MieterEcho 332/Februar 2009: Editorial

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MieterEcho 332/Februar 2009

Quadrat EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

der Neubau von Wohnungen wird in Berlin zum Luxus. So selten er geworden ist, so exklusiv bietet er sich dar. Eine der jüngsten ‚Hervorbringungen' ist das Car-Loft in der Reichenberger Straße. Hier ‚wohnt' das Auto gleich neben dem Schlafzimmer oder der Wohnküche - in einem Haus, dessen Äußeres sich kaum von einer Großgarage unterscheidet. Die zahlungskräftigen Besitzer der Autos haben neben ihrem Pkw-Stellplatz ausreichend Platz zum Wohnen, unsichtbar von außen. Ein wahres Understatement eben, vielleicht auch eine Verbeugung vor längst vergangenen Zeiten, als bei den 1.-Mai-Demonstrationen in Kreuzberg Autos brannten - oder die bauliche Antwort auf die zahlreichen Brandanschläge. Auf jeden Fall der Luxus einer gut verdienenden Klasse, deren Probleme die ca. 500.000 Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften in Berlin nicht teilen müssen. Für sie werden die Wohnungen rar.

Die Senatsverwaltung für Soziales hat das in den Jahren 2004 und 2005 entstandene Regelwerk für die Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Beziehende (AV-Wohnen) überarbeitet. Nach fünf Jahren soll der Mietrichtwert für 1-Personen-Haushalte (und nur für die) um 5% steigen. Jedoch sind gerade die kleinen Wohnungen in einfacher Wohnlage und mit einfacher Ausstattung, die somit für Hartz-IV-Beziehende infrage kommen, allein in den Jahren 2005 bis 2006 laut dem letzten Mietspiegel um über 10% teurer geworden. Vorgelegt wurde das soziale Meisterwerk der neuen AV-Wohnen von Heidi Knake-Werner, einer Senatorin, die sich nach jedem Parteiwechsel einen neuen gut bezahlten politischen Job zu ergattern wusste. So eine kennt sich eben aus mit dem Vermeiden von sozialen Notlagen.

Die Stadt wird zweigeteilt. Die soziale Durchmischung, eine Errungenschaft des 20. Jahrhunderts, gehört der Vergangenheit an. Senatorin Knake-Werner trägt zu dieser ‚Vergangenheitsbewältigung' das ihre bei. Auf der Gewinnerseite stehen die Baugruppen. Ihnen gilt die besondere Aufmerksamkeit des rot-roten Senats. Durch ein Baulückenmanagement sollen die besserverdienenden Mittelschichten mit günstigen Grundstücken versorgt werden, auf denen sie ihre schmucken Eigentumswohnungen, selbstredend ökologisch korrekt, gestalten können. Zu befürchten ist, dass die Baugruppen zur Verdrängung der auf soziale Transferleistungen angewiesenen Bewohnerschaft beitragen. In Alt-Treptow, insbesondere im Kunger-Kiez, regt sich dagegen Widerstand.

Der von vielen Kreuzberger/innen unterstützte Protest gegen die Mediaspree-Planung war jedenfalls erfolgreich. Ob er es auch bleibt, wird von einigen Aktiven nicht ohne Grund bezweifelt.

Die MieterEcho-Redaktion hält ihre Skepsis für berechtigt und unterstützt ihre Bemühungen um die Bewahrung und Durchsetzung der ursprünglichen Ziele.

Ihr MieterEcho

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