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MieterEcho 362 / September 2013

Vom Markt bestimmt

Berliner Senat verpflichtet die landeseigenen Wohnungsunternehmen nicht zu Mietpreissenkung bei Leerstand

Von Christian Linde                                    

Bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften stehen über 5.000 Wohnungen „vermarktungs-“ oder „modernisierungsbedingt“ leer. Dabei wollte die SPD-CDU-Koalition mit dem „Mietenbündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“ dem von der rot-roten Regierung hinterlassenen angespannten Wohnungsmarkt begegnen. Tatsächlich aber verlangt der Senat von seinen Wohnungsbaugesellschaften anstatt einer bedarfsorientierten Vermietungspraxis vor allem unternehmerisches Handeln.         


Wer eine Wohnung sucht, hat wenig Auswahl. Sagt eine Wohnung zu, ist der Mietpreis oft zu hoch. Das gilt auch für die Wohnungsangebote der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Mehr noch: Die kommunalen Wohnungsunternehmen Howoge, Gesobau, Gewobag, Degewo, Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) und Stadt und Land heizen die Entwicklung sogar noch an. Dabei wurden sie ursprünglich zum Zweck der sozialen Wohnraumversorgung etabliert und sollten als Korrektiv gegen Exzesse auf dem Wohnungsmarkt wirken.    

 

Leerstand bis zu 13 Monate        

Einen Auftrag oder eine andersartige Verpflichtung, eine bedarfsorientierte Wohnraumversorgung zu betreiben, haben die im Eigentum des Landes Berlin befindlichen Wohnungsunternehmen nicht. Auch für Leerstand existieren keine Vorgaben seitens des Senats. „Es ist Aufgabe unternehmerischen Handelns, die Voraussetzungen für eine zügige Wiedervermietung zu schaffen“, heißt es dazu lapidar in einer Stellungnahme der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Tatsächlich stehen aber nach eigenen Angaben derzeit rund 2.900 Wohnungen bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften „vermarktungsbedingt“ leer. Während der durchschnittliche Leerstand bis zu drei Monate andauere, stünden „Wohnungen in wenig nachgefragten Wohnlagen auch längere Zeit leer“. Darüber hinaus seien aktuell 2.850 Wohnungen „modernisierungsbedingt“ nicht bewohnt. „Die durchschnittliche Dauer des modernisierungsbedingten Leerstands ist stark abhängig vom Umfang der jeweiligen Modernisierung und beträgt ca. zwei bis 13 Monate“, so die Wohnungsbaugesellschaften übereinstimmend.     

                        

Keine Senkung der Angebotsmiete    

Mit Blick auf einzelne Angebotsmieten der Wohnungsunternehmen kommen bei den ins Feld geführten Gründen allerdings Zweifel auf. So verlangte die Gewobag Anfang des Jahres in der Thomas-Mann-Straße in Prenzlauer Berg 10,20 Euro/qm nettokalt, die Degewo in Friedrichshagen 10,51 Euro/qm und die WBM für eine Wohnung unweit der lärmbelasteten Leipziger Straße in Mitte sogar 15,25 Euro/qm. Dabei hatten sich die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften im September 2012 zum Umsteuern in der Preispolitik verpflichtet. „Die städtischen Wohnungsunternehmen wirken mit Nettokaltmieten unterhalb des Berliner Mietspiegel durchschnittsmietpreisdämpfend“, hatten Senat und landeseigene Wohnungsunternehmen seinerzeit im Rahmen des „Mietenbündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“ gemeinsam festgeschrieben. Bezüglich der Leerstandsproblematik handelt es sich offenbar lediglich um eine Absichtserklärung. Auf eine parlamentarische Anfrage, ob eine Verpflichtung bestehe, die Angebotsmiete zu senken, wenn es nach einem Auszug, einer Modernisierung oder einer Neuerrichtung nicht zum Mietvertragsabschluss gekommen ist, stellte die Landesregierung klar: „Eine solche Regelung gibt es für die städtischen Wohnungsbaugesellschaften nicht.“ Auch eine grundsätzliche Pflicht zur  Zwischenvermietung bei längerfristig geplanten Um- und Neubaumaßnahmen will die rot-schwarze Koalition nicht einführen.     

Ob mit der geplanten Zweckentfremdungsverbotsverordnung Bewegung in die starre Haltung der Wohnungsbaugesellschaften kommt, bleibt abzuwarten. Immerhin sieht der gegenwärtige Entwurf vor, „dass der Leerstand einer Wohnung von mehr als sechs Monaten unter einem generellen Zweckentfremdungsverbot mit Genehmigungsvorbehalt steht“.       


MieterEcho 362 / September 2013

Schlüsselbegriffe: Berlin, landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, Mietenbündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten, kommunale Wohnungsunternehmen, Howoge, Gesobau, Gewobag, Degewo, Wohnungsbaugesellschaft Mitte, WBM, Stadt und Land, Leerstand, Angebotsmiete, Zweckentfremdungsverbotsverordnung