MieterEcho 321/April 2007: Mietsteigerungen bei der Gehag

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MieterEcho 321/April 2007

Quadrat PRIVATISIERUNG

Mietsteigerungen bei der Gehag

Pressemeldungen zufolge sind die Mietpreise in den Beständen der ehemals landeseigenen Gehag seit der Privatisierung deutlich angestiegen. Im Durchschnitt stiegen die monatlichen Nettokaltmieten seit 1998 um etwa 30% von 3,63 auf 4,74 Euro/qm. In besseren Wohnlagen liegen die Mietsteigerungen sogar noch deutlich über diesen Werten. So stiegen die Mieten in den Gehag-Wohnungen in Mariendorf um über 67% auf mittlerweile 6,30 Euro/qm. Ursächlich dafür ist nicht nur die Ausschöpfung der Mieterhöhungsmöglichkeiten des Mietspiegels, sondern auch die Umlage von Modernisierungskosten. In Zehlendorf liegen die Gehag-Mieten inzwischen sogar bei fast 6,50 Euro/qm.

Diese Entwicklung bestätigt die bisherigen Annahmen über die Investitionsstrategien von Finanzinvestoren wie Oaktree, der derzeitigen Gehag-Eigentümerin. In ausgewählten Beständen und besseren Lagen werden Aufwertungsmaßnahmen durchgeführt, die zu teilweise drastischen Mietsteigerungen führen - im Rest der Bestände erfolgen Mieterhöhungen im Rahmen des Mietspiegels. Im Ergebnis verringert sich in den privatisierten Beständen der Anteil von preiswerten Wohnungen und insbesondere in besseren Lagen werden durch die Modernisierungen Verdrängungsprozesse vorangetrieben. In den modernisierten Wohnungen in Zehlendorf will die Gehag die Neuvermietungsmieten auf sieben Euro anheben. "Es findet dort ein gewisser Mieterwechsel statt", kündigt Gehag-Sprecher Bernhard Elias an.

Diese Entwicklungen der Gehag zeigen auch, dass die Versprechen eines Mieterschutzes und einer sozialen Kontinuität in der Bewirtschaftung der Wohnungsbestände nur eine begrenzte Halbwertszeit haben. Auch im Fall des Gehag-Verkaufs wurden Befürchtungen von Mietsteigerungen von der Privatisierungslobby als völlig haltlos und spekulativ vom Tisch gefegt. Gerade mit Blick auf den "entspannten Wohnungsmarkt" wären Mietsteigerungen schon aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus nahezu ausgeschlossen, hieß es damals. Zudem sollten über Landesvertreter im Aufsichtsrat politische Interessen des Landes Berlin in der Gehag gesichert werden. Heute heißt es aus Kreisen der Senatsverwaltung: "Über den Aufsichtsrat kann man nur begrenzt Einfluss nehmen".

Das Dilemma der Privatisierungsdiskussionen zeigt sich am Beispiel der Gehag deutlich: Wenn ein Verkauf von öffentlichem Wohnungsbestand ansteht, argumentieren die Privatisierungsbefürworter jeder Couleur, dass die sozialen Kosten der Privatisierung reine Spekulation seien. Nach einigen Jahren sind dann jedoch die Mieter/innen mit den Risiken und Nebenwirkungen des Verkaufs konfrontiert. Die 1998 beim Gehag-Verkauf verantwortlichen amtierenden Senator/innen - in diesem Fall Finanzsenatorin Fugmann-Heesing und Bausenator Kleemann - haben inzwischen längst verschiedene Beraterjobs in privaten Unternehmen übernommen und können politisch nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden.

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