Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 385 / Dezember 2016

Zurück auf Los am Viktoriaspeicher

Wohnungsbau auf dem Behala-Gelände bleibt fraglich

Von Ralf Hutter                                        

 

Eine Konkurrenz zwischen Wohnungsbau und Grünflächen gibt es an mehreren Stellen in Berlin. In Kreuzberg droht nun ein Konflikt zwischen Wohnungsbau und Gewerbeflächen. Das Viktoriaspeicher-Gelände am Spreeufer beherbergt mehrere Firmen, soll aber den reinen Gewerbecharakter verlieren. Zumindest will es eine der beiden beteiligten Senatsverwaltungen so. Nach wie vor macht jedoch ein benachbarter Galvanisierungsbetrieb den Bau von Wohnungen unmöglich.              

 

Es ist ein Grundstück, das Begehrlichkeiten weckt: Vier Hektar groß, mehrere Hundert Meter an der innerstädtischen Spree entlang und mit dem Charme des relativ Unerschlossenen. Bereits als der Immobilienboom noch nicht ganz so groß war wie heute, sicherte sich ein süddeutscher Investor das sich östlich der Schillingbrücke an der Köpenicker Straße entlang ziehende Gelände, das den Namen des auf ihm stehenden Viktoriaspeichers trägt. Nachdem die Kaufoption 2014 verstrich, blieb das Gelände beim Senat, und der will nun dort bauen. Jedoch ist das sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, solange auf der gegenüberliegenden Seite der Köpenicker Straße der Galvanisierungsbetrieb Otek bestehen bleibt. Seinetwegen darf in der Umgebung aus Sicherheitsgründen die städtebauliche Dichte nicht derart erhöht werden, dass sich dort mehr Menschen aufhalten. Dieser Betrieb war auch der Grund dafür, dass der erwähnte Investor aufgab. Die Umsiedlung wäre sehr teuer. Die Firma hatte dafür vor Jahren 11 Millionen Euro Schadenersatz gefordert, wie der damalige Bezirksbürgermeister Franz Schulz 2012 sagte.

Von daher ist der vermeintliche Rückgewinn für die öffentliche Hand, nachdem das Gelände bereits privatisiert schien, erst mal keiner, der Wohnungsbau betrifft. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung prüft den Risikobetrieb Otek derzeit noch auf „seine Verträglichkeit mit den städtebaulichen Zielen“, wie sie auf Anfrage des MieterEchos schrieb. „Erst wenn uns die Ergebnisse vorliegen, können wir dezidiert ins Konzeptverfahren einsteigen und dann auch Fragen nach Wohnungsmengen etc. seriös beantworten.“          

 

Bezirk will Konzeptverfahren        

Konzeptverfahren bedeutet, dass der Senat das Gelände nach bestimmten Kriterien betreffend der geplanten Entwicklung vergibt. Ziele sind eine Mischung aus Wohnen und Gewerbe und ein öffentlich zugängliches Ufer mit einer „hohen Aufenthaltsqualität“. Zu lesen war bereits, dass auf dem großen Gelände landeseigene und private Wohnungsbauunternehmen parallel zum Zuge kommen könnten. Über Größenordnungen und mögliche Relationen von Gewerbe- und Wohnraum möchte die zuständige Senatsverwaltung derzeit nichts sagen.        

Der Wohnraum soll jedenfalls die Überhand bekommen, wünscht sich Hans Panhoff (B90/ Grüne), scheidender Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, der am Konzeptverfahren beteiligt war. Panhoff verdeutlicht, was das Problem mit dem Risikobetrieb ist: „Es geht um ein Entweder-Oder“, denn im Umkreis von 260 Metern dürfe praktisch nichts gebaut werden und das betreffe das gesamte Viktoriaspeichergelände. Sprich: Ohne Verlegung des Betriebs bleiben die großen Hallen auf dem ehemaligen Hafengelände. Den aktuell dort eingemieteten Firmen würde das gefallen. Die Mieten seien nicht zu hoch, heißt es etwa beim Getränkegroßhandel Gekko. Das Gelände sei dementsprechend ausgelastet und somit keine „Industriebrache“, wie manchmal gesagt werde. Bei einer Kündigung würden die betroffenen Firmen wohl kaum wieder eine derart zentrale und günstige Bleibe finden. Panhoff zeigt da wenig Mitleid. „Die werden nicht alle bleiben können“, hält er für den Fall von Wohnungsneubau fest.    Verwaltet wird das Gelände vom Landesunternehmen Behala-Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH. Das kann laut Panhoff mit dem jetzigen Zustand gut leben, ebenso die ihm übergeordnete Senatsverwaltung für Wirtschaft. Der Druck auf das Gelände kommt von den am Wohnungsbau interessierten Institutionen in Senat und Bezirk.      

 

 

 


MieterEcho 385 / Dezember 2016

Schlüsselbegriffe: Viktoriaspeicher, Wohnungsbau, Behala-Gelände, Galvanisierungsbetrieb, Otek, Sicherheitsgründe, Konzeptverfahren, Hans Panhoff, Industriebrache

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