MieterEcho 320/Februar 2007: Editorial

MieterEcho

MieterEcho 320/Februar 2007

Quadrat EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

das Wohnen in einer Eigentumswohnung ist teurer als das Wohnen in einer Mietwohnung. Diese Erkenntnis liegt für den gesunden Menschenverstand auf der Hand, aber eben dieser wird beim Erwerb von Eigentumswohnungen gerne beurlaubt. Stattdessen möchte man lieber in die eigene Tasche wirtschaften, als an den Vermieter zahlen, man träumt vom sicheren Wohnen und von möglichst geringen Wohnkosten im Alter.

Das alles ist Quatsch. Wenn eine Wohnung einen bestimmten Betrag wert ist, dann bringt sie ihrem Eigentümer auch eine entsprechende Miete. Wer diese Wohnung kauft, muss Kapitalkosten an die Bank zahlen oder auf die Erträge verzichten, die das Vermögen - anderweitig gut angelegt - bescheren könnte.

Der finanzielle Aufwand beim Kauf fällt eventuell noch höher aus, denn als Käufer/in einer Wohnung bekommt man nichts geschenkt.

Kein Mensch und vor allem kein Vermieter würde eine Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umwandeln und verkaufen, wenn sie durch die Vermietung mehr einbrächte als durch den Verkauf. Hauseigentümer verdienen durch den Verkauf der Wohnung mehr als durch die Vermietung, die Banken verdienen an den Kapitalkosten mehr, als die Miete ausmacht - und deswegen funktioniert das System und es ist sogar noch genügend Geld für aufwendige Reklame vorhanden. Und wo es immer noch nicht richtig läuft und geschmiert werden muss, zeigt sich der Staat großzügig. Das alles kann man mit gesundem Menschenverstand erkennen, doch leider wird der, wie gesagt, oftmals suspendiert. Was man aber nicht so ohne Weiteres von außen abschätzen kann, ist das soziale Innere der umgewandelten Häuser. Die Eigentümergemeinschaft ist ein seltsames Gebilde. Freundliche Zeitgenossen, die von sich glauben, aufgeweckt, human und fortschrittlich zu sein, begegnen sich nicht mehr solidarisch, sondern in ihrer Eigenschaft als Eigentümer ängstlich darauf bedacht, sich möglichst vorteilhaft gegeneinander zu positionieren. Geschäftstüchtigkeit und Individualismus sind gefragt. Dieses "Anti-Kollektiv" wird gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümer/innen nach der Änderung des Wohneigentumsgesetzes (WEG) noch wesentlich größere Befugnisse haben. Auch das sollte bei der Entscheidung für oder gegen eine Eigentumswohnung in Betracht gezogen werden.

Dass man aber auch schon heute - vor dem Inkrafttreten der WEG-Novellierung - viel leichter die Eigentumswohnung verlieren kann, als aus der Mietwohnung zwangsgeräumt zu werden (wie es auch Statistiken über Zwangsräumungen zeigen), hat sich leider noch nicht herumgesprochen.

In einer Eigentumswohnung lebt es sich nicht sicherer, sondern gefährlicher, doch dies hält viele nicht vom Erwerb ab, denn die Entscheidung für eine Eigentumswohnung ist ein Produkt aus Dummheit und Angst.

Ihr MieterEcho

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