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MieterEcho 382 / August 2016

Immer gern genommen

Neue Parteispenden des Bauunternehmers Klaus Groth in alter Berliner Tradition

Von Benedict Ugarte Chacón                

 

Ende Mai wurde bekannt, dass Groth dem Kreisverband Lichtenberg der Berliner SPD eine Summe von knapp 10.000 Euro hatte zukommen lassen. Auch weitere SPD-Gebietsverbände sollen von Groth mit Geldern bedacht worden sein. Teile davon wurden aber nicht angenommen und wieder zurückgeschickt. Aus der Lichtenberger SPD war jedoch zu vernehmen, dass man hier keinen Anlass sehe, die Spende an Groth zurückzugeben. Schließlich gebe es in Lichtenberg keine Projekte der Groth-Gruppe, ließ sich der Kreisverband im Tagesspiegel wiedergeben. Allerdings heißt der Spitzenkandidat der Lichtenberger SPD für die Wahl zum Abgeordnetenhaus im September Andreas Geisel, seines Zeichens Stadtentwicklungssenator.          

 

Im März 2015 hatte der Senat die Vorlage Geisels zur Kenntnis genommen, die sogenannten Erweiterungsflächen am Mauerpark in Prenzlauer Berg zu einem Gebiet von außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung zu erklären. Die Zuständigkeit für das Bebauungsplanverfahren ging damit vom Bezirk Mitte auf das Land Berlin bzw. die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt über. Ein Bürgerbegehren, das Gegner/innen der Neugestaltung angestrengt hatten, lief damit ins Leere. Die Groth-Gruppe wiederum entwickelt am Rand des Mauerparks ein neues Wohngebiet, gegen dessen Dimensionierung sich ebenfalls Protest regte. „Groth pfeift – SPD und CDU tanzen“, so die „Mauerpark Allianz“ im Zusammenhang mit dem im Abgeordnetenhaus durchgewunkenen Bebauungsplan im September letzten Jahres. Die stadtpolitischen Entscheidungen Geisels könnten jedoch nicht in einen Zusammenhang mit der Spende Groths gebracht werden, hieß es aus der Lichtenberger SPD. Laut Parteiengesetz sind Spenden an eine Partei oder ihre einzelnen Gebietsverbände, die die Höhe von 10.000 Euro im Kalenderjahr übersteigen, mit Namen und Anschrift des Spenders bzw. der Spenderin sowie der Gesamthöhe im Rechenschaftsbericht der jeweiligen Partei darzustellen. Wenn Summen knapp unter 10.000 Euro gespendet werden, lässt sich zumindest schlussfolgern, dass diese Veröffentlichungspflicht umgangen werden sollte. Im Fall der Spenden Groths an die SPD soll es sich so verhalten haben, dass die einzelnen Beträge von unterschiedlichen Unternehmen der Groth-Gruppe gezahlt worden seien.                            

Zum Wohl der Stadt            

Die Berliner SPD betonte in einer Pressemitteilung, dass sie sich „selbstverständlich“ ans Parteiengesetz halte. Zu den Spender/innen selbst äußere sich die Partei grundsätzlich nicht. Allerdings habe man im geschäftsführenden Landesvorstand im April beschlossen, „zwei Spenden zurückzugeben, die sich im Rahmen des geltenden Rechts unterhalb der Veröffentlichungspflicht bewegten“. Es sei nicht auszuschließen gewesen, dass es sich „um eine ‚gestückelte’ Spende des letztlich gleichen Spenders handelte“. So etwas lehne man politisch ab. Auch Bausenator Geisel sah sich genötigt, eine Presseerklärung zu den in Rede stehenden Spenden des Bauunternehmers abzugeben. Darin heißt es, dass Medienberichte den Eindruck erweckten, er würde bestimmte Projekte befördern. „Diese Vorwürfe sind falsch und entbehren jeder Grundlage. Ich weise sie vehement zurück. Sie sollen das Amt und meine Person schädigen.“ Zwischen den Parteispenden und dem Mauerpark-Projekt gebe es keinen Zusammenhang, so Geisel. Die Entscheidung, die Verantwortung für die Bebauung des Areals am Mauerpark auf die Landesebene zu heben, sei „nicht im Interesse Einzelner“ getroffen worden. Vielmehr käme sie dem „Wohl der gesamten Stadt“ zugute, schließlich sei es nach „jahrelangem Stillstand“ nun gelungen, mit dem Bau von 700 „dringend benötigten“ Wohnungen zu beginnen. Laut Tagesspiegel hat auch die Berliner CDU in diesem Jahr bereits vier Spenden in einer jeweiligen Höhe von 9.950 Euro von Groth erhalten. Insgesamt soll es sich nach Medienberichten um eine Summe von 100.000 Euro handeln, die Groth SPD und CDU in einzelnen Tranchen zukommen ließ. Dass Groth und seine Unternehmen versuchen, sich mit der Berliner Politik gut zu stellen, ist ein altes Phänomen. Der Enthüllungsjournalist Mathew D. Rose bezeichnete Groth in seinem populären Buch zum Berliner Bankenskandal als einen jahrelangen Berater des ehemaligen Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU). Seit den 80er Jahren habe Groth Hunderttausende Mark an dessen Partei gespendet. Die Unternehmensgruppe Groths wiederum sei Ende der 90er Jahre einer der größten Kreditnehmer der BerlinHyp gewesen, die zur 2001 zusammengebrochenen Bankgesellschaft Berlin gehörte. Vorstand der BerlinHyp war zu dieser Zeit Klaus-Rüdiger Landowsky, gleichzeitig Fraktionschef der CDU im Abgeordnetenhaus. Landowsky musste im Jahr 2001 von seinen Ämtern zurücktreten, da im Zuge des Bankenskandals herausgekommen war, dass er 1995 von Kreditkunden der Ber-linHyp eine Parteispende in einer Gesamthöhe von 40.000 DM angenommen hatte. Bei den Kunden handelte es sich um die ins Baugeschäft gewechselten ehemaligen CDU-Politiker Klaus-Hermann Wienhold und Christian Neuling, die sich mit ihrer Firma Aubis auf dem ostdeutschen Wohnungsmarkt als Glücksritter versuchten. Der Umgang Landowskys und der Berliner CDU mit dem Aubis-Geld beschäftigte im Jahr 2001 auch einen Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses. In ihrem hierzu eingereichten Sondervotum gab die Fraktion der CDU unumwunden zu, dass die nicht ordnungsgemäß im Rechenschaftsbericht der Partei erfolgte Verbuchung der Spende gegen das Parteiengesetz verstoßen habe. Zudem habe es sich bei der Annahme der Barspende durch Landowsky um einen Verstoß „gegen die strengen parteiinternen Richtlinien“ gehandelt, welche die CDU sich Mitte der 80er Jahre gegeben hatte. Damals hatte sich ein korruptes Netzwerk aus Politikern und Bauunternehmern aufgetan. Im Zuge der Affäre um den Charlottenburger Baustadtrat Wolfgang Antes (CDU), der nach damaliger Meinung der Ermittler/innen als eine Art Makler für Schmiergelder innerhalb seiner Partei galt, wurde auch gegen den Bauunternehmer Kurt Franke ermittelt. Dieser hatte 1982/83 nicht nur dreimal 50.000 DM an Antes gezahlt, um ein Grundstücksgeschäft zu forcieren, sondern darüber hinaus in seinem Kalender festgehalten, wem er noch alles Zahlungen hatte zukommen lassen. Unter den abgekürzten Namen fanden sich auch jene einflussreichen Politiker wie der damalige CDU-Fraktionsvorsitzende Eberhard Diepgen, der damalige SPD-Schatzmeister Klaus Riebschläger und der damalige CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Kittelmann. Die Spenden Frankes an die CDU wurden nicht ordnungsgemäß verbucht, sondern gestückelt, als „anonym“ deklariert und an CDU-nahe Vereine bzw. „schwarze Kassen“ weitergereicht.        

 

Essen und feiern            

Ob der jeweilige Bauunternehmer nun Franke, Groth oder Otremba hieß – die Berliner Politik der letzten Jahrzehnte stand der Bauwirtschaft immer gern etwas näher. Und zumindest die beiden großen Parteien schenkten sich nichts, wenn es um Strategien ging, wie an Geld zu kommen war. So wurde im Zuge der Affäre um das Kreuzberger Tempodrom auch die Praxis der Berliner SPD behandelt, Spenden einzuwerben. Im August 2001 hatten sich „Unternehmer für Klaus Wowereit“ in einem Hotel an der Gedächtniskirche zu einem noblen „Fundraising-Dinner“ versammelt. Die geladenen Gäste sollten jeweils 5.000 DM für die wahlkämpfende SPD locker machen, die sich in dieser von den Wirren des Bankenskandals geprägten Zeit anschickte, mit Wowereit den nächsten Regierenden Bürgermeister zu stellen. Organisiert wurde das Spenden-Dinner vom Berliner Bauunternehmer Roland Specker. Dieser war einst Berater für jene Stiftung, die mit dem Bau des Tempodroms befasst war. Als der Bau des Veranstaltungstempels in eine Schieflage geriet, wurde er auf Kosten der öffentlichen Hand gerettet – kurz danach fand das Dinner für die SPD statt. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden später eingestellt, auch der später eingesetzte Untersuchungsausschuss konnte keinen Zusammenhang zwischen der Rettungsaktion und dem Spendenessen herstellen. Die Berliner Politik lässt allerdings nicht nur durch die Annahme von Parteispenden durchblicken, wie nah sie sich den sogenannten Leistungsträgern der Stadt fühlt. Beim diesjährigen „Hoffest“ des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) gehörte neben der Gegenbauer Facility Management GmbH (siehe Mieter-Echo Nr. 378/ Dezember 2015) auch die Groth-Gruppe zu den „Kooperationspartnern“.   

 

 

 


MieterEcho 382 / August 2016

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