MieterEcho

MieterEcho 333/April 2009

Quadrat BERLIN

Game over: Der Immobilienkonzern Level One ist pleite

Die Finanzkrise erreicht den deutschen Wohnungsmarkt

Benedict Ugarte Chacón

Es schien wie ein modernes Märchen: Ein dynamischer Jungunternehmer baute in wenigen Jahren ein milliardenschweres Immobilienimperium auf. Für die massenhaften Ankäufe gaben die Banken munter Kredite. Doch im Herbst 2008 brachte die Finanzkrise das Imperium ins Wanken und Anfang 2009 fabrizierte der 35-jährige Cevdet Caner mit seinem Konzern Level One eine der größten Immobilienpleiten Deutschlands. Schulden von 1,5 Milliarden Euro haben sich bei dem Unternehmen angehäuft. Von der Pleite betroffen sind nach Angaben des Insolvenzverwalters Rolf Rattunde bislang 38 Objektgesellschaften mit 20.000 Wohnungen und 500 Gewerbeobjekten. Auch in Berlin sind Tausende Wohnungen in Lichtenberg, Hellersdorf, Marzahn und Köpenick betroffen.

Level One ist seit 2004 auf dem deutschen Immobilienmarkt tätig. Bis zu seiner Insolvenz besaß und verwaltete das Unternehmen insgesamt rund 30.000 Wohnungen in 30 deutschen Städten. Gegründet wurde Level One von Cevdet Caner, einem österreichischen Staatsbürger, der mittlerweile in London und Monaco lebt. Noch als BWL-Student in Österreich baute der ehemalige Vorsitzende der Jungsozialisten eine Callcenter- und Logistikfirma auf. Der geplante Börsengang scheiterte, Caner zog sich aus der Firma zurück und versuchte sich alsbald im Immobilienbereich.

Viele Plattenbauten gekauft

Der Immobilienkonzern Level One, der im Wesentlichen Caner und, laut Auskunft von Rattunde, „ihm nahestehenden Personen“ gehört, umfasst verschiedene Gesellschaften. Die Objektgesellschaften, in denen sich die betroffenen Immobilien befinden, gehören Zwischenholdings mit Sitz in der Steueroase Jersey. Die Hauptholding, gegen die schon 2008 ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, hat ihren Sitz in London. Das Geschäftsmodell von Caners Firma schien denkbar einfach. So kaufte Level One massenweise leer stehende oder sanierungsbedürftige Wohnsiedlungen, darunter viele Plattenbauten, um sie zu sanieren und dann entsprechend weiterverwerten zu können. Dabei ließ Caner seine Ankäufe nahezu komplett von Banken finanzieren. Zudem arbeitete er mit einem hohen Leverage-Effekt, d. h. die Zinsen, die er für das eingesammelte Fremdkapital bezahlen musste, waren niedriger als die mit den gekauften Immobilien erzielte Rendite. Ein scheinbar sicheres Geschäft. Im Zuge der sogenannten Subprime-Krise platze die Spekulationsblase am internationalen Immobilienmarkt und die Finanzierung von Level One geriet ins Wanken. Ein geplanter Börsengang kam nicht zustande, was Level One einiges kostete. Auch stellte sich heraus, dass die gekauften Immobilien einen höheren Renovierungsbedarf hatten als geplant.

Folgen für die Mieter/innen

Zu den Gläubigern des Unternehmens gehören die Credit Suisse, J. P. Morgan und die Royal Bank of Scotland. Mit diesen will sich der Insolvenzverwalter Rattunde dahingehend geeinigt haben, dass die Mieter/innen in den betroffenen Wohnungen nicht unter der Insolvenz von Level One leiden sollen. So sei die Versorgung mit Strom und Wasser gesichert und auch an den Mietverträgen ändere sich vorerst nichts. Es sei zunächst sinnvoller, die Gläubiger aus den Mieteinnahmen zu bedienen, da zurzeit am Immobilienmarkt kein guter Preis für die Bestände zu erzielen sei. Eine Weiterverwertung der betroffenen Wohnungen ist also nur eine Frage der Zeit. Die Folgen für die Mieter/innen wurden bei Level One zwar abgefedert, der Fall zeigt jedoch ein symptomatisches Problem. Wenn nämlich aufgrund von Finanzkrisen oder sonstigen Entwicklungen die vormals vielgelobten Investoren in Schwierigkeiten geraten, müssen dies letztendlich die Mieter/innen ausbaden. Viele deutsche Städte, darunter auch Berlin, haben in den letzten Jahren Wohnungen an solche Investoren verkauft. Es ist zu befürchten, dass die Pleite von Level One nur der Anfang einer beängstigenden Entwicklung ist.

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