MieterEcho 318/Oktober 2006: Angriff auf das Mietrecht

MieterEcho

MieterEcho 318/Oktober 2006

Quadrat MIETRECHT AKTUELL

Angriff auf das Mietrecht

Vermieterlobby fordert neue Mietrechtsreform

Alfred Gerhard

Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V. (BFW) hat ein Eckpunktepapier "zur Reform des Mietrechts und zur sofortigen Stärkung des frei finanzierten Mietwohnungsneubaus" veröffentlicht. Aus seiner Sicht sind zahlreiche mietrechtliche Änderungen nötig, um "unternehmerisches Handeln bei der Wohnraumversorgung zu stärken." In Hinsicht auf das soziale Mietrecht und den Schutz der Mieter/innen bedeutet das nichts Gutes.

Die Immobilienlobby ist stark. Und der BFW ist einer ihrer maßgeblichen Akteure. Auf seiner Homepage gibt der Verband über sich Auskunft: "Der BFW ist ein beim Deutschen Bundestag registrierter Spitzenverband. Sein oberstes Ziel, vernünftige und zuverlässige Investitionsbedingungen für die Wohnungs- und Gewerberaumwirtschaft zu schaffen, verfolgt der Verband erfolgreich und kontinuierlich. So beteiligt er sich an allen die Branche betreffenden politischen Entscheidungsprozessen, etwa durch seine Präsenz bei Sachverständigenanhörungen von Ministerien und Parlamentsausschüssen und durch die Erarbeitung von Stellungnahmen zu neuen Gesetzes- und Verwaltungsvorhaben. Bei der fachlichen Beratung politischer Entscheidungsträger macht er sich mit überzeugenden Argumenten für die Interessen seiner Unternehmen stark. Als Mitglied der Fachgremien und Kommissionen ist der BFW anerkannter Lobbyist der freien Immobilienwirtschaft."

Ganz in diesem Sinne und in engem Schulterschluss mit der schwarz-gelben Koalition in Baden-Württemberg (siehe MieterEcho Nr. 317) bläst der Verband zum Angriff auf das Mietrecht.

"Mit einem 10-Punkte-Sofortprogramm zur Reform des Mietrechts", so wird erklärt, "soll das Vertrauen der Investoren in die marktwirtschaftlichen Elemente gestärkt und damit unmittelbar Einfluss auf die Neubautätigkeit genommen werden."

Soviel Dreistigkeit ist umwerfend. Welcher Stärkung des Vertrauens der Investoren in welche marktwirtschaftlichen Elemente bedarf es denn noch? Dies möchte man fragen angesichts der langen Schlangen von Investoren, die begierig die ehemals gemeinnützigen und öffentlichen Bestände aufkaufen und die haufenweise Bundestagsabgeordnete des entscheidenden Haushaltsausschusses in ihre Lobbyveranstaltungen karren, um die Wohnungen an der Börse zu handeln. (Siehe hierzu auch Beitrag "Chancen für wen?")

Angesichts zahlreicher Verkäufe bietet das Mietrecht Schutz für die Mieter/innen

Es gibt in diesem Lande keinen sozialen Wohnungsbau mehr, die alten Bestände werden sukzessiv aus der Bindung entlassen, die Kommunen überbieten sich im Verkauf der öffentlichen Wohnungsbauunternehmen und einzig das Mietrecht bietet den Mieter/innen noch einen Schutz. Und genau das zu ändern, fühlt sich der BFW berufen.

Das "10-Punkte-Programm" des BFW ist gepfeffert:

BFW fordert verbesserte Kündigungsmöglichkeiten und höhere Mieten

Anders gesagt: Eine Kappungsgrenze für Mieterhöhungen soll es nicht mehr geben. Für die Bestimmung des Mietpreises reicht das Belieben der Vermieter aus. Mietpreisüberhöhungen als Tatbestand des Wirtschaftsstrafgesetzes haben ausgedient, denn man orientiert sich an der maximal erzielbaren Miete. Wie kann da noch von Überhöhung gesprochen werden? Und die Kündigungssperrfrist bei Wohnungsumwandlungen beeinträchtigt den freien Wohnungshandel schon seit Langem - Mieter stören dieses Geschäft nur. Folgerichtig muss man sie eliminieren dürfen.

Das Programm ist ein großer Schritt auf dem Weg zurück ins 19. Jahrhundert, als es noch keine Wohnungspolitik, dafür aber unendlich große Wohnungsnot gab. Dies war das goldene Jahrhundert der Wohnungsspekulation. Für den BFW ist es zugleich die Verheißung einer goldenen Zukunft.

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