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MieterEcho 366 / März 2014

Modernisierung mit dem Vorschlaghammer

Häuser im Eigentum der Padovicz-Gruppe in Friedrichshain werden mit rabiaten Methoden modernisiert – Mieter/innen klagen über Schikanen

Von Clemens Berg                                    

Fenster von leeren Wohnungen stehen trotz winterlicher Temperaturen offen oder wurden mutwillig zerschlagen, Treppenhäuser sind mit einer dicken Staubschicht bedeckt, der Hof ist kaum mehr begehbar, Kellertüren wurden aufgebrochen und Haustüren beschädigt. Hinzu kommen Lärm und Schmutz durch Bauarbeiten, die schon in vollem Gange sind, obwohl in den Häusern an der Ecke Seumestraße/Simplonstraße in Friedrichshain noch einige Mieter/innen wohnen. Diese klagen nicht nur über rücksichtslose Bauarbeiten, sondern auch über eine Hausverwaltung, die diesem Treiben untätig zusieht.                            

Die Eigentümerin der Häuser ist die Siganadia Grundbesitz GmbH, die zur Unternehmensgruppe Padovicz gehört. Laut Medienberichten sollen der Padovicz-Gruppe einige hundert Häuser in Friedrichshain gehören, die sie zum Teil mit öffentlichen Fördergeldern sanierte. Verwaltet werden die Häuser Seumestraße 1 und 2 sowie Simplonstraße 29 von der Factor GmbH. Diese hat, so berichten Mieter/innen, seit Jahren nur das allernötigste an den Häusern veranlasst. In der Tat sind die Treppenhäuser mit Graffitis übersäht, auf dem Hinterhof lösen sich die Bodenplatten und die Keller sind feucht. Den Mieter/innen zufolge warte man oft wochenlang auf die Beseitigung von angezeigten Mängeln oder Reparaturen und müsse die Factor mehrfach anschreiben, bis diese überhaupt reagiere. Auch bei der Modernisierungsankündigung agierte die Factor wenig professionell. Sie versandte ihre Ankündigungen im September 2012. Mit den Arbeiten sollte am 1. Januar 2013 begonnen werden, doch dann passierte monatelang nichts, bis die Factor mitteilte, dass ein beauftragter Bauunternehmer angeblich plötzlich verstorben sei und die Maßnahmen deshalb auf den 1. November 2013 verschoben würden. Tatsächlich begannen die Arbeiten erst Ende November 2013. Gleichzeitig bot die Factor den Mieter/innen Ersatzwohnungen an, deren Miete zum Teil das Doppelte ihrer bisherigen Wohnungen betrug.    

                                

Einschüchterung durch Klage        

Obwohl sie die Verzögerung der Baumaßnahmen selbst zu verantworten hatten, verzichteten Factor und Siganadia auf eine neue Modernisierungsankündigung. Stattdessen ließen sie zum Teil recht unerfahrene Anwälte auf die Mieter/innen los und verklagten diese auf Duldung der Baumaßnahmen. In mindestens einem Fall wurde der Hauptantrag der Klage gegen einen Mieter allerdings schon wieder zurückgenommen, obwohl sich an der Faktenlage nichts geändert hat. Dies deutet darauf hin, dass Siganadia/Factor es zunächst einfach darauf ankommen lassen wollten, ob die Mieter/innen sich durch eine Klage einschüchtern lassen und freiwillig ausziehen. Die verbliebenen Hausbewohner/innen sehen sich nun mit den zweifelhaften Modernisierungsmethoden konfrontiert. Mehrere von ihnen berichten, wie Bauarbeiter, die mit der Entkernung der leer stehenden Wohnungen begonnen haben, Schutt, Herde und Badewannen einfach aus den Fenstern auf den Hof werfen. Da viele der Wohnungen noch mit Kohle beheizt werden, bliebe den Mieter/innen nichts anderes übrig, als irgendwie über den als Schuttabladeplatz umfunktionierten Hinterhof zu ihren Kellern zu kommen und sich dabei einer nicht geringen Verletzungsgefahr auszusetzen. Dadurch, dass in den bereits entkernten Wohnungen die Fenster offen stünden oder eingeschlagen worden seien, kühlten diese stark aus. In den Wochen, in denen in Berlin Minusgrade herrschten, seien davon auch die angrenzenden bewohnten Wohnungen betroffen gewesen, die zum Teil gar nicht mehr richtig geheizt werden konnten. Auch sei es aufgrund der kalten Witterung Ende Januar dazu gekommen, dass Wasserleitungen geplatzt seien. Einige Mieter/innen vermuten hinter den Schikanen eine Strategie von Siganadia/Factor und ihren Anwälten: Der Verbleib in den Häusern soll ihnen so unangenehm wie möglich gemacht werden. Dafür spricht auch, dass die Factor den Großteil der Mülltonnen bei der BSR abbestellte, auf eine Schneeräumung im Winter verzichtete und die Treppenhäuser seit Dezember nicht mehr reinigen lässt.             

 

 


MieterEcho 366 / März 2014

Schlüsselbegriffe: Padovicz-Gruppe, Modernisierung, Seumestraße, Simplonstraße, Friedrichshain, öffentlichen Fördergelder, Modernisierungsankündigung, Einschüchterung, Siganadia/Factor, Duldung Baumaßnahmen