Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 375 / Juli 2015

MieterEcho Editorial

MieterEcho Editorial Juli 2015

Liebe Leserinnen und Leser,

im MieterEcho Nr. 318 vom Oktober 2006 stellte Andrej Holm fest: „Insgesamt wurden in Berlin seit 1990 mehr als 200.000 kommunale Wohnungen privatisiert. Allein in den letzten fünf Jahren waren es über 125.000 Wohnungen.“ Das größte Paket, die Wohnungsbaugesellschaft GSW, ging komplett an den Private-Equity-Fonds Cerberus, der die mehr als 72.000 Wohnungen zum Stückpreis von ca. 31.000 Euro übernahm. Dieser Erlös, mit dem – wie die Politikerszene damals ständig versicherte – die Haushaltskassen gerettet werden sollten, stellte einen nie unterbotenen Billigpreis dar. Die Haushaltskassen wurden nicht gerettet, aber die Kassen von Cerberus prall gefüllt. Und das war auch der Sinn der liberalen Politik zum Wohle der Finanzinvestoren.

Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD), der Nachfolger des seiner Zeit verantwortlichen sozialdemokratischen Verkaufspersonals – bestehend aus Peter Strieder, Ingeborg Junge-Reyer und Thilo Sarrazin – hat jetzt in einen inoffiziellen 10-Punkte-Plan die Absicht geäußert, den Bestand der landeseigenen Wohnungen von rund 280.000 auf 400.000 aufzustocken. Der Berliner SPD-Chef Jan Stöß will nach Bremer Vorbild eine Privatisierungsbremse in die Verfassung schreiben. Ein Verkauf von landeseigenem Vermögen, das der Daseinsvorsorge dient, soll danach nur noch durch Volksentscheid möglich sein.

Wie sich die Zeiten ändern! Doch nicht nur die Zeiten ändern sich, sondern vor allem die Kosten! Eine für 31.000 Euro verschleuderte Wohnung wieder in landeseigenen Bestand zu überführen, erfordert heute mindestens den fünffachen finanziellen Aufwand.

Dabei war die Entwicklung abzusehen. In den vergangenen beiden Jahrzehnten wurden nicht nur die Gehag und die GSW privatisiert sowie ein schwunghafter Handel mit öffentlichen Wohnungsbeständen betrieben, sondern der Wohnungsneubau wurde in Berlin zudem wie ein toter Hund behandelt. Die privaten Investoren zogen sich vom Markt zurück und Forderungen nach einem sozialen Wohnungsbau waren tabu.

Spätestens 2007 begannen alle Marktindikatoren deutlich Anspannung zu signalisieren und folgerichtig starteten die Mietpreise bei Neuvermietungen ihren Höhenflug. Wenn jetzt die Politik angesichts der sich verschärfenden Probleme Reaktionen zeigt, dann ist das auch dem Druck zu verdanken, der von protestierenden Initiativen und dem Volksbegehren ausgeht.

Ebenso sind es die öffentlichen Proteste und die Arbeit der Initiative gegen Zwangsumzüge, die das Schicksal der Menschen, die ihre Wohnung nicht mehr bezahlen können und auf öffentliche Hilfe angewiesen sind, in das politische Bewusstsein rücken.

 

Ihr MieterEcho


MieterEcho 375 / Juli 2015

Schlüsselbegriffe: kommunale Wohnungen, Wohnungsbaugesellschaft GSW, Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel, Privatisierungsbremse, Gehag, Privatisierung, Wohnungsneubau, private Investoren, Volksbegehren, Neuvermietungen, Zwangsumzüge

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