Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 931 / Oktober 2017

Mieter/innen fragen – wir antworten

Fragen und Antworten zu Modernisierung

Von Rechtsanwältin Ulrike Badewitz

Von Nachbarn habe ich gehört, dass der Vermieter modernisieren will. Was genau ist eine Modernisierung?

 

Bei einer Modernisierung handelt es sich um bauliche Maßnahmen, die das Ziel haben, den Gebrauchswert der Mietsache zu erhöhen und/oder die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer zu verbessern. So ist beispielsweise der Einbau eines Aufzugs grundsätzlich als Wertverbesserung und somit als Modernisierung anzusehen. Beim Anbau eines Balkons liegt dagegen nicht zwingend eine Modernisierung vor. Wenn der Balkon an der Fassade zu einer viel befahrenen Straße angebaut wird oder er nur sehr schlecht zugänglich ist, liegt möglicherweise keine Wertverbesserung vor.
Alle Maßnahmen, die Energie einsparen können, wie zum Beispiel Wärmedämmungen oder der Einbau von Isolierglasfenstern, wenn dadurch einfach verglaste Fenster ersetzt werden, gelten als Modernisierung.Die Installation von Rauchwarnmeldern ist nun auch in Berlin gesetzlich vorgeschrieben, sodass es sich hierbei um eine Modernisierungsmaßnahme nach § 555 b Ziffer 6 BGB handelt, die der Vermieter nicht zu vertreten hat. Und schließlich geht der Gesetzgeber auch dann von einer Modernisierung aus, wenn bauliche Maßnahmen der Schaffung von neuem Wohnraum dienen wie beispielsweise Dachgeschossausbau.
Modernisierungen dienen nicht der Instandsetzung bzw. Werterhaltung der Mietsache. Wenn also die Heizung nur repariert wird, liegt keine Modernisierung, sondern eine Instandsetzung vor. Diese Unterscheidung ist wichtig, denn die Kosten für die Instandsetzung und Mängelbeseitigung hat der Vermieter zu tragen. Die Kosten für eine Modernisierung können auf die Mieter/innen umgelegt werden.

Mein Vermieter führt gerade Bauarbeiten durch. Wie erfahre ich, ob es sich um Modernisierungsarbeiten oder Instandsetzungsarbeiten handelt?

 

Alle baulichen Maßnahmen sind rechtzeitig anzukündigen. Für die Ankündigung von Instandsetzungsarbeiten – wie etwa ein neuer Fassadenanstrich – ist eine besondere Form nicht vorgeschrieben. Hier würde eine mündliche Mitteilung grundsätzlich ausreichen. Modernisierungsmaßnahmen sind in Textform spätestens drei Monate vor ihrem Beginn anzukündigen. Der Vermieter hat des Weiteren die Art und den Umfang der einzelnen Maßnahmen, den Beginn und die voraussichtliche Dauer anzukündigen. Der Vermieter muss auch den Betrag der zu erwartenden Mieterhöhung und die voraussichtlichen künftigen Betriebskosten mitteilen. Eine Ausnahme bilden nur Modernisierungsmaßnahmen, die mit einer unerheblichen Einwirkung verbunden sind und nur zu einer unerheblichen Mieterhöhung führen. Baut Ihr Vermieter einfach „drauf los“, ist Vorsicht geboten. Lassen Sie sich beraten. In derartigen Fällen kann eine stillschweigende Duldung für Sie gravierende Folgen haben. Denn auch für nicht angekündigte, aber geduldete Modernisierungsmaßnahmen kann der Vermieter die Miete erhöhen. Die Mieterhöhung wird lediglich sechs Monate später wirksam. Wenn Bauarbeiten ohne jede Ankündigung durchgeführt werden, könnte zudem eine widerrechtliche Besitzstörung vorliegen (siehe hierzu „Mieter/innen fragen – wir antworten“ zu „Besitzstörungen, verbotener Eigenmacht und was zu tun ist, wenn der Vermieter einfach mit Baumaßnahmen beginnt“ in MieterEcho Nr. 376/ September 2015).

Ich habe eine Modernisierungsankündigung erhalten. Was muss ich tun?

 

Sie sollten die Ankündigung in einer unserer Beratungsstellen überprüfen lassen. Es ist zu prüfen, ob die Ankündigung den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Wenn zum Beispiel nicht erkennbar ist, wann genau mit welchen Maßnahmen in der Wohnung oder im unmittelbaren Wohnumfeld gerechnet werden muss, kann die Ankündigung möglicherweise unwirksam sein. Hier ist durchaus auf Details zu achten. So hat das Amtsgericht Charlottenburg kürzlich entschieden, dass ein nur schwach konzipierter und nur mittels Lupe lesbarer Bauzeitenplan mit einer Tabelle mit Zeitbalken ohne Bezug zu der konkreten Wohnung nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt. Auch wenn die Ankündigungsfrist nicht eingehalten wird, ist die Ankündigung unwirksam. Genügt die Ankündigung den gesetzlichen Form- und Fristvorschriften nicht, besteht keine Duldungspflicht der Mieter/innen. Des Weiteren muss das Ankündigungsschreiben inhaltlich geprüft werden. Handelt es sich bei den angekündigten Maßnahmen tatsächlich um wertverbessernde oder energetisch sinnvolle Maßnahmen? Es besteht auch dann keine Duldungspflicht, wenn die Modernisierung eine besondere Härte für Sie, Ihre Familie oder einen Angehörigen Ihres Haushalts bedeutet. Den Härteeinwand müssen Sie Ihrem Vermieter schriftlich mitteilen. Dazu haben Sie bis zum Ablauf des Monats Zeit, der auf die Ankündigung des Vermieters folgt. Finanzielle Härtegründe müssen Sie auch innerhalb dieser Frist mitteilen, aber sie werden nicht im Rahmen der Duldung, sondern erst bei der Umlage der Modernisierungskosten geprüft. Es ist auch zu prüfen, ob Sie von Ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen und das Mietverhältnis beenden wollen. Das könnte für Sie dann interessant sein, wenn Sie durch einen vereinbarten Kündigungsausschluss gehindert sind, das Mietverhältnis zu kündigen. Das Gesetz räumt Mieter/innen ein Recht zur außerordentlichen Kündigung bis zum Ablauf des übernächsten Monats ein. Wenn Sie zum Beispiel die Modernisierungsankündigung am 15. September erhalten haben, können Sie das Mietverhältnis zum 31. November beenden. Die Kündigung müsste spätestens am 30. Oktober beim Vermieter eingehen.

In welchen Fällen ist eine besondere Härte gegeben?

 

Eine Härte kann bei den Mieter/innen, den Familienangehörigen oder den Haushaltsangehörigen vorliegen, zum Beispiel wenn eine Körperbehinderung, eine schwere Erkrankung oder ein hohes Lebensalter gegeben sind. Auch eine Schwangerschaft kann zu einer besonderen Härte führen, insbesondere dann, wenn die Geburt kurz bevorsteht. Ebenso kann eine unmittelbar bevorstehende Abschlussprüfung eine Härte darstellen. Soll das Mietverhältnis ohnehin nicht mehr lange  Zeit bestehen, ist der Vermieter verpflichtet, die Modernisierungsarbeiten bis zum Auszug zurückzustellen. Eine besondere Härte kann beispielsweise auch vorliegen, wenn sich der Zuschnitt der Wohnung ändern soll oder Stellflächen eingebüßt werden, wie durch die Installation von Heizkörpern. Die Härtegründe müssen schriftlich innerhalb der genannten Frist gegenüber dem Vermieter erklärt werden. Die Frist beginnt aber nur zu laufen, wenn der Vermieter in seiner Ankündigung auf die Form und Frist des Härteeinwands hingewiesen hat. Eine finanzielle Härte liegt grundsätzlich vor, wenn die Miete nach der Modernisierung 40% des Haushaltsnettoeinkommens ausmacht, einige Gerichte gehen auch von 30% aus. Es werden dabei die Einkommen aller Haushaltsangehörigen zusammengerechnet, auch wenn diese nicht Partei des Mietvertrags sind. Der Einwand der finanziellen Härte führt nicht dazu, dass Sie die angekündigten Maßnahmen nicht dulden müssen. Aber er führt, wenn er berechtigt ist, zum Ausschluss der Mieterhöhung, die nach dem Abschluss der Baumaßnahmen folgt. Dennoch ist der Einwand der finanziellen Härte spätestens – das ist wichtig – bereits bis zum Ablauf des Monats, der auf die Ankündigung folgt, schriftlich zu erheben.

Muss ich der Modernisierungsankündigung widersprechen, wenn keine Duldungspflicht besteht, zum Beispiel weil der Vermieter die Maßnahmen nicht ordnungsgemäß angekündigt hat oder weil es sich in Wahrheit gar nicht um wertverbessernde Maßnahmen handelt?

 

Das ist jedenfalls dringend zu empfehlen. Denn dann herrschen klare Verhältnisse und der Vermieter weiß, dass er zunächst eine Duldungsklage gegen Sie erheben müsste, um einen Duldungstitel zu erhalten. Teilen mehrere Mieter/innen eines Mietshauses mit, dass sie die Maßnahmen nicht dulden und/oder den Einwand der finanziellen Härte erheben, wird der Vermieter unter Umständen die Durchführung seiner Baumaßnahmen nochmals überdenken. Da ein Vermieter grundsätzlich kein Interesse daran hat, langwierige Duldungsverfahren gegen eine Vielzahl von Mieter/innen zu führen, kommt es durchaus vor, dass der Vermieter die Maßnahmen dann ganz zurückstellt oder nur noch teilweise durchführen möchte. Je mehr Mieter/innen an einem Strang ziehen, desto besser. Schließen Sie sich daher zusammen. Außerdem ist Vorsicht geboten: Wenn Sie auf die Modernisierungsankündigung nicht reagieren und Handwerker in Ihre Wohnung lassen, wird unterstellt, dass Sie mit der Modernisierung einverstanden sind. Auch wenn Sie dem Vermieter mitgeteilt haben, dass Sie die Durchführung der Arbeiten nicht dulden, lassen Sie bitte keine Handwerker oder sonst mit der Bauausführung beauftragte Personen in Ihre Wohnung. Verhalten Sie sich konsequent. Ein Zutrittsrecht in Ihre Wohnung ohne Duldungstitel besteht nicht. Lassen Sie sich mit Handwerkern, Architekten oder Bauleitern auf keine Diskussionen ein. Sie müssen Ihre Haltung nicht begründen.

 

Muss ich auch dann etwas unternehmen, wenn die Überprüfung der Modernisierungsankündigung ergeben hat, dass diese ordnungsgemäß ist?


Sie sind nicht verpflichtet, der Maßnahme zuzustimmen. Da im Fall einer ordnungsgemäßen Ankündigung eine Duldungspflicht besteht, unterstellt der Gesetzgeber die Zustimmung der Mieter/innen.
In besonderen Fällen wird von der Rechtsprechung eine Pflicht der Mieter/innen sich auf Verlangen des Vermieters zu erklären bejaht – aber lassen Sie sich nicht unter Druck setzen, sondern gehen Sie zur Beratung, bevor Sie sich gegenüber Ihrem Vermieter äußern.
Im Fall der Durchführung von Modernisierungsarbeiten steht Ihnen ein Minderungsrecht zu, wenn die Bauarbeiten erhebliche Beeinträchtigungen für Sie darstellen. Führen Sie dann ein Protokoll und notieren Sie die Dauer und die Intensität von Lärm, Schmutz und sonstigen Beeinträchtigungen. Die Vorlage von anschaulichen Fotos wird im Streitfall helfen, Ihre Ansprüche durchzusetzen.
Im Falle der Durchführung von energetischen Modernisierungsmaßnahmen sind Sie die ersten drei Monate vom Recht der Minderung ausgeschlossen. Danach gibt es auch hier ein Minderungsrecht, wenn der Wohnwert der Wohnung durch die Bauarbeiten erheblich herabgesetzt wird. Allerdings werden sich in den seltensten Fällen die Baumaßnahmen genau abgrenzen lassen.
Teilen Sie Ihrem Vermieter schriftlich mit, dass Sie von Ihrem Minderungsrecht Gebrauch machen und dass Sie die Miete ausdrücklich nur noch unter Vorbehalt bezahlen.
Für Aufwendungen, die Ihnen im Zusammenhang mit der Modernisierung notwendigerweise entstanden sind, gibt es einen Ersatzanspruch gegenüber dem Vermieter. So sind zum Beispiel die Reinigungskosten zu erstatten, wenn die Wohnung nach Durchführung von Bauarbeiten gereinigt werden muss. Auch die Mehrkosten für eine Ausweichwohnung sind zu erstatten, wenn ein Verbleib in der Wohnung aufgrund der Modernisierungsarbeiten nicht möglich ist. Die Miete für die (ursprüngliche) Wohnung ist für diese Dauer dann übrigens auf Null gemindert. Modernisierungsarbeiten können auch dazu führen, dass die Küche nicht oder nur noch eingeschränkt genutzt werden kann. Wenn in diesem Zeitraum höhere Verpflegungskosten als üblich anfallen, sind auch diese zu ersetzen. Die Kostenerstattung erfolgt in der Regel nur, wenn sie durch das Vorlegen von Belegen geltend gemacht wird. Auch insoweit ist es daher sinnvoll, von Beginn an Nachweise für die geltend zu machenden Ansprüche zu sichern.

 

Kann es sinnvoll sein, eine Modernisierungsvereinbarung zu schließen?

 

Das kommt auf Ihre persönliche Situation und Lebensplanung an. Wollen Sie noch lange Zeit dort wohnen und Ihre Wohnsituation verbessern, kann das eine Alternative sein. Die Modernisierungsvereinbarung ist nun sogar im Gesetz geregelt. In § 555 f BGB heißt es, dass die Mietvertragsparteien aus Anlass von Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen Vereinbarungen treffen können, und zwar insbesondere über die zeitliche und technische Durchführung der Maßnahmen, Gewährleistungsrechte und Aufwendungsersatzansprüche der Mieter/innen sowie über die künftige Höhe der Miete. Sowohl für die Vermieter- als auch für die Mieterseite gibt es einige Gründe, die für den Abschluss einer Modernisierungsvereinbarung sprechen. Als Mieter/in sollten Sie wissen, welche Vorteile ein Vermieter durch eine Vereinbarung erzielen kann, um entsprechende Vorteile auch für sich zu erzielen. So kann es sich für die Vermieterseite durchaus rechnen, wenn Mieter/innen eine oder mehrere Maßnahmen dulden, im Gegenzug aber keine oder nur eine geringere Mieterhöhung hierfür zu bezahlen haben und für die Dauer der Beeinträchtigungen eine festgelegte Entschädigung erhalten. Auch mögliche Aufwendungen können bei der Höhe der Entschädigung berücksichtigt werden. Für den Vermieter entfällt bei Abschluss einer Modernisierungsvereinbarung die Pflicht, eine formwirksame Modernisierungsankündigung zu schreiben, er muss keine Duldungsverfahren mit ungewissem Ausgang führen und er muss die Kosten der Maßnahmen abzüglich der ersparten Kosten für die Instandsetzung nicht transparent und nachvollziehbar darlegen. Außerdem hat er keine kostenintensiven Bauverzögerungen zu befürchten. Dadurch, dass auch die Minderungsbeträge bereits festgelegt werden, muss er nicht mit teuren Nachforderungen rechnen. Mit anderen Worten: das Bauvorhaben lässt sich erheblich besser kalkulieren. Diese immensen Vorteile des Vermieters sollten sich für Mieter/innen in der Vereinbarung entsprechend auszahlen, sodass es idealerweise zu einer Win-win-Situation kommt. Wenn eine Modernisierungsvereinbarung für die Mieter/innen nicht zu deutlichen Vorteilen führt, ist vom Abschluss abzuraten. In jedem Fall ist es unbedingt ratsam, sich vor dem Abschluss einer Modernisierungsvereinbarung beraten zu lassen oder die Vereinbarung mit anwaltlicher Unterstützung auszuarbeiten.

 

 

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Ulrike Badewitz berät in der Beratungsstelle Charlottenburg, Sophie-Charlotten-Straße.


Alle bisher im MieterEcho veröffentlichten Beiträge „Mieter/innen fragen – wir antworten“ finden Sie auf unserer Website unter www.bmgev.de/mietrecht/fragen-und-antworten.html

Die Berliner MieterGemeinschaft empfiehlt in solchen Fällen dringend, dass die Mieter/innen Hausversammlungen durchführen.

 

Für weitere Informationen empfehlen wir unsere mietrechtliche Infoschrift: „Modernisierung –Tipps und Informationen für Mieter/innen, die von Modernisierungsmaßnahmen betroffen sind“.
Sie erhalten die Infoschriften unter www.bmgev.de/mietrecht/infoschriften.html 

 

 


MieterEcho 931 / Oktober 2017

Schlüsselbegriffe: Modernisierung, Wertverbesserung, Wärmedämmungen, Rauchwarnmeldern, Instandsetzung, Modernisierungsankündigung, Härteeinwand, Sonderkündigungsrecht, Aufwendungsersatzansprüche, Kostenerstattung, Mietminderungsrecht

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