Logo Berliner Mietergemeinschaft e.V.
MieterEcho 357 / Dezember 2012

Eine Anfrage bei Lichtblick mit Folgen

Ein von einer energetischen Modernisierung betroffener Mieter erkundigte sich nach einer alternativen Beheizung und wurde gekündigt

Peter Nowak

Wer auf das Klingelbrett am Eingang des Gebäudes Simon-Dach-Straße 31 im Milieuschutzgebiet Boxhagener Platz in Berlin-Friedrichshain blickt, bekommt den Eindruck, dass das Haus trotz Baugerüst zum größten Teil bewohnt ist. Auf mehr als zwei Dritteln der Klingelschilder stehen Namen. Der Eindruck täuscht, denn seitdem der Eigentümer des Hauses, die SD-31 GmbH & Co. KG mit Sitz in München, mit der Sanierung begonnen hat, sind die meisten Mieter/innen ausgezogen. Doch es gibt noch einige Altmieter/innen, die ihre Wohnung im begehrten Teil von Friedrichshain nicht verlassen wollen.

 

Zu den Mieter/innen, die immer noch im Gebäude wohnen, gehört Wolfgang Brieske*. Ihm wurde vom Eigentümer mit einer originellen Begründung gekündigt. Dem Mieter wird unter anderem vorgeworfen, ohne Erlaubnis mit dem Ökostromanbieter Lichtblick Verhandlungen über den Einbau eines Blockheizkraftwerks im Keller des Hauses aufgenommen zu haben. Tatsächlich hat sich der Mieter nach Erhalt der Modernisierungsankündigung über unterschiedliche Angebote auf dem Gebiet der energetischen Sanierung informiert. Mit Lichtblick war er in Kontakt getreten, nachdem er sich mit dem vom Eigentümer geplanten Gebäudesanierungskonzept auseinandergesetzt hat. In einem Schreiben machte die SD-31 GmbH & Co. KG deutlich, dass sie an ihrem energetischen Sanierungskonzept unbedingt festhalten will. Man verwies darauf, dass von der Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) 5 bis 7,5% der Gesamtkosten bezuschusst würden, was sich auf die künftigen Mieten günstig auswirke. „Diesen Zuschuss werden wir allerdings nur erhalten, wenn wir das energetische Sanierungskonzept wie geplant umsetzen“, so die Eigentümer. Im Schreiben wurde betont, dass man etwaigen „Ressentiments gegenüber einer Fernheizung von Vattenfall“ Rechnung getragen habe und daher ein Blockheizkraftwerk, das im Keller des Hauses errichtet werden kann, in die Pläne einbezogen habe.



Vor- und Nachteile von Blockheizkraftwerken

Allerdings gibt es über die Vor- und Nachteile von Blockheizkraftwerken durchaus kontroverse Diskussionen. Mittlerweile wird von Umweltfachleuten die Effektivität bestimmter für die energetische Sanierung verwendeter Blockheizkraftwerke angezweifelt. So heißt es in einer Studie der Deutschen Physikalischen Stiftung: „Politik und öffentliche Meinung haben die Vorzüge der Blockheizkraftwerke stark überhöht und ihre Nachteile nicht ausreichend einbezogen.“ Zudem ist die Branche der Blockheizkraftwerk-Betreiber zum großen Teil in der Hand der Automobilindustrie. Der Marktführer heißt mittlerweile Honda. Das von Honda konzipierte Mikro-Heizkraftwerk  namens EcoPower 1.0 hat sogar den deutschen Nachhaltigkeitspreis gewonnen. Allerdings bemängeln Umweltexperten, dass der in Blockheizkraftwerken produzierte Strom oft nicht sinnvoll genutzt werde. Lichtblick hingegen wirbt damit, dass der in ihrem Blockheizkraftwerk erzeugte Strom für ihre Ökostromkunden in Spitzenzeiten genutzt werde.



Mündige Mieter/innen

Wenn sogar unter Umweltfachleuten über die Effizienz bestimmter Blockheizkraftwerke heftig diskutiert wird, ist es sicher nicht unverständlich, wenn sich Mieter/innen bei verschiedenen Anbietern über die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Modelle selbstständig informieren. Ob daraus ein Kündigungsgrund gemacht werden kann, müssen nun die Gerichte entscheiden. Gefragt wären auch die politisch Verantwortlichen, denn schließlich befindet sich das Haus im Milieuschutzgebiet Boxhagener Platz. Darauf wurden die Mieter/innen bei Sanierungsbeginn im Dezember 2011 mit einem Anschreiben des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg ausdrücklich hingewiesen. Im Anschreiben ging es allerdings nur um den geplanten Einbau eines Aufzugs. Das Bezirksamt wies die Mieter/innen darauf hin, dass der Einbau des Aufzugs mit einer Verpflichtungserklärung des Eigentümers verbunden ist, den Altmieter/innen dadurch keine zusätzlichen Kosten aufzubürden. Wie aber verhindert werden kann, dass den Altmieter/innen aus den unterschiedlichsten Gründen gekündigt wird, bleibt im Milieuschutzgebiet Boxhagener Platz weiterhin offen.


*Name geändert




MieterEcho 357 / Dezember 2012

Schlüsselbegriffe: energetische Modernisierung, Simon-Dach-Straße 31, Milieuschutzgebiet Boxhagener Platz, SD-31 GmbH & Co. KG, Lichtblick, Ökostrom, Gebäudesanierung, KfW, Blockheizkraftwerke