MieterEcho 330/Oktober 2008: Editorial

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MieterEcho 330/Oktober 2008

Quadrat EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

„der Mehrwert (sic!) des genossenschaftlichen Lebens ist zugleich ein wirtschaftlicher Faktor“, erfährt, wer sich von dem paternalistischen Ton in den Mitteilungsblättern der Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) Bremer Höhe eG nicht abstoßen lässt. Einige Seiten zuvor hatte der geschäftstüchtige Vorstand angekündigt, die Mieten zu erhöhen und zu prüfen, ob man die Mieter/innen, die schon vor der Genossenschaftsgründung in der Bremer Höhe wohnten und – was nicht nur ihr gutes Recht, sondern auch sehr vernünftig ist – Mieter/innen geblieben sind, zukünftig nicht deutlich stärker zur Kasse bitten könne. Sollte er damit scheitern – angesichts des Mietspiegels sehr wahrscheinlich –, wird den neoliberalen Plänen dennoch nicht die Schubkraft genommen. Denn: Die „WBG Bremer Höhe eG [wird] den Einsatz von innovativen Finanzinstrumenten prüfen. Dazu gehört u. a. die Ausgabe von verzinsten Inhaberschuldverschreibungen. Sie könnten eine attraktive Geldanlagemöglichkeit für die Mitglieder darstellen und zugleich das Eigenkapital der Genossenschaft erhöhen.“ Gleichzeitig verzichtet die Genossenschaft auch „weiterhin auf die Verzinsung der gezeichneten Pflichtanteile“.

Das klingt nach Wall Street à la Prenzlauer Berg und ist auch so gemeint. Der Vorstand der Bremer Höhe hat eine Marktlücke für „moderates Wachstum“ entdeckt: „Das Wachstum der Genossenschaft soll in erster Linie durch Zukäufe erfolgen. Der Fokus liegt im Segment der unsanierten Altbauten.“ Damit würde sich die Bremer Höhe noch nicht von ihren Geschäftsfreunden unterscheiden, aber sie rechnet weiter: „Die Genossenschaft wird Möglichkeiten zum preisgünstigen Immobilienerwerb jenseits des ‚freien Marktes’ ausschöpfen. Sie steht dabei im engen Kontakt zu den Verwaltungen des Landes Berlin und zu Institutionen der Berliner Wohnungswirtschaft.“ Und das, meint der Vorstand, verspreche Erfolg, denn „die WBG Bremer Höhe eG begreift sich als gesellschaftlicher Akteur im Kiez und in der Stadt“ und „bereits heute bringen sich Organe und Initiativen der Genossenschaft mit ihren Ressourcen in aktuelle Diskussions- und Entscheidungsprozesse der Bezirkspolitik ein“.

Der Filz in Prenzlauer Berg bedarf noch einer genaueren Untersuchung und Darstellung. Die angedrohte Geschäftstätigkeit der Bremer Höhe kann aber bereits jetzt exemplarisch am Beispiel des Kaufs und des Verkaufs der Christinenstraße 33 an die einschlägig bekannten Investoren Grundstein/Profipartner auf Seite 17 dieses Heftes studiert werden. Leider ist der Beitrag kürzer ausgefallen, als er es verdient. Das liegt daran, dass die betroffenen Genossen aus Furcht vor Repressionen wenig Mitteilungsfreude zeigten. Aber gerade das lässt die Bremer Höhe in ganz besonderem Licht erstrahlen.

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