MieterEcho 320/Februar 2007: Minimalerweiterung des Mauerparks

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MieterEcho 320/Februar 2007

Quadrat BERLIN

Minimalerweiterung des Mauerparks

Anwohner/innen wehren sich gegen Senatsdeal mit der Vivico

Jutta Blume

Eigentlich hätte man in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit dem Baubeginn des Parks auf dem Gleisdreieck aufatmen können. Das lange Ringen um die ehemalige Bahnfläche hatte endlich ein Ende. Doch nun droht ein ähnlicher Streit um ehemalige Bahnflächen bei der Erweiterung des Mauerparks zwischen den Stadtteilen Pankow und Mitte. Der Berliner Senat steckt dabei von allen Beteiligten in der schlechtesten Verhandlungsposition und muss notfalls wegen Vertragsbruchs über zwei Millionen Euro an die Allianz-Umweltstiftung zurückzahlen.

Der erste Bauabschnitt des Mauerparks auf Pankower Seite war 1994 mit Fördermitteln der Stiftung in Höhe von 4,5 Millionen DM fertig gestellt worden. Mit der Annahme dieses Geldes hatte sich der Berliner Senat allerdings verpflichtet, die Fläche des Mauerparks bis 2010 auf mindestens zehn Hektar zu vergrößern. Derzeit umfasst die Parkfläche acht Hektar. In zwei weiteren Bauabschnitten sollte der Park nach den Entwürfen des Landschaftsarchitekten Gustav Lange auf insgesamt 14 Hektar erweitert werden, wodurch die Wohnquartiere im Wedding an den Park angebunden würden. Bisher ist der Park vom Westen her lediglich über die Bernauer Straße und die Gleimstraße zugänglich. Auf dem ehemaligen Bahngelände, das im Besitz der bahneigenen Immobiliengesellschaft Vivico ist, sind momentan verschiedene Gewerbebetriebe angesiedelt. Einige der Pachtverträge, die eigentlich im Jahr 2002 hätten auslaufen sollen, verlängerte die Eigentümerin bis zum Jahr 2012, die ansässigen Gastronomiebetriebe, wie das Café Mauersegler, erhalten nur jährliche Verlängerungen.

Senat in Zugzwang

Ziel der Vivico ist es, das ehemalige Bahngelände möglichst gewinnbringend zu verwerten. Da die meisten Flächen genutzt werden, gebe es keinen akuten Handlungsbedarf, erklärt der Pressesprecher der Vivico, Wilhelm Brandt. Unter Zugzwang steht also lediglich der Berliner Senat, der ein Tauschgeschäft mit der Vivico anstrebt. Um die von der Allianz-Umweltstiftung geforderte Mindestgröße des Parks zu erreichen, versucht der Senat die Vivico zu bewegen, zwei Hektar kostenlos abzutreten. Die restlichen vier Hektar, die ebenfalls in Langes Plänen vorgesehen waren, würden bei der Vivico verbleiben, die im Gegenzug fordert, dass darauf Baurecht geschaffen wird. Je nachdem, um welche Grundstücke es sich handelt, wäre hierfür eventuell eine Änderung des Flächennutzungsplans notwendig. Genauere Details sind aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung derzeit nicht zu erfahren. Die Verhandlungen mit der Vivico seien zwar im Gang, die konkreten Flächen jedoch noch nicht festgelegt.

Protest gegen Änderung des Flächennutzungsplans

Bereits im Jahr 2004 hatte die Senatsverwaltung versucht, den Flächennutzungsplan im Sinne eines Deals mit der Vivico zu verändern. Anwohner/innen reagierten mit über 1000 schriftlichen Einwänden. Daraufhin wurde von Seiten des Senats im Jahr 2005 ein Moderationsverfahren eingeleitet, an dem Vertreter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, der Bezirksverwaltungen, der Vivico sowie der Anwohner/innen beteiligt waren. Das Moderationsverfahren wurde nach den Wahlen unterbrochen, soll jedoch fortgeführt werden. Derweil finden die Verhandlungen mit der Vivico im stillen Kämmerlein statt. Vivico-Sprecher Brandt ist "zuversichtlich, dass wir zu einer Einigung kommen werden". Nähere Angaben zur Art dieser Einigung macht er nicht. Das Moderationsverfahren sieht Brandt als gescheitert, weil sich eine Partei nicht bewegt habe. Damit wird er wohl kaum sein eigenes Unternehmen gemeint haben.

Bürgerinitiativen wurden aktiv

Währenddessen haben die Anwohner/innen beschlossen, ihren Park Schritt für Schritt selbst zu realisieren. Bei der "Aktion Landnahme" im November pflanzte der Bürgerverein Gleimviertel e.V. auf nicht genutzten Gewerbeflächen Bäume. "Wir wollen niemanden vertreiben, unsere Taktik ist es, frei werdende Flächen in Besitz zu nehmen", erklärt Vereinsvorstand Heiner Funken. Die Landnahme wurde von den Umweltverbänden BUND und Grüne Liga mit Baumspenden unterstützt. Politisch sieht Funken die Bürgerinitiativen derzeit am längeren Hebel, die Mehrheit der Abgeordneten in den Bezirksparlamenten stünden hinter dem vollständigen Bau des Mauerparks. Im aktuellen Koalitionsvertrag wurde ein Passus eingebracht, in dem die Umsetzung des Mauerparks als "Zukunftsprojekt" benannt wird. Vivico-Sprecher Brandt wollte von der "Landnahme" indessen nichts wissen. Dass Anwohner dort Bäume gepflanzt hätten, könne er sich nicht vorstellen, die betreffenden Flächen seien ja eingezäunt.

Infos zu den Initiativen der Anwohner/innen: www.landnahme.de und www.bi-mauerpark.de

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