MieterEcho 330/Oktober 2008: BAföG-Erhöhung bringt nur wenig Verbesserung

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MieterEcho 330/Oktober 2008

Quadrat RATGEBER WOHNEN

BAföG-Erhöhung bringt nur wenig Verbesserung

Die neuen Bedarfssätze werden den realen Wohnkosten nicht gerecht

Philipp Mattern

Das BAföG wird ab Oktober erhöht. Die neuen Bedarfssätze orientieren sich jedoch nicht an den realen Entwicklungen von Miete und Nebenkosten, sondern es sind Wohnkosten vorgesehen, die deutlich unter denen des ALG II liegen.

Bei der Neuerung handelt es sich genau genommen um gar keine wirkliche „Erhöhung“. Die seit über sechs Jahren unveränderten Bedarfssätze wurden vielmehr den gestiegenen Lebenshaltungskosten angeglichen, um eine existenzsichernde Förderung zu erhalten. Auch wenn die rund 800.000 auf Zahlungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) angewiesenen Schüler/innen und Student/innen nun insgesamt etwas mehr Geld bekommen, werden die zugrunde liegenden Berechnungen den realen Entwicklungen der Miet- und Nebenkosten nicht gerecht. Denn statt sich an den ortsüblichen Mieten und den tatsächlich anfallenden Nebenkosten zu orientieren, werden die vom BAföG zugestandenen Unterkunftskosten in einem pauschalen Satz zusammengefasst. Wie sämtliche Bedarfssätze wird auch dieser um rund 10% angehoben. So wird für nicht bei den Eltern wohnende Studierende seit diesem Wintersemester neben dem sich etwa auf Höhe des ALG II bewegenden Grundbedarf von 366 Euro Wohnkosten von 146 Euro veranschlagt. Für den wahrscheinlichen Fall, dass das nicht reichen sollte, gibt es zudem einen nachweisabhängigen Wohnzuschlag von bis zu 72 Euro. Damit belaufen sich die vorgesehenen Wohnkosten auf maximal 218 Euro. Sie liegen damit deutlich unter den Sätzen des ALG II, welches für einen Single-Haushalt in Berlin momentan 360 Euro Miete, inklusive Heizkosten, für angemessen hält.

„Das ist deutlich zu wenig und wird den tatsächlich gezahlten Unterkunftskosten nicht gerecht“, meint Hayuta Zaher, langjährige Sozialberaterin an der Freien Universität Berlin (FU). Die meisten Studierenden gäben wesentlich mehr Geld für die Unterkunft aus und müssten an anderen Ecken sparen, um die Differenz auszugleichen. Problematisch ist Zahers Ansicht nach vor allem, dass der Bezug von BAföG als existenzsichernde Leistung gilt und damit den Erhalt anderer Sozialleistungen ausschließt. So sind BAföG-Beziehende in der Regel nicht wohngeldberechtigt, obwohl ihr monatlich zur Verfügung stehender Betrag von maximal 584 Euro dies eigentlich erlauben müsste. Nur in Ausnahmefällen, etwa für Studierende mit Kindern, sei der Erhalt weiterer Leistungen möglich. Bedenklich sei außerdem, dass regionale Unterschiede in den pauschalen Sätzen keine Beachtung finden. Mag es in Berlin noch gut möglich sein, ein WG-Zimmer für 218 Euro zu finden, wird das in Städten mit überdurchschnittlich hohen Wohnungskosten zum ernsthaften Problem. Und selbst in Berlin dürften sich BAföG-Beziehende den „Luxus“ einer 1-Zimmer-Wohnung nur noch im Glücksfall leisten können.

Sozial Schwache stärker benachteiligt

Der Grund für dieses Missverhältnis kann darin gesehen werden, dass der Anhebung der Sätze die allgemeine Preis- und Einkommensentwicklung zugrunde gelegt wurde. Das wird den realen Ausgaben von Studierenden jedoch nicht gerecht, weil die Wohnungskosten bei ihrem relativ niedrigen Lebensunterhalt den weitaus größten regelmäßig zu zahlenden Posten ausmachen. Und eben diese Kosten sind in den letzten Jahren überdurchschnittlich gestiegen, sowohl was die Miete und ganz besonders die Energiekosten angeht. Dieser Entwicklung werde die Anhebung der Bedarfssätze nicht gerecht, heißt es in einer Stellungnahme des AStA der FU Berlin. Da die zehnprozentige Erhöhung nicht einmal die allgemeine Teuerungsrate kompensiere, werde sie den Trend nicht aufhalten, dass immer mehr Menschen aus sozial schwachen Familien vom Studieren abgehalten werden. Um dem entgegenzuwirken, sei eine vollständige Erstattung der realen Unterkunftskosten nötig.

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