Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 354 / Mai 2012

Erfolgreiches Referendum gegen Ferienwohnungen in der Schweiz

In der Schweiz stimmte die Mehrheit der Bevölkerung in einem Referendum für die Begrenzung von Zweitwohnungen

Peter Nowak

Nicht nur Berliner Mieter/innen klagen darüber, dass immer mehr Wohnungen zu Urlaubszwecken vermietet werden. Auch in der Schweiz boomen in den letzten Jahren die touristisch genutzten Zweitwohnungen. Vor allem wohlhabende Stadtbewohner/innen schaffen sich häufig ein Loft in der Natur an.

„In den Berggebieten sorgen Milliardäre und Millionäre sowie der Mittelstand mit ihrem extensiven Verlangen nach Ferienwohnungen gemeinsam dafür, dass es für die Einheimischen kaum noch Platz zum Wohnen gibt“, beschreibt die Schweizer Wochenzeitung „Vorwärts“ die Lage in den begehrten Regionen des Landes. Die Folgen sind überall spürbar: „Es ist für Investoren deutlich lukrativer, Zweitwohnungen statt Erstwohnungen zu bauen. Das Angebot an Erstwohnungen stagniert oder nimmt sogar ab. Ebenso wird immer mehr an – in Bergregionen ohnehin knappem – Bauland mit Zweitwohnungen überbaut. In der Folge explodieren vielerorts auch für Ortsansässige die Wohnkosten. Viele finden gar keine finanzierbaren Wohnungen mehr oder müssen umziehen. Es entstehen Geisterstädte, die nur noch während der Hochsaison vom Leben erfüllt werden.“ So beschreiben Mieteraktivisten die Situation.

Zweitwohnungen begrenzt

Am 11. März 2012 zeigte sich, dass die Kritik von der Mehrheit der Bevölkerung geteilt wird. An diesem Tag stimmten 50,36% für eine von verschiedenen Initiativen aus allen politischen Lagern lancierte Zweitwohnrauminitiative. Danach dürfen die Schweizer Gemeinden nur noch 20% des Wohnraums als Zweitwohnungen ausweisen. Der Schweizer Politologe Claude Lonchamp sah in der Abstimmung eine Auseinandersetzung zwischen zwei unterschiedlichen Philosophien: „Wirtschaftswachstum durch weitgehende Liberalisierung vs. Nachhaltigkeit und Schutz der einheimischen Bevölkerung.“

Warnung vor Verwässerung

Nach dem Erfolg gründete sich eine Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Initiative. Sofort wurden neue Streitpunkte deutlich. Die Bau- und Tourismusbranche fragte, was denn überhaupt unter dem Begriff Zweitwohnung zu verstehen sei. Nach  Ansicht der Initiator/innen des Referendums fallen darunter auch Wohnungen, die nur sporadisch von Privaten zu touristischen Zwecken genutzt werden. In einer Erklärung warnten sie vor einer  Verwässerung:  „Entgegen den Behauptungen einzelner Exponenten der Initiativgegner haben die Initianten nicht erklärt, der Umwandlung von bestehenden Erstwohnungen in Zweitwohnungen zuzustimmen. Das einzige Zugeständnis, das in diesem Zusammenhang gemacht wurde, betrifft Erbschaften in direkter Linie von Erstwohnungen, die bereits seit langer Zeit von den Erblassern bewohnt wurden“, betonten Sprecher des Initiativ-komitees.

Obwohl der Erfolg der Zweitwohnrauminitiative in vielen Schweizer Medien als Überraschung bezeichnet wurde, ist es nicht das erste für Mieter/innen erfolgreiche Referendum. Bereits im November 2011 unterstützten 75% der abstimmungsberechtigten Züricher Bevölkerung einen Wohnbauartikel, der bis 2050 eine Erhöhung des  Anteils von gemeinnützigem Wohnungsbau in der Stadt um mindestens ein Drittel vorschreibt.  Auch in der Schweiz bewegt  Wohnungs- und Mietenpolitik die Menschen.


MieterEcho 354 / Mai 2012

Schlüsselbegriffe: Referendum, Ferienwohnungen, Schweiz, Begrenzung von Zweitwohnungen, Baubranche, Tourismusbranche, Zweitwohnrauminitiative

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