MieterEcho

MieterEcho 334/Juni 2009

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Berliner Mietspiegel 2009

Preisgünstige Wohnungen sind Mangelware - Höchstmieten am Markt kaum durchsetzbar

Kommentar von Gerhard Eichmann

Die Erhebungen zum Mietspiegel 2009 zeigen eine Angleichung des Mietniveaus über fast alle Bestände in den einzelnen Baualtersklassen und Wohnlagen.

Mieterhöhungen mit dem Mietspiegel, aber auch Modernisierungsmieterhöhungen haben die Unterwerte der einzelnen Mietspiegelfelder nach oben klettern lassen. Das teilweise Absinken der Oberwerte zeigt deutlich, dass der Markt mangels zahlungskräftiger Nachfrage diese Mieten nicht mehr hergibt. Darüber hinaus sagt der Mietspiegel wegen der darin ausgewiesenen Nettokaltmieten über die wirkliche Mietbelastung der Haushalte wenig aus. Die exorbitant steigenden kalten und warmen Betriebskosten belasten derzeit die Budgets der Mieterschaft.

Insoweit ist der Jubel von Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer über eine angeblich stabile Entwicklung der Mieten und bezahlbaren Wohnraum nur ein politisches Manöver. Zudem hinken ihre ständigen Vergleiche mit den Hamburger und Münchner Mietniveaus schon deshalb, weil die Einkommen in den Städten zu unterschiedlich sind.

Wohnungsmangel immer wahrscheinlicher

Der Rückbau preisgünstiger Plattenbaubestände, die zunehmende Zweckentfremdung von Wohnraum durch gewerbliche Nutzung aller Art und die verstärkte Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen lassen eine zukünftige Mangellage am Wohnungsmarkt immer wahrscheinlicher werden. Die zurzeit im Luxussegment gebauten Neubauwohnungen stellen für Berliner Mieter/innen kein Angebot dar. Wie schon vor kaum mehr als zehn Jahren, als Wohnungen knapp waren, werden in Zukunft Vermieter die Mietpreise diktieren können und dadurch wieder eine Mietpreisexplosion auslösen.

Obwohl diese Entwicklung inzwischen absehbar ist, bleibt die Senatorin zweckoptimistisch und ignoriert politische Initiativen, die eine Neuvermietungsregelung und eine Absenkung der Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen fordern. Sie glaubt immer noch an die Selbstregulierungskräfte des Markts. Wohin die Reise für Mieter/innen mit schmalem Geldbeutel gehen soll, hat sie auf der Mietspiegel-Pressekonferenz eindeutig gesagt: "Es gibt kein Grundrecht für Berliner Mieter auf Wohnraum in der Innenstadt!" Marzahn, Hellersdorf und Hohenschönhausen lassen grüßen.

Senatorin vertritt Position der Vermieter

Bei zwei Punkten für wohnwertmindernde Merkmale der Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung, über die sich die an der Mietspiegelrunde beteiligten Verbände der Mieter und Vermieter zum wiederholten Mal nicht einigen konnten, hat sie eindeutig die Position der Wohnungswirtschaft vertreten. Die Bäder der Plattenbauten der Baureihen WBS 70 und Q3A können weiterhin den Zuschlag für das Sondermerkmal "Modernes Bad" und wegen des Strukturheizkörpers die +20% bei der Spanneneinordnung in Anspruch nehmen. Die Vertreter der Mieterorganisationen wollten bei den Verhandlungen einen Abschlag für eine Badgröße von unter 3,5 qm erzielen. Ferner blieb es in der Orientierungshilfe beim "Nicht nutzbaren Balkon". Dabei stellt selbst das nicht gerade mieterfreundliche Kammergericht einen fehlenden Balkon mit einem nicht nutzbaren Balkon gleich. Unberücksichtigt blieb, dass ein Balkon ein wesentliches - dies ist inzwischen auch wissenschaftlich belegt - Anmietungskriterium darstellt.

Folgen für den Landeshaushalt

Der Senat sieht seine kommunalen Wohnungsbaugesellschaften nicht mehr als Anbieter preisgünstiger Wohnungen zur Steuerung des Wohnungsangebots, sondern als Einnahmequellen für den Haushalt an. Konsequent will er deshalb ihre Mieteinnahmen steigern.

Die völlig übereilte Veröffentlichung des neuen Mietspiegels ohne Vorliegen des Amtsblatts und der Internetabfrage sehen wir politischen Winkelzügen geschuldet. Den Mietspiegel einen Monat vor Auslaufen der Gültigkeit des alten Mietspiegels und damit ohne jegliche Notwendigkeit zu präsentieren, bleibt angesichts der Haushaltslage unverständlich. Die nicht unerheblichen Ausgaben für den nächsten Mietspiegel werden somit einen Monat früher fällig.

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