MieterEcho

MieterEcho 333/April 2009

Quadrat BERLIN

Überraschende dritte Wahl

Der Unternehmer Ulrich Nußbaum wird Berliner Finanzsenator

Benedict Ugarte Chacón

Nachdem der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) seinen „Überraschungscoup“ verkündet hatte, war kurzzeitig viel zu lesen über den Mann, der als Nachfolger für Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) auserkoren ist.

Über den 51-jährigen Ulrich Nußbaum wurde berichtet, dass er ein Bentley-Cabrio fährt, Jura studiert hat, parteilos und im Handel mit Tiefkühlfisch tätig ist. Als „Typus smarter Unternehmer, hochaufgeschossen, freundlich mit fast mädchenhaftem Gesicht“ beschrieb ihn die Süddeutsche Zeitung, als „smarten Paradiesvogel“ das Handelsblatt. Die Bild-Zeitung wusste gar zu berichten, dass die „SPD-Frauen ganz wild auf Senator Cool“ seien. Zudem habe er „ein Herz für die Wirtschaft“, ergänzte der Tagesspiegel. Zu seiner Qualifikation erfuhr man, dass er 2003 bis 2007 Finanzsenator in Bremen war.

Wowereit hatte sich zuvor auf der Suche nach einem neuen Finanzsenator außerhalb Berlins reihenweise Absagen geholt. Dass er Nußbaum schließlich als „Überraschung“ und nicht als dritte Wahl präsentieren konnte, zeigt, dass Wowereits PR-Maschine gut funktioniert. Außerdem wird zweierlei deutlich: Ein Sitz im Berliner Senat ist kein attraktiver Arbeitsplatz und in der rot-roten Regierungskoalition gibt es keine Person, die der Regierende Bürgermeister für fähig hält, solch einen Posten zu bekleiden.

Mit Äußerungen darüber, wie er in Berlin wirken will, hielt sich Nußbaum nach seiner Nominierung zurück. Um einen Einblick in seine Denkweise zu gewinnen, lohnt die Lektüre älterer Texte. Als der Doppelhaushalt 2004/2005 eingebracht wurde, erläuterte er vor der Bremischen Bürgerschaft seine „finanzpolitische Strategie“ mit den Worten: „Die Neuordnung der vielfältigen Geschäftsfelder der Freien Hansestadt Bremen mit allen Maßnahmen von der Privatisierung bis hin zur Veräußerung von Beteiligungen war dem Grunde nach richtig.“ Man habe sich demnach auch auf eine weitere „Beteiligungsveräußerung zur Vermögensmobilisierung“ einzustellen sowie auf die „Nutzung von Public-Private-Partnerships“ (PPP). Wie PPP in Bremen funktioniert, kann am Fall des Klinikums Bremen-Mitte studiert werden. In die Amtszeit und damit in die Mitverantwortung von Nußbaum fällt dessen Umstrukturierung zu einem vollkommen intransparenten PPP-Projekt samt zweifelhafter Ausschreibung und schwer nachvollziehbarer Wirtschaftlichkeitsberechnung.

Sollte Nußbaum solche „Strategien“ auch in Berlin anwenden wollen, ergeben sich sicherlich spannende politische Debatten innerhalb der SPD. Die mitregierende Partei Die Linke dürfte dann wie gewohnt in die eine oder andere Richtung mitmarschieren.

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