innen aufgeben. Doch die Hausgemeinschaft hält zusammen. Und die Eigentümer müssen sich sagen lassen, dass soziales Engagement und Ausnutzung aller gesetzlich möglichen Mieterhöhungen durch Modernisierung nicht zusammenpassen.     

 

 

 

 

 


MieterEcho 390 / August 2017

Schlüsselbegriffe: Modernisierung, Moabit, Havelberger Straße 16/16a, Quitzowstraße 120, Neue Real Grundbesitz Verwaltunggesellschaft mbH, Bauarbeiten, Wassereinbrüche, Umsetzwohnung, gravierende Mängel