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MieterEcho 379 / Februar 2016

Penthäuser für die einen, Asbest und Schimmel für die anderen

Das Neuköllner Entmietungsunternehmen Tarsap
vertreibt nun auch Mieter/innen im Schöneberger Norden

Von Elisabeth Voß          

Auf ihrer Website preist die Firma Tarsap Bau- & Hausverwaltung GmbH „Penthäuser über Berlin“ an, die sie auf den Dächern ihrer Häuser in der Kulmer Straße in Schöneberg errichten möchte. Die Mieter/innen in den darunter liegenden Wohnungen leiden seit Jahren unter unzumutbaren Wohnverhältnissen.                        

 

Die Häuser Kulmer Straße 1 bis 4 und Alvenslebenstraße 12 und 12a in Schöneberg wurden 1972 im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus von der Neuen Heimat errichtet. Nach der Privatisierung wechselten die Eigentümer mehrfach, bis schließlich die Tarsap 2013 den Gebäudekomplex mit den sechs Aufgängen übernahm. Sie teilte das Gebäude in Einzeleigentum auf und begann mit dem Verkauf von Eigentumswohnungen.         

Seit Jahren sind die Häuser verwahrlost und vermüllt. Reparaturen werden schon lange nicht mehr durchgeführt. Anfang 2014 fiel die Lüftungsanlage für die innenliegenden Bäder aus und es kam zu teils erheblichem Schimmelbefall in den Wohnungen. Ende 2014 wurde Asbest im Kleber der maroden PVC-Fußbodenplatten nachgewiesen. Nachdem individuelle Beschwerden nichts nützten, schrieben 24 Mieter/innen im April 2015 gemeinsam die Tarsap an und forderten sie auf, Maßnahmen gegen Schimmel und Asbest zu ergreifen. Eine Kopie des Schreibens ging an das Bauamt des Bezirks.        
Anstatt den Mieter/innen nun Hilfe anzubieten, zum Beispiel um die offenen Stellen in den Fußböden abzudecken, nahm die Tarsap die Asbestbelastung zum Anlass, den Mieter/innen im Juli eine „Umzugshilfe“ zwischen 1.500 und 5.000 Euro anzubieten, je nachdem, wie schnell sie ausziehen. Im September kündigte sie an, alle Wohnungen zu verkaufen, und bot nun 15.000 für diejenigen, die bis Ende Januar 2016 ausziehen. Gleichzeitig behelligt die Tarsap Mieter/innen, die aufgrund der Wohnungsmängel ihre Miete gemindert haben, mit haltlosen Kündigungen. Die einzige „Sanierungsmaßnahme“, die von der Tarsap bisher ausgeführt wurde, war das Überstreichen der Straßenfassade – reines Facelifting für den Verkauf. Auch die Wohnungskäufer/innen leiden unter den Zuständen, denn ihnen drohen hohe Sonderumlagen für zahlreiche weitere Sanierungsmaßnahmen, die die Tarsap in der Eigentümergemeinschaft durchsetzen kann, so lange sie Mehrheitseigentümerin ist.    
                        

Gesundheitsgefährdung in Kauf genommen                

Die Tarsap-Häuser stehen mitten im Quartiersmanagementgebiet Schöneberger Norden. Die Mieter/innen – viele von ihnen mit Migrationshintergrund – kennen ihre Rechte oft zu wenig und manche verstehen sprachlich kaum, was ihnen angedroht wird. Alle wissen jedoch, dass sie es schwer haben werden, andere Wohnungen zu finden. Sie sind eingeschüchtert und haben Angst, ihr Zuhause zu verlieren, wenn sie für ihre Rechte eintreten. Die zuständige Stadträtin Sibyll Klotz (B90/Grüne) vertritt die Auffassung, „dass Bauaufsicht, Wohnungsaufsicht und Gesundheitsamt hier umfassend und erfolgreich zum Schutz der Bewohner/innen tätig geworden sind“. Matthias Bauer vom Projekt „Mieten und Wohnen“ kennt die nach wie vor gesundheitsgefährdenden Wohnverhältnisse aus erster Hand und ist empört: „Ich finde es unfassbar, dass Firmen wie die Tarsap bereit sind, für ihr Geschäft die Gesundheit der Bewohner/innen, vor allem auch die der Kinder aufs Spiel zu setzen, und dass Anwält/innen, Berater/innen und das Bezirksamt sich so schwer damit tun, etwas dagegen zu unternehmen.“ Das Projekt „Mieten und Wohnen“ wurde vom Quartiersmanagement eingerichtet und unterstützt Mieter/innen im Schöneberger Norden, die von Verdrängung bedroht sind. Unterstützung bekommen die Mieter/innen auch von der „IG Potsdamer Straße“, einem Zusammenschluss von Anwohner/innen, Gewerbetreibenden und Institutionen im Kiez, sowie vom „Schöneberger Kiezpalaver“. Im Kiezpalaver beratschlagen Nachbar/innen regelmäßig, wie sie sich gemeinsam gegen Privatisierung, Spekulation, Verdrängung und Zerstörung von Stadtnatur zur Wehr setzen können. Auch die Vorgänge um die Tarsap-Häuser sind dort immer wieder Thema.                  

Die Tarsap Bau- & Hausverwaltung GmbH mit Firmensitz in Britz ist darauf spezialisiert, Häuser günstig zu kaufen, aufzuteilen und mit großem Gewinn weiterzuverkaufen. Für kurzfristige Geldanlagen verspricht sie Investoren eine Rendite von 6 bis 10%. Zuletzt wurde die Firma für rabiate Entmietungen in Neukölln bekannt (MieterEcho Nr. 344/ Dezember 2010 und Nr. 358/ Februar 2013).

 

 

Schöneberger Kiezpalaver:  

https://stopptdenkiezverkauf.wordpress.com

 

 


MieterEcho 379 / Februar 2016

Schlüsselbegriffe: Penthäuser, Asbest, Schimmel, Tarsap Bau- & Hausverwaltung GmbH, Kulmer Straße, Schöneberg, Sanierungsmaßnahmen, Gesundheitsgefährdung, Quartiersmanagementgebiet Schöneberger Norden, Schöneberger Kiezpalaver