Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 374 / Mai 2015

Ein Jahr Leerstand

Was mit dem ICC geschehen soll, ist nach wie vor unklar

Von Benedict Ugarte Chacón                                

Das futuristisch anmutende Internationale Congress Centrum (ICC) wurde zwischen 1973 und 1979 errichtet und umfasst rund 80 Räume mit über 20.000 Plätzen. Im ICC fanden nicht nur Kongresse statt, sondern auch Konzerte, Shows und Aktionärsversammlungen diverser Unternehmen. Seit mehr als zehn Jahren wird über seine Zukunft debattiert. Die Vorschläge reichen von Sanierung über Nutzungsänderungen bis zum Abriss. Unter dem rot-roten Senat sollte das ICC während des laufenden Betriebs saniert und modernisiert werden. Dieses Vorhaben wurde schließlich aufgegeben. Seit April 2014 ist es geschlossen und für Kongressveranstaltungen wurde der City Cube auf dem Gelände der 2011 abgerissenen Deutschlandhalle errichtet.                                


Ursprünglich wollte der Senat 200 Millionen Euro in die Sanierung stecken und den Rest von privaten Investoren aufbringen lassen. Offenbar reicht diese Summe aber nicht aus, um dem ICC eine halbwegs wirtschaftliche Perspektive zu geben. Ende März wurde bekannt, dass ein von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in Auftrag gegebenes Gutachten zum Schluss gekommen sei, dass eine Nutzung als Shoppingcenter ähnlich den Arkaden am Potsdamer Platz negative Folgen für den Einzelhandel der gesamten City-West nach sich ziehen würde. Eine Nutzung als Einkaufszentrum hatte Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) bereits im vergangenen Jahr untersuchen lassen. Ob den neuen Begutachtungen zum ICC Taten folgen, bleibt abzuwarten, immerhin wurden in den vergangenen Jahren so einige Gutachten angefertigt. Einer Mitteilung des Senats an das Abgeordnetenhaus vom April 2013 ist zu entnehmen, dass bereits 15 Gutachten vorliegen, die sowohl von der Messe Berlin GmbH als auch der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt veranlasst worden waren. Dabei handelt es sich unter anderem um Untersuchungen zur Bewertung der vorhandenen technischen Anlagen, mehrere Untersuchungen zur Schadstoffbelastung, eine 2005 erstellte Machbarkeitsstudie zum Kongressbetrieb für die nächsten 25 Jahre inklusive alternativer Lösungen, einer Aufstellung zu einem „idealtypischen Raum- und Funktionsprogramm“ von 2007 erstellt durch die Unternehmensberatung Roland Berger und mehrere Gutachten zur Sanierung, darunter einer Sanierung bei laufendem Betrieb. Die Messe Berlin bezahlte für die Gutachten 747.000 Euro, der Senat brachte immerhin über eine Million Euro dafür auf. Öffentlich zugänglich sind all diese Gutachten nicht. Selbst die Parlamentarier/innen können sie nur im sogenannten Datenschutzraum des Abgeordnetenhauses einsehen, dürfen also keine Notizen aus dem Raum mitnehmen oder öffentlich über die Inhalte sprechen.                                

 

Leerstand statt Nutzung?        

Trotz aller Studien haben Senat und Koalition bislang keine klare Vorstellung, was mit dem ICC geschehen soll. Anfang März dieses Jahres hatte sich Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) öffentlich gegen eine künftige Verwendung als Einkaufszentrum ausgesprochen und lag damit auf einer Linie mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD). Der Fraktionsvorsitzende der CDU Andreas Graf forderte vor Kurzem, das ICC nach einer Sanierung wieder als Kongresszentrum nutzbar zu machen, und verlangte vom Senat, die Kosten dieser Möglichkeit zu benennen. In den für September anstehenden Haushaltsberatungen müsste dieses Thema entsprechend behandelt werden. Mit einem weiteren Vorschlag meldete sich der ehemalige Finanzsenator Ulrich Nußbaum, der bereits vor Jahren eine „Luxussanierung“ abgelehnt hatte, in einer Kolumne im Boulevardblatt BZ zu Wort. Seiner Ansicht nach würde das ICC ohnehin nie ein profitables Kongresszentrum werden, da aufgrund seiner ungünstigen Bauweise die Ausgaben für das Abhalten von Kongressen die damit zu erzielenden Einnahmen übersteigen. Dies würde sich auch nach einer Sanierung nicht ändern. Aus diesem Grund plädierte er dafür, das Bauwerk „einzumotten“, bis irgendwann ein Nutzungskonzept vorliegt. Schließlich würde der Leerstand weniger Geld kosten als eine „Sanierung ohne Plan“.           


MieterEcho 374 / Mai 2015

Schlüsselbegriffe: Internationale Congress Centrum, ICC, Leerstand, Einkaufszentrum, Machbarkeitsstudie, Schadstoffbelastung, Luxussanierung, Nutzungskonzept, Sanierung

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