MieterEcho 322/Juni 2007: "Köpi bleibt Risikokapital"

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MieterEcho 322/Juni 2007

Quadrat BERLIN

"Köpi bleibt Risikokapital"

Verwirrung um neuen Eigentümer nach der Zwangsversteigerung des Wohn- und Kulturprojekts in der Köpenicker Straße 137

Hermann Werle

Trotz starker Demonstrationen mit mehreren Tausend Teilnehmer/innen wurde das linke Wohn- und Kulturprojekt, kurz die "Köpi" genannt, am 8. Mai zwangsversteigert. Vor dem Amtsgericht Mitte in der Littenstraße hatte an jenem Morgen bereits um 7 Uhr eine Protestkundgebung begonnen. Im Gericht herrschte der Ausnahmezustand. Mit Personenkontrollen und massiver Präsenz von Polizeibeamten sollte jeglicher Protest im Gerichtssaal unterbunden werden. Etwa 80 Personen - Mieter/innen der Köpenicker Straße 137, Bewohner/innen des dortigen Bauwagenplatzes und Sympathisant/innen - fanden dennoch den Weg in den beengten Saal, um dem Prozedere beizuwohnen.

Veranlasst wurde die Versteigerung von der Commerzbank, der Hauptgläubigerbank der früheren Eigentümerin der Grundstücke Köpenicker Straße 133 bis 138, der Petersen und Partner AG. Heftigen verbalen Protest bei den anwesenden Mieter/innen der Köpi provozierte das Gutachten, welches dem Versteigerungsverfahren zugrunde lag. Denn demnach soll es gar keine Mieter/innen geben. Vielmehr heißt es in dem Gutachten, dass das Gebäude "offensichtlich durch 'Hausbesetzer' genutzt" würde. Fakt ist jedoch, dass schon vor etlichen Jahren Mietverträge abgeschlossen wurden.

Der neue Eigentümer

Wer allerdings der neue Eigentümer ist und was die Pläne desselben sind, blieb zunächst unklar. Kurz vor Ende der Versteigerungszeit bot der einzige anwesende Interessent ziemlich genau die Summe des Mindestgebots, 835.000 Euro, was der Hälfte des ermittelten Verkehrswerts entspricht. Den zur Ersteigerung erforderlichen Scheck in Höhe von 137.000 Euro überreichte ein Herr Fichtner an die Rechtspflegerin des Amtsgerichts. Neuer Eigentümer wurde somit eine sogenannte Vorratsgesellschaft mit dem Namen "VRB B-44 GmbH & Co. KG", für die Herr Fichtner erschienen war. Informationen über diese Gesellschaft erteilte die VRB GmbH. Diese distanzierte sich unmittelbar nach der Versteigerung von Verwertungsinteressen an der Köpi. Auf der Webseite war zu lesen, dass sie die Köpi nicht erworben hätten, sondern lediglich Verkäufer jener Vorratsgesellschaft mit dem langen Namen gewesen seien. Zu erfahren war kurz darauf außerdem, dass die Vorratsgesellschaft am 2. Mai an die Plutonium 114 GmbH, mit Sitz in der Lietzenburger Straße 83, verkauft worden war. Neuer Geschäftsführer der Plutonium sei wiederum der Herr Fichtner. Kurz zuvor hatte die Plutonium noch Vitalis Altbauten GmbH geheißen, ebenfalls mit Sitz in der Lietzenburger Straße 83. Bis zum März 2007 hatte außerdem die Sanus Beteiligungs AG ihren Sitz in dieser Adresse, bevor sie an den Kurfürstendamm 188/189 gezogen ist. Mit der Vitalis GmbH und der Sanus AG verbindet sich der Name Nehls. Sowohl Renate Nehls als auch Siegfried Nehls besetzten bzw. besetzen die Schlüsselpositionen bei Vitalis und Sanus.

Alle Hinweise deuten somit auf die Sanus Beteiligungs AG, die im Hintergrund die Fäden rund um die Köpi in den Händen hält. Denn auch das Geschäftsfeld der Sanus passt zur Köpi. Die Gesellschaft wirbt mit ihren "Erfolgen" bei der "Entwicklung, Erschließung und Bebauung von Grundstücken" sowie Altbausanierungen.

Solidarität gegen Verwertung

Die neuen Eigentümer dürften ebenso wie der frühere Eigentümer Petersen auf gute Verwertungsmöglichkeiten des "Filetbaugrundstücks" (Petersen-Werbung) im Rahmen des Media-Spree Projekts setzen. Dass die Interessen von Mieter/innen dabei wenig Beachtung finden, zeigen die Erfahrungen. In Internetforen, so die Berliner Zeitung, beklagen sich Mieter/innen über die rüden Methoden der Vitalis. "In einem Fall soll ein Baugerüst monatelang vor einem Haus aufgestellt worden sein, um die Mieter zum Auszug zu bewegen. Auch von 'Schlägertypen', die Mieter einzuschüchtern versuchten, wird in dem Forum berichtet."

Gegen derlei Verwertungsstrategien und Drangsalierungen setzen die Nutzer/innen und rund 50 Bewohner/innen der Köpi auf ihre Mietverträge und auf Solidarität. Unter dem Motto "Kein Commerz mit der Köpi" wird zu weiteren Protesten aufgerufen. Petersen soll nicht der letzte Investor gewesen sein, der mit der Köpi Schiffbruch erleidet.

Nähere Informationen unter: koepi.squat.net

Vorratsgesellschaft

Vorratsgesellschaften, wie sie von der VRB GmbH verkauft werden, werden Gesellschaften genannt, die auf Vorrat gegründet werden, ohne zunächst eine Geschäftstätigkeit aufzunehmen. Nach der ordnungsgemäßen Gründung werden diese Gesellschaften im Handelsregister eingetragen und sind beim Verkauf sofort voll handlungsfähig. Sie dienen dem Käufer als Hülle für neue Geschäftstätigkeiten und bieten den Vorteil, langwierige Eintragungsprozesse zu umgehen.

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