MieterEcho

MieterEcho 334/Juni 2009

Quadrat TITEL

Markt als Maß

Am Beispiel der Gesobau offenbart sich die Vermietungspraxis und die renditeorientierte Mietpreispolitik landeseigener Wohnungsunternehmen

Christian Linde

Durch den massenhaften Verkauf öffentlicher Wohnungsbestände wurde das Kontingent an Wohnungen für einkommensschwache Haushalte stark reduziert. Zwar sollen sich noch etwa 255.000 Wohnungen im Eigentum der öffentlichen Wohnungsbauunternehmen befinden. Allerdings liegt das Preisniveau im öffentlichen Bestand bereits über dem des frei finanzierten Wohnungsbaus.

Die Nettokaltmiete je Quadratmeter und Monat lag laut Jahresbericht des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) bei Sozialwohnungen im Schnitt um 0,65 Euro über den 4,75 Euro, die der Mietspiegel von 2007 als Berliner Durchschnitt auswies. Zum Teil liegen die Mietpreise öffentlicher Wohnungen sogar noch weit darüber - obwohl die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Rahmen ihrer politischen Vorgaben an die öffentlichen Wohnungsunternehmen einen "angemessenen Beitrag für die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung" verlangt. Ein Beispiel dafür, dass dieser Auftrag keineswegs erfüllt wird, bietet die Wohnungsbaugesellschaft Gesobau. Nachdem im Bezirk Pankow 20 Wohngebäude mit 544 Wohnungen des landeseigenen Unternehmens umfassend saniert und modernisiert wurden, stiegen die Mieten durchschnittlich von 3,86 Euro/qm auf 5,17 Euro/qm. In einem sanierten Altbau in der Mühlenstraße 2a, also in einfacher Wohnlage mit einem oberen Spannenwert von 5,73 Euro/qm für diese Adresse, verlangt die Gesobau eine Kaltmiete von sage und schreibe 7,50 Euro/qm und eine Bruttowarmmiete von 9,60 Euro. In der Kavalierstraße 25 müssen Mieter eine Nettokaltmiete von 8,00 Euro/qm bzw. eine Bruttowarmmiete von 10,47 Euro/qm entrichten. Damit liegt das Angebot um 3,12 Euro über dem Mittelwert (4,88 Euro) und um 1,76 Euro über dem oberen Spannenwert (6,24 Euro) des Mietspiegels (2007) in mittlerer Wohnlage. Auf die parlamentarische Anfrage, ob man diese von einem landeseigenen Wohnungsunternehmen geforderten Mietpreise für geeignet halte, um die "breiten Schichten der Bevölkerung" zu versorgen, antwortete der Senat lediglich mit dem Verweis auf die "Rechtslage". Danach seien die Bestandsmieten allein durch die Regelungen des Mietspiegels "geschützt". "Bei der Neuvermietung stellt der Mietspiegel mietrechtlich keine Begrenzung der Angebotsmiete dar", so die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Mietspiegel keine Begrenzung bei Neuvermietung

"Bei der Vermietung der hochwertig sanierten und modernisierten Objekte in Pankow werden Haushalte mit mittlerem und höherem Einkommen als Zielgruppe angesprochen", stellt die Senatsverwaltung klar. "Die Gesobau achtet dabei auf ein adäquates Verhältnis zwischen Wohnwert und Miete." In den 544 Wohnungen kam es im Zuge der Sanierungsmaßnahmen laut Staatssekretärin Hella Dunger-Löper (SPD) bereits zu 102 Mieterwechseln.

Unterm Strich zeigt das Beispiel, dass die landeseigenen Wohnungsunternehmen eine neue soziale Orientierung brauchen.

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