Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 351 / Dezember 2011

Sarrazins Erbe

Die von Rot-Rot versuchte Verarbeitung des Berliner Bankenskandals ist endgültig gescheitert

Benedict Ugarte Chacón

Als im Jahr 2006 die eigens dafür gegründete Berliner Immobilien Holding (BIH) die Fondsimmobilien der fast zusammengebrochenen Berliner Bankgesellschaft übernahm, lobte insbesondere der damalige Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) seine Politik. Die Belastungen des Landes könnten damit so gering wie möglich gehalten werden, hieß es. Zunächst wurde für die entstehenden Kosten der Erlös aus dem im Jahr 2007 erfolgten Verkauf der Bank genutzt. Dieser Erlös ist nun weitgehend aufgebraucht, und der Landeshaushalt wird künftig direkt belastet. Absurderweise wollen es mit SPD und CDU nun jene Parteien richten, die für den Bankenskandal politisch verantwortlich sind.

 

Die Fondszeichner der BIH-Immobilien beharren auf den versprochenen Gewinngarantien.     Foto: nmp

 

Mit der „Bad Bank“ BIH, die die von der Bankgesellschaft aufgelegten Fonds im Auftrag des Landes Berlin verwaltet, hatte Sarrazin folgendes Szenario geplant: Man wollte einen Investor finden, der bereit ist, die BIH samt der immensen Fondsrisiken zu übernehmen. Die Risiken waren durch vollkommen unübliche Garantien entstanden, die die Bank seinerzeit den Fondszeichnern gegeben hatte und welche ein Grund für ihre Krise waren. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, die BIH zu verkaufen (MieterEcho Nr. 346/März 2011), ist wieder alles offen. Im Wahlkampf drückten sich alle Parteien wohlweislich vor dem Thema. Es wäre ihnen auch nicht zuträglich gewesen, sichere Millionenkosten für die öffentliche Hand anzukündigen und zuzugeben, dass man keine Strategie hat. Denn die BIH-Gebäude sind restlos überschuldet. Ihr Buchwert beträgt zwar über 9 Milliarden Euro, der tatsächliche Unternehmenswert beläuft sich aber auf lediglich 3,6 Milliarden Euro. Gleichzeitig lasten auf den Immobilien Kredite von über 4 Milliarden Euro. Dies geht aus einer Analyse hervor, die der ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiter im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Bankgesellschaft, Michael Breitkopf, im September 2011 für die Initiative Berliner Bankenskandal erstellte. Sollte sich also kein Käufer finden, der den Buchwert bezahlt – was naheliegend ist – , fährt das Land in jedem Fall Verluste ein. Hinzu kommt, dass in den letzten Jahren wenig in die Bestände investiert wurde, was sich wiederum auf die erzielbaren Mieten auswirkt. Hier muss Berlin Geld zuschießen, denn die von der Bank an die Zeichner gegebenen Mietgarantien hatte das Land im Zuge der „Risikoabschirmung“ 2002 übernommen. So lange die Fonds in der jetzigen Form existieren und nach wie vor die Interessen der Fondszeichner zu bedienen sind, wird sich daran nichts ändern.

 

Renitente Fondszeichner

Nach Auskunft von Thomas Schmidt, Verwaltungsratsmitglied in mehreren Fonds, bestehen er und die von ihm vertretenen Zeichner auf die Erfüllung der ursprünglich von der Bankgesellschaft gegebenen Versprechen wie Ausschüttungen, Mietgarantien und Rückzahlung der investierten Summe nach Ablauf der Fonds. Die bisher gemachten Angebote des Landes, auf die sich bereits viele Zeichner einließen, seien für ihn nicht akzeptabel. Für die vorzeitige Rückgabe verlangt er „weit mehr“ als 100% des damaligen Kaufpreises. Schmidt gilt als beharrlich. Aber Berlin wird sich wohl früher oder später mit ihm verständigen müssen, denn erst wenn das Land über genügend Fondsanteile verfügt, kann es vollständig über die Immobilien entscheiden. Doch selbst wenn dies mit viel Geld gelingen sollte, wäre zunächst nicht viel gewonnen. Denn das BIH-Imperium aus bundesweit verteilten Wohnungen, Seniorenheimen, Einkaufszentren und Tankstellen müsste nach wie vor abgetragen werden.

 

Verkauf keine Lösung

In Berlin hält die BIH 13.000 Wohnungen. Gegen deren Verkauf sträuben sich Teile der SPD, die sie lieber in den landeseigenen Wohnungsbestand einbringen wollen. Dabei steht allerdings zu befürchten, dass auf altbewährte Methoden zurückgegriffen wird, mit denen schon die SPD-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing in den 90er Jahren herumdilettierte. Wieder einmal könnten die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in die Bresche gestoßen werden, indem der Senat sie zwingt, die Bestände aufzukaufen. Um die BIH zu sanieren, müssten aber auch die Schulden übernommen werden. So ließen sich zwar finanzielle Probleme weiter auf die lange Bank schieben, beim derzeitigen Zustand einiger Wohnungsbaugesellschaften ergäbe sich für die Koalition irgendwann aber wieder das Argument, das Rot-Rot schon bei der GSW-Privatisierung ins Feld führte: Kein Geld und viele Schulden – jetzt hilft nur noch Privatisierung.

 


MieterEcho 351 / Dezember 2011

Schlüsselbegriffe: Berliner Immobilien Holding, BIH, Berliner Bankgesellschaft, Finanzsenator Thilo Sarrazin, Bankenskandal, Immobilien Kredite, Risikoabschirmung, Fondszeichner, Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing, Wohnungsbaugesellschaften

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