MieterEcho 329/August 2008: Rechte der Mieter/innen gestärkt

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MieterEcho 329/August 2008

Quadrat MIETRECHT AKTUELL

Rechte der Mieter/innen gestärkt

Der BGH klärt Bestimmungen für Mieterhöhungsmöglichkeiten bei unwirksamen Schönheitsreparaturklauseln

Christian Linde

Hunderttausende Mieter/innen können aufatmen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Grundsatzurteil entschieden, dass Vermieter unwirksame Renovierungsklauseln nicht durch Mieterhöhungen „ausgleichen“ dürfen. Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob ein Vermieter im Rahmen einer Mieterhöhung gemäß § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen kann, wenn die Mietvertragsklausel, die den Mieter zur Übernahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet, unwirksam ist (BGH, Urteil vom 9. Juli 2008 – VIII ZR 181/07).

Anlass war die Klage eines Düsseldorfer Vermieters. Wegen Unwirksamkeit der mietvertraglichen Schönheitsreparaturklausel wollte er mit seinem Mieter eine Zusatzvereinbarung zur Übernahme der Schönheitsreparaturen schließen. Da der Mieter dazu nicht bereit war, verlangte der Vermieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung, die monatlich 71 Cent/ qm über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen sollte. Diese 71 Cent entsprechen dem Betrag, der im öffentlich geförderten Wohnungsbau bei der Kostenmiete angesetzt werden darf, wenn der Vermieter vertraglich für die Schönheitsreparaturen zuständig ist (§ 28 Abs. 4 Satz 2 der Zweiten Berechnungsverordnung). Der Mieter verweigerte die Zustimmung zur Mieterhöhung. Der Vermieter erhob Zustimmungsklage. Das Amtsgericht Düsseldorf gab dem Vermieter Recht. Auf die Berufung des Mieters wies das Landgericht Düsseldorf die Klage des Vermieters ab, soweit er die Zustimmung zur Erhöhung der Miete um monatlich mehr als 20 Cent/qm verlangte. In der Revision beim BGH wandte sich der Vermieter gegen die Begrenzung des Zuschlags und der Mieter verfolgte die vollständige Klageabweisung weiter. Der BGH hat nun entschieden, dass der Vermieter nicht berechtigt ist, einen Zuschlag zur ortsüblichen Miete zu verlangen, wenn der Mietvertrag eine unwirksame Schönheitsreparaturklausel enthält. Die ortsübliche Vergleichsmiete bildet nach Auffassung des BGH die gesetzliche Grenze für Mieterhöhungen. „Insoweit bilden die jeweiligen Marktverhältnisse den Maßstab für die Berechtigung einer Mieterhöhung. Der begehrte Zuschlag orientiert sich aber an den Kosten für die Vornahme der Schönheitsreparaturen. Mit der Anerkennung eines Zuschlags würde daher im nicht preisgebundenen Mietwohnraum ein Kostenelement zur Begründung einer Mieterhöhung ohne Rücksicht darauf herangezogen, ob diese Kosten am Markt durchsetzbar wären“, heißt es in der Pressemitteilung des BGH.

Viele Klauseln vom BGH für unwirksam erklärt

Die vorliegende Entscheidung ist für eine Vielzahl von Mietverhältnissen von Bedeutung. Der BGH hat bereits mehrere Klauseln für unwirksam erklärt, weil sie die Mieter/innen in unzulässiger Weise benachteiligen. Nach der Rechtsprechung des BGH sind Schönheitsreparaturklauseln unwirksam, wenn sie Mieter/innen eine Renovierungspflicht nach einem starren Fristenplan ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Zustand der Wohnung auferlegen. So verwarf der BGH etwa eine Klausel, die den Mieter verpflichtete, „auf seine Kosten die Schönheitsreparaturen (…) in den Mieträumen, wenn erforderlich, mindestens aber in der nachstehenden Zeitfolge fachgerecht auszuführen“. Auch Klauseln, die die Mieter/innen verpflichten, mit der Renovierung einen Fachhandwerker zu beauftragen, sind unzulässig. Mehrere Entscheidungen des BGH stellen klar, dass bei Vereinbarung einer Endrenovierungsklausel der tatsächliche Grad der Abnutzung berücksichtigt werden muss. Klauseln, die Mieter/innen eine Renovierung unabhängig von der Dauer des Mietvertrags und dem Zustand der Mieträume aufbürden, hat der BGH deshalb für unwirksam erklärt. Mietvertragsklauseln, nach denen Mieter/innen sowohl während der Vertragsdauer als auch beim Auszug – unabhängig vom Zustand der Wohnung – zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet sind, sind ebenfalls unwirksam. Auch das Verbot, von der bisherigen Ausführungsart ohne Zustimmung des Vermieters abzuweichen oder eine Vorgabe, die den Mieter/innen die Ausführung der Malerarbeiten ausschließlich in weiß oder in hellen Farben vorschreibt, machen die Klausel unwirksam. Die in den meisten Mietverträgen enthaltenen Quotenabgeltungsklauseln hat der BGH einer strengen Würdigung unterzogen und starre Abgeltungsklauseln ebenfalls für unwirksam erklärt.

Schätzungen zufolge enthalten fast drei Viertel aller älteren Mietverträge unwirksame Schönheitsreparatur- und/oder Quotenklauseln. Es ist also naheliegend, dass die Vermieter versuchen, hierzu neue Vereinbarungen zu treffen oder einen Zuschlag zur Miete zu verlangen.

Was tun bei Unklarheit und bei Auszug?

Die Berliner MieterGemeinschaft hält zum Thema Schönheitsreparaturen eine Infoschrift bereit, die in der Geschäftstelle kostenlos erhältlich ist (siehe Seite 2) oder im Internet unter www.bmgev.de/mietrecht/infoschriften.html. Viele Klauseln in Mietverträgen klingen sehr ähnlich und die Rechtsprechung ändert sich laufend. Mieter/innen sind gut beraten, ihren Mietvertrag hinsichtlich der wirksamen Überbürdung der Schönheitsreparaturen prüfen zu lassen. Vor jeder Mietvertragsänderung/-ergänzung oder Zustimmung zu einer Mieterhöhung sollten sich die Mitglieder der Berliner MieterGemeinschaft in einer Beratungsstelle kostenlos anwaltlich beraten lassen.

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