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MieterEcho 387 / April 2017

MieterEcho Editorial

MieterEcho Editorial April 2017

Liebe Leserinnen und Leser,


Harald Simons, unter anderem Vorstandsmitglied bei empirica, dem von dem ultraliberalen SPD-ler Ulrich Pfeiffer gegründeten Forschungsinstitut, tritt gern mit kauzigen Statements in die Öffentlichkeit. Eine von ihm erstellte Studie zum „Schwarmverhalten in Sachsen“ gipfelte in der Empfehlung: „Aufgrund der demografischen Situation ist es ökonomischer, den (sächsischen) Landgemeinden würdevolle Sterbehilfe zu geben.“ Gefördert werden sollten stattdessen eher „versteckte Perlen“ wie Döbeln, Borna oder Mittweida. Nicht weniger überraschend war sein Beitrag zu der Frage, ob inzwischen bereits von einer Immobilienblase in den Hotspots gesprochen werden könne. „Für Berlin gilt: The party is over. Wer jetzt kommt, darf beim Aufräumen helfen.“ Er meint damit, die Immobilienpreise sowie die Mieten werden zukünftig sinken, denn die Nachfrage lasse nach, und er prognostiziert: „Der Schwarm zieht nicht mehr nach Berlin, sondern Rostock oder Schwerin.“ Warum nicht nach Döbeln, Borna, Mittweida oder letztendlich nach Kyritz an der Knatter, ließ er vorerst offen.

Der Mann ist nicht nur Vorstand bei empirica, dann könnte man ihm solche Schrullen nachsehen, sondern auch noch Professor an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig und damit jemand, den die Immobilienbranche zur Kenntnis nimmt. Wenn auch mit Verwunderung. Einar Skjerven, Gründer der Skjerven Group, der seit Jahren mit Berliner Immobilien ein Riesenvermögen verdient und davon auch in Zukunft nicht lassen will, hält den Preisanstieg auf dem Berliner Immobilienmarkt für das Ergebnis einer – für ihn – soliden positiven Entwicklung, zu der das Wachsen der Bevölkerung ebenso gehöre wie ein Wohnungsneubau, der dem Bedarf nicht hinterherkomme. Die Erfahrungen, die Wohnungssuchende in Berlin täglich machen können, bestätigen seine Einschätzungen, auch wenn sie eher als negativ erlebt werden.

Ganz anders aber die Stimmen aus der Berliner Politik. Katalin Gennburg, ehemalige Mitarbeiterin der Senatorin Lompscher und seit Kurzem frischgekürtes Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, hält an dem seit Jahren insbesondere von ihrer Partei Die Linke gepflegten Neubauverhinderungsdiskurs weiter fest. Neubau dürfe nicht das einzige Mittel zur Schaffung von Wohnraum sein, meint sie, den kürzlich geschaffenen Beteiligungsrichtlinien müsse ein hoher Stellenwert eingeräumt werden. Das ist beruhigend. In Berlin wird man sich auf Beteiligungen zukünftig einrichten müssen. Auf die Beteiligung von vielen an einer Wohnung.

Ihr MieterEcho

 

 


MieterEcho 387 / April 2017

Schlüsselbegriffe: Harald Simons, empirica, Ulrich Pfeiffer, Immobilienblase, Immobilienbranche, Skjerven Group, Berliner Immobilienmarkt, Wohnungsneubau, Bevölkerungswachstum, Wohnungssuchende, Katalin Gennburg