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MieterEcho 345 / Januar 2011

„Water makes money“ – der Film zum Volksbegehren

In den trüben Gewässern von Veolia & Co.

Tobias Höpner
 

1999 wurden die Berliner Wasserbetriebe teilprivatisiert. 49,9% der Geschäftsanteile wurden an RWE Aqua und Veolia Water verkauft, das Geschäft war noch vom schwarz-roten Senat eingefädelt worden. Doch auch der rot-rote Senat gab sich alle Mühe, die Privatisierungsverträge und die darin vereinbarten Gewinngarantien geheim zu halten.

 

In Frankreich begann die Privatisierung städtischer Wasserbetriebe einige Jahre früher als in Deutschland. Zwei der größten privaten Wasserunternehmen kommen daher aus Frankreich: Veolia Water und Suez Environment. Im Dokumentarfilm „Water makes money“ geht es um diese beiden Unternehmen und die Folgen der Wasserprivatisierung.

Die aus Hamburg stammenden Regisseure Herdolor Lorenz und Leslie Franke sind dabei auf ein Geflecht aus steigenden Wasserpreisen, enormer Gewinnabschöpfung, Entlassung von Beschäftigten, Reduzierung der Investitionen, falschen Wasserrechnungen und bestochenen Politikern gestoßen. Kein Wunder, dass es in Frankreich eine große Gegenbewegung gibt: In vielen Kommunen ist mittlerweile die Rekommunalisierung der Wasserbetriebe ein Thema.
 

„Wasserverbraucher als Milchkühe“

Lorenz und Franke können überzeugend in die Geschäftspraktiken der Wasserkonzerne Einblick geben, weil sie einen Kronzeugen vor die Kamera bekommen haben: Jean-Luc Touly war rund 30 Jahre lang leitender Angestellter bei Veolia, bis er die Nase voll hatte und ein Buch über seine Erfahrungen veröffentlichte mit dem Titel „Das Wasser der multinationalen Konzerne – die schockierende Wahrheit“*. Daraufhin wurde er entlassen und engagiert sich seitdem in verschiedenen Initiativen dafür, dass Wasser als öffentliches Gut gilt.

Touly berichtet im Film von verschiedenen betriebswirtschaftlichen Tricks, mit denen die privaten Wasserunternehmen ihre Gewinne maximieren und dabei „aus Wasserverbrauchern Milchkühe“ machen. „Als leitender Angestellter bei Veolia wurde mir über Jahrzehnte klar, was für ein Betrug das System der Public-Private-Partnerships ist, besonders im Abrechnungs- und Finanzsektor. Das hat natürlich Auswirkungen auf den Wasserpreis. Allein in den letzten 10 Jahren ist der Wasserpreis in Paris um mehr als 103% gestiegen.“ Einerseits würden die Leistungen der Betriebe künstlich hoch gerechnet, um höhere Wasserpreise zu rechtfertigen, andererseits der komplette Kaufpreis auf die Konsumenten abgewälzt. So seien die Gewinne geradezu astronomisch hoch. „Und dank des dadurch angehäuften Gelds gelang es diesen Firmen, sich nach und nach auszubreiten. Den Anfang machte der Geschäftsbereich Wasser, dann kam Abwasser hinzu, dann Abfallentsorgung, Transport, Heizung. Ende der 80er Jahre haben sie sich dann in die Branchen Zeitungen, Fernsehen, Musik und bei Schulspeisungen und Krankenhäusern eingekauft.“ So sind aus Wasserunternehmen riesige Mischkonzerne geworden. Veolia war beispielsweise vor einigen Jahren noch Eigentümer von Universal Music und führt in Deutschland das größte private Eisenbahnunternehmen, das neben dem InterConnex auch kleine Regionalbetriebe wie die Schöneicher-Rüdersdorfer Straßenbahnen aufgekauft hat.
 

Ticket zur Selbstbedienung

Dramatische Folgen stellt „Water makes money“ für die städtische Infrastruktur fest. In vielen französischen Kommunen wurde nach der Privatisierung das Leitungs- und Kanalnetz vernachlässigt, da Reparaturen die Gewinne schmälern. Immer größere Mengen an Trinkwasser gingen im Erdreich verloren, während die Wasserqualität nachließ. Zudem wurden keine Trinkwasserschutzgebiete geschaffen, denn es ist leichter und billiger, das Wasser mit Chlor zu versetzen. Nicht wirklich überraschend, aber dennoch erschreckend ist das Maß an Korruption, das in Frankreich im Rahmen der Privatisierung von Wasserbetrieben offenkundig wurde. Bürgermeister, Abgeordnete und Betriebsräte wurden geschmiert und bestochen, um Privatisierungsbeschlüsse in die Wege zu leiten. Doch selbst wo dies herauskam und gerichtlich festgestellt wurde, wurde die Privatisierung dadurch nicht nachträglich hinfällig. Der frühere Bürgermeister von Grenoble, Alain Carignon, wanderte für seine Bestechlichkeit und andere Machenschaften sogar ins Gefängnis – er hatte es bis dahin zum Minister unter Jacques Chirac gebracht. Heute ist er im Umfeld seines alten Freunds, dem heutigen Präsidenten Nicolas Sarkozy, wieder politisch aktiv. Die Bürger/innen von Grenoble bekamen dennoch ihr Wasser zurück: Der private Betreiber, Suez, hatte betrügerisch überhöhte Wasserrechnungen erstellt, sodass die Privatisierung von höherer Stelle rückgängig gemacht wurde.
 

Erfolgte Rekommunalisierungen

Einen hoffnungsvollen Ausblick gibt „Water makes money“, indem eine Reihe von Initiativen in Frankreich und Deutschland zu Wort kommen, die gegen die Privatisierung des Wassers mobil machen. So gab in Stuttgart ein Bürgerentscheid den Ausschlag dafür, dass der Gemeinderat im Sommer 2010 die Rekommunalisierung der Wasserbetriebe beschloss. In Paris wurde die Rückübertragung des Wassers bereits ein Jahr zuvor gefeiert. Doch hier waren schlicht und einfach die langjährigen Privatisierungsverträge ausgelaufen. Viele französische Kommunen stehen zurzeit vor der Frage, ob sie nach 25 oder 30 Jahren Vertragslaufzeit erneut an private Betreiber ausschreiben oder selbst wieder das Ruder übernehmen sollen. Bleibt zu hoffen, dass die Berliner Bürger/innen nicht bis 2019 warten müssen, um die Rekommunalisierung zu erleben
 

Water makes money – Wie private Konzerne aus Wasser Geld machen

Leslie Franke und Herdolor Lorenz, Deutschland 2010, 90 Minuten

www.watermakesmoney.com
 

VOLKSENTSCHEID

Am 13. Februar sind in Berlin alle Wahlberechtigten aufgerufen, über den Volksentscheid „Schluss mit Geheimverträgen – wir Berliner wollen unser Wasser zurück“ zu entscheiden. Dabei geht es nicht nur um die Forderung der Offenlegung der Verträge der Berliner Wasserprivatisierung, denn dem ist der Berliner Senat mittlerweile nachgekommen. Die Initiative „Berliner Wassertisch“ fordert darüber hinaus auch eine gesetzliche Festlegung, dass alle unveröffentlichten Vertragsteile und Nebenabsprachen automatisch unwirksam werden. In einem nächsten Schritt sollen die vertraglich gesicherten Gewinngarantien vor Gericht angefochten werden. Die Initiative erhofft sich davon, dass die Privatisierungsverträge als unrechtmäßig und daher ungültig beurteilt werden. Dann wäre der Weg wäre frei für eine kostengünstige Rekommunalisierung.

 
MieterEcho Nr. 345 / Januar 2011


MieterEcho 345 / Januar 2011

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