MieterEcho 326/Februar 2008: "Mehr als gewohnt"

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MieterEcho 326/Februar 2008

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"Mehr als gewohnt"

Sanierungsoffensive der HOWOGE in Lichtenberger Sanierungsgebieten

Andrej Holm

Die Lichtenberger Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE hat in den vergangenen Monaten den Mieter/innen von noch 19 unsanierten Wohnhäusern in den Sanierungsgebieten Kaskelstraße und Weitlingstraße Modernisierungsankündigungen für umfangreiche Sanierungsmaßnahmen zugeschickt. Auch wenn die Bauarbeiten teilweise erst nach der Aufhebung der Sanierungsatzungen beendet sein werden, gilt für die geplanten Maßnahmen das Sanierungsrecht. Ob die drastischen Mietsteigerungen, die mit den Modernisierungsankündigungen angekündigt werden, verhindert und gedämpft werden können, ist offen.

Die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets Kaskelstraße wurde Ende 2007 aufgehoben. Die HOWOGE - eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft mit großen Beständen im Gebiet - plant dort für 2008 im Rahmen ihres Bauprogramms Modernisierungsmaßnahmen in elf Wohnhäusern. Betroffen davon sind etwa 90 Haushalte. Die Hoffnung der Wohnungsbaugesellschaft, mit dem Baubeginn in 2008 um die sanierungsrechtlichen Auflagen herumzukommen, scheiterte jedoch an der Beharrlichkeit der Bauverwaltung. Da die Bauanträge und auch die Modernisierungsankündigungen bereits im September 2007 erfolgten, gilt das Sanierungsrecht. Damit ist für die Mieter/innen zumindest das Sozialplanverfahren gesichert, das mögliche Umsetzwohnungen und die Zahlung von Entschädigungen für mietereigene Einbauten vorsieht.

Kaum noch günstige Wohnungen im Gebiet zu bekommen

Eine nachhaltige Mietpreiskappung ist seit dem Urteil gegen die Mietobergrenzen auch in Lichtenberg nicht mehr möglich. Versuche der Lichtenberger Bauverwaltung, mit der HOWOGE den Erhalt eines Kontingents von unsanierten Niedrigpreis-Wohnungen auszuhandeln, sind mit der Modernisierungsankündigung der HOWOGE gescheitert. Nach den Erneuerungsmaßnahmen - im Sanierungsgebiet Weitlingstraße modernisiert die HOWOGE neun weitere Häuser - ist auch deren größter Wohnungsbestand in Sanierungsgebieten saniert. Die HOWOGE orientiert sich bei der Mietgestaltung in ihren Erneuerungsobjekten an der Obergrenze des jeweiligen Mietspiegelfelds. Vor allem in den großzügig geschnittenen Altbauwohnungen werden die Mieten nach der Modernisierung die Hartz-IV-Bemessungsgrenzen deutlich überschreiten. Nur noch einige unsanierte Wohnungen werden dann die Möglichkeit bieten, zu günstigen Mieten im Gebiet zu verbleiben.

Drastische Mietsteigerungen nach Modernisierung

Das Beispiel eines Hauses im Sanierungsgebiet Kaskelstraße zeigt, wie sich die Modernisierungspläne auf die Miete auswirken. Bei einer Ausgangsmiete von 3,35 Euro/qm nettokalt mussten für eine etwa 72 qm große Wohnung bisher knapp 240 Euro für die Kaltmiete aufgebracht werden. Nach der Sanierung werden es fast 430 Euro sein - das entspricht einer Steigerung um 190 Euro. Die neue Nettokaltmiete wird dann bei 5,95 Euro/qm liegen und damit im oberen Bereich des entsprechenden Mietspiegelfelds.

Aus der Perspektive der Mieter/innen entspricht dies einer Mietsteigerung um fast 80%. Aus Sicht der HOWOGE entspricht diese drastische Mietsteigerung dem Unternehmensziel, "nach der Abrechnung der Baumaßnahme keine unangemessen hohen Entgelte" zu verlangen. Zu diesem Zweck - so geht es aus der Modernisierungsankündigung hervor - wird auf einen großen Teil der mietrechtlich möglichen Umlage verzichtet. Denn die vorgeschlagenen Maßnahmen im Haus würden - auf die einzelne Wohnung umgerechnet - zu umlagefähigen Kosten von insgesamt über 35.500 Euro führen, die eine Mietsteigerung um etwa 350 Euro pro Monat nach sich gezogen hätte.

Die angekündigten Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen wirken sich dabei unterschiedlich auf die Modernisierungsumlage aus. So wird für die Sanierung der Balkongittertür und den Neubau der Balkone mit einer 1,6 x 3,6 Meter großen Fläche eine monatliche Umlage von fast 45 Euro veranschlagt. Auch die Erneuerung der Sanitäranlage soll sich in monatlichen Zusatzkosten von über 45 Euro in der Modernisierungsumlage niederschlagen. Die Modernisierung der Heizungsanlage und die Umstellung auf eine zentrale Gasheizungs- und Warmwasserbereitungsanlage sollen mit etwa 40 Euro in die künftige Miethöhe eingehen. Für Fliesenarbeiten und den notwendigen Trockenbau werden etwa 35 Euro veranschlagt und für die Sanierung der Elektroinstallation etwa 15 Euro. Für den Einbau von einbruchshemmenden Türen und für den Einbau neuer Sanitärobjekte (WC, Waschtisch und Badewanne) wird eine monatliche Umlage von jeweils weiteren 10 Euro berechnet.

Diese wohnungsbezogenen Maßnahmen machen etwa 200 Euro monatliche Modernisierungsumlage aus. Den größten Einzelposten der Modernisierungskosten jedoch stellen die geplanten Dämmmaßnahmen für die Fassade und die Fenster dar. Die Umlage auf die hier beschriebene Beispielwohnung für die energetisch sinnvolle Modernisierung des Hauses beläuft sich auf fast 150 Euro im Monat.

Die in der Modernisierungsankündigung aufgelisteten Kosten zeigen, dass eine Wohnungsmodernisierung nicht nur zu einer Wohnwertverbesserung, sondern vor allem zu einem enormen Mietsprung führt. "Mehr als gewohnt" lautet der Werbespruch der HOWOGE und die von der Wohnungsbaugesellschaft veranschlagte Modernisierungsumlage scheint dies unfreiwillig zu bestätigen. Die volle Umlage der angekündigten Maßnahmen würde eine Mietsteigerung auf über 8 Euro/qm (150%) bedeuten. Aus Gründen der Unternehmensstrategie und der weiteren Vermietungsfähigkeit der Wohnungen verzichtet die HOWOGE auf einen Teil der Modernisierungsumlage und legt die künftige Miete auf einem Niveau von 5,95 Euro/qm fest. Das entspricht in etwa dem Oberwert des Mietspiegelfelds für diese Wohnung.

Verdrängung nach Friedrichshain

Den Mieter/innen fällt es durch diese Kappung der Umlage schwerer, die Mietwirksamkeit einzelner Maßnahmen zu bewerten. So erschwert das Verfahren beispielsweise eine Teilzustimmung zur Modernisierung, um langfristig günstige Mieten mit einem verbesserten Wohnstandard zu verbinden. Auch die Anerkennung mieterseitig durchgeführter Modernisierungsarbeiten führt zu keiner nennenswerten Verringerung der tatsächlich zu zahlenden Modernisierungsumlage. Schon jetzt sind die Verbleibsquoten in Sanierungshäusern mit 25 bis 30% der Mieter/innen sehr niedrig. Doch ein Großteil der betroffenen Mieter/innen konnte bisher auf die unsanierten Häuser und auf Wohnungen mit noch gültigen Mietobergrenzen ausweichen. Für solche Umsetzungslösungen innerhalb der Sanierungsgebiete wird es künftig immer weniger Spielräume geben. Bezahlbare Wohnungen werden auch in den Lichtenberger Sanierungsgebieten knapp. Eine wachsende Zahl von sanierungsbetroffenen Mieter/innen zieht für eine Umsetzwohnung nach Friedrichshain um. Dieser Umstand zeigt, dass der Aufwertungs- und Verdrängungsdruck nicht am S-Bahnring aufhört, sondern auch Teile von Lichtenberg längst erreicht hat.

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