Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 359 / April 2013

Zu dicht und zu teuer

Geplantes Neubaugebiet am Traveplatz in der Kritik

Von Jutta Blume

550 neue Wohnungen will die Bauwert Investment Group auf einem 26.000 qm großen Grundstück in Friedrichshain errichten. 40 davon sollen für 5,50 Euro/qm nettokalt an Menschen mit geringem Einkommen vermietet werden. Der Rest der Wohnungen wird wohl nur für Gutverdienende bezahlbar sein.


Eigentumswohnungen sollen ab 3.000 Euro/qm zu haben sein, Mietwohnungen für 9 bis 12 Euro/qm nettokalt. Der Bürgerverein Traveplatz-Ostkreuz bezeichnet die Planung von Bauwert für das sogenannte Freudenberg-Gelände daher als „Luxusquartier, das nicht in den Kiez passt“. Dass die Anwohner/innen die Pläne von Bauwert und Bezirk kritisch verfolgen, machten sie inzwischen mehrfach deutlich. „Es geht um die letzte Freifläche im dicht bebauten Südkiez“, erklärt Carsten Joost vom Bürgerverein Traveplatz-Ostkreuz. Der Bürgerverein fordert, das Areal so zu nutzen, dass das Grünflächendefizit im Kiez kompensiert wird. Durch die zukünftigen rund 1.000 neuen Bewohner/innen würde der Freiflächenmangel aber noch verstärkt. Außerdem wird befürchtet, dass der Zuzug in den Kiez ab 2016 zu einem Mangel an Grundschulplätzen führen wird. „Das ist kopfloser Wohnungsneubau, wenn die Wohnfolgeeinrichtungen nicht mitwachsen“, so Joost. Bezirksbürgermeister Franz Schulz (B90/ Die Grünen) argumentiert dagegen, dass die geplante Bebauung weniger dicht wäre als in den angrenzenden Gebieten und der Investor entsprechende Kitaflächen zur Verfügung stellen würde.

Gemeinsam mit den Fraktionen der Piraten und der Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung fordert der Bürgerverein Traveplatz-Ostkreuz ein neues Beteiligungsverfahren für das Freudenberg-Areal. Ein entsprechender Antrag wurde am 6. Februar 2012 im Stadtentwicklungsausschuss des Bezirks beschlossen. Demnach sollen Fachgespräche zwischen Bezirk, Investor und Anwohner/innen über die einzelnen Aspekte der Bauleitplanung für das Gebiet stattfinden. Dabei soll insbesondere der Bedarf nach bezahlbaren Wohnungen, Grünflächen und sozialer Infrastruktur berücksichtigt werden.

 

 

Bebauungsplan wird erarbeitet

Der Anteil von 7% bezahlbaren Wohnungen sei viel zu niedrig, finden die Mitglieder des Bürgervereins. „Ohne öffentliche Förderung kann der Anteil nicht substanziell vergrößert werden“, erklärte Schulz dagegen auf der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses. Das investorenfinanzierte Modell hätte zudem den Vorteil, dass die Sozialbindung nicht nach 10 Jahren auslaufe. Der Bürgerverein kritisiert außerdem, dass Bauwert vom Ergebnis eines städtebaulichen Wettbewerbs von 2009 abweicht. Auf dem Gelände zwischen Boxhagener-, Holtei- und Weserstraße produzierte bis 2009 die Firma Freudenberg Gummidichtungen, Ende 2011 kaufte die Firma Bauwert das Grundstück. Zu dem Zeitpunkt hatte der Bezirk bereits einen städtebaulichen Ideenwettbewerb durchgeführt, den das Architekturbüro Beyer-Schubert gewonnen hatte. Auf der Grundlage dieses Entwurfs wurde der Aufstellungsbeschluss zu einem Bebauungsplan gefasst – wobei der Anteil der überbauten Fläche gegenüber dem Architektenentwurf etwas niedriger und die Fläche der öffentlichen Plätze etwas höher ausfiel. Im vergangenen Jahr veränderte der Investor Bauwert die Pläne, wobei die Menge der überbauten Fläche stieg und die öffentlichen Freiflächen abnahmen. Hier liegt nun der Streitpunkt mit dem Bürgerverein: Während Bauwert von nur geringen Abweichungen gegenüber dem Entwurf von 2009 spricht, verweist der Bürgerverein auf den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan und ist daher der Auffassung, dass die Bebauung erheblich dichter geworden ist. „Die eklatante Abnahme öffentlicher Bereiche und Zunahme der Baumasse wird auch vom Bezirksamt verschleiert“, kritisiert der Verein in einem „Brandbrief“. Und auch beim Wettbewerb sei die Betroffenenvertretung kaum zur Kenntnis genommen worden, so Rolf Tramp vom Bürgerverein. „Wir befinden uns noch absolut am Anfang eines Verfahrens“, meint dagegen Bezirksbürgermeister Schulz.  An drei runden Tischen am 9., 16. und 25. April will der Bezirk nun einzelne Aspekte der Planung mit den Anwohner/innen und dem Investor diskutieren. Bis Ende 2014 könnte dann der Bebauungsplan für das Gebiet fertig gestellt sein.

 


MieterEcho 359 / April 2013

Schlüsselbegriffe: Neubaugebiet, Traveplatz, Bauwert Investment Group, Friedrichshain, Stadtentwicklungsausschuss, städtebaulicher Ideenwettbewerb, investorenfinanziertes Modell

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