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MieterEcho 375 / Juli 2015

Beteiligung in Moabit

Neue Stadtteilvertretung verfolgt eigene Ziele

Von Rainer Balcerowiak                                    

 

Am 28. Mai 2015 wurde die neue Stadtteilvertretung  (STV)  für  das Moabiter  Sanierungsgebiet  „Aktives  Zentrum Turmstraße“ gewählt. 29 Kandidat/innen bewarben sich um 25 Sitze. Obwohl die Wahlveranstaltung vom Bezirksamt mit Aushängen an Hauseingangstüren sowie in diversen Bezirksmedien flächendeckend angekündigt wurde, fanden sich nur rund 90 interessierte Moabiter/innen ein. An der letzten Wahl vor zwei Jahren hatten immerhin 150 Personen teilgenommen.                                        


Die seit 2009 bestehende STV soll die Interessen von Anwohner/innen, Gewerbetreibenden, Immobilienbesitzern sowie sonstigen im Gebiet tätigen Bürger/innen vertreten. Echte Mitbestimmungs- oder gar Entscheidungsrechte hat das Gremium nicht. Die STV soll den Sanierungsprozess „konstruktiv begleiten“ sowie den Sanierungsträgern und dem Bezirksamt „Anregungen“ geben. Ihre fünf vom Plenum gewählten Sprecher/innen sollen in einem Beirat, dem auch Mitarbeiter des Bezirks-amts Mitte, der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, des Sanierungsbüros und des Geschäftsmanagements angehören, einen „möglichst umfassenden und transparenten Informationsaustausch zwischen den am Stadtentwicklungsprozess Beteiligten herstellen“, heißt es in der offiziellen Aufgabenbeschreibung. Ferner haben die Sprecher/innen eine Art Berichts- und Fragerecht in den zuständigen Fachausschüssen der Bezirksverordnetenversammlung (BVV).            

Klassische STV-Themen sind vor allem die Ausgestaltung von Infrastrukturmaßnahmen sowie Projekte zur Wohnumfeldverbesserung. Daher sorgte es in der zuvor von der SPD dominierten STV für Irritationen, als 2013 erstmals eine örtliche Mieterinitiative antrat und alle ihre acht Kandidat/innen gewählt wurden. Der Gruppe ging es vor allem um den Kampf gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum durch Ferienwohnungen, den Erlass einer Milieuschutzsatzung für möglichst große Teile des Sanierungsgebiets und die Unterstützung von Mieter/innen im Widerstand gegen Verdrängung. Weitere Themen waren die Bebauungspläne für das Schultheiß-Areal, wo die Huth-Gruppe ein Shoppingcenter errichten will (MieterEcho Nr. 374/ Mai 2015), sowie die Verkehrsplanung. Messbare Erfolge waren allerdings gering. Zwar wurden im Laufe der „Amtszeit“ diverse Beschlüsse zu diesen Themen gefasst und im Kiez bekannt gemacht, doch Einfluss und Reichweite der STV blieben arg limitiert. Immerhin brachte das Bezirksamt schließlich eine Erhaltungssatzung auf den Weg.                        

 

Gegen Neubau von Wohnungen    

Im Juni 2014 begann die Mehrheit der STV, sich mit einer Bürgerinitiative für den Erhalt der maroden und kaum genutzten Jugendverkehrsschule in der Bremer Straße zu engagieren (MieterEcho Nr. 370/ Oktober 2014). Eigentlich hatte das Bezirksamt deren Schließung und die Übergabe des Grundstücks an den Liegenschaftsfonds bereits beschlossen. Doch mittlerweile steht die Entscheidung wieder auf der Kippe und somit auch der geplante Bau von 280 Wohnungen durch eine städtische Wohnungsbaugesellschaft sowie die Errichtung einer Kita. An diesem Thema spaltete sich die in der STV vertretene Mietergruppe.Die neue Stadtteilvertretung dürfte vor allem von Bezirkspolitikern der Grünen geprägt werden, mit dem Vorsitzenden des Stadtentwicklungsausschusses in der BVV, Frank Bertermann, an der Spitze. Stark vertreten ist auch eine radikalökologische Gruppe, die seit Jahren gegen die Neugestaltung der Grünanlagen zu Felde zieht und Wohnungsneubau im Gebiet ablehnt. Immerhin wurden auch zwei im Bezirk gut bekannte Vertreter gewählt, die sich vor allem für die Belange von Mieter/innen und Flüchtlingen einsetzen wollen.        

Bei den relevanten Problemen im Kiez wird die STV wohl auch in Zukunft keine Rolle spielen. Umso wichtiger sind Gruppen wie der „Runde Tisch gegen Gentrifizierung“. Dort geht es unter anderem um die schnelle Umsetzung der geplanten Milieuschutzsatzung und die Vernetzung von Mieter/innen, die sich gegen Verdrängung wehren. Auch bei der Jugendverkehrsschule wird der „Runde Tisch“ Flagge zeigen, denn die Schaffung möglichst vieler preisgebundener Wohnungen ist eine der drängenden Aufgaben in Moabit.             


MieterEcho 375 / Juli 2015

Schlüsselbegriffe: Moabiter Sanierungsgebiet „Aktives Zentrum Turmstraße“, Stadtteilvertretung, Bezirksamts Mitte, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Milieuschutzsatzung, Ferienwohnungen, Schultheiß-Areal, Huth-Gruppe, Shoppingcenter