MieterEcho 317/August 2006: Wahlkampf der Anti-Privatisierer?

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MieterEcho 317/August 2006: Inhalt

Quadrat PRIVATISIERUNG

Der zweite Aufguss ...

Die Linkspartei.PDS zwischen realpolitischen Verkaufszwängen und grundsätzlichen Anti-Privatisierungspositionen

Hannes Häusler

Wahlkampfzeiten sind Zeiten der schönen Worte und der großzügigen Versprechungen. Auf den Plakaten der Linkspartei.PDS ist zu lesen: "Richtig. Keine Profitmacherei mit Krankenhäusern und Wohnungen! Öffentliche Betriebe vernünftig sanieren statt privatisieren." Richtig, mag man denken, aber merkwürdig. Jedenfalls für eine Partei, unter deren Regierungsbeteiligung fast 200.000 Wohnungen verkauft wurden ...

Im Wahlprogramm der Linkspartei.PDS wird die Anti-Privatisierungsposition der Plakate ausgeführt. Unter der Überschrift "Öffentliche Daseinsvorsorge schafft soziale Sicherheit" werden viele Gründe für den Erhalt und Ausbau städtischer Unternehmen genannt und konkret die Rekommunalisierung der Wasserbetriebe und ein Ende der Privatisierungen der Wohnungsbaugesellschaften gefordert. Das klingt konsequent. Doch zugleich wird auch im Wahlprogramm der Ton des realpolitischen Lavierens angeschlagen: "Öffentliche Betriebe haben nicht schon für sich einen Wert". Mit anderen Worten: Kommunales Eigentum ist nur solange zu vertreten, wie sich kein Privater findet, der die Leistungen besser, schneller und günstiger anbietet. Der einzige Unterschied zu klassischen Neoliberalen ist, dass diese von vornherein davon ausgehen, dass private Anbieter besser und effizienter wirtschaften.

Gespickt mit Absichtserklärungen

Die politischen Forderungen der Linkspartei.PDS bleiben ungenau. Für die Rekommunalisierung gibt es offensichtlich kein schlüssiges Konzept. Man will sich dafür "einsetzen, die Wasserbetriebe unter vollständige öffentliche Kontrolle zu nehmen". Dafür "soll nach strategischen Varianten für eine Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe gesucht werden". Es ist die Sprache des Wahlkampfs: "Sich einsetzen", "nach Varianten suchen" und viele "sollen" und "wollen" - da geht es um ein gutes Image statt um konkrete Projekte. Schade, gibt es doch gerade in der Frage der Wasserbetriebe seit Jahren Initiativen, die bereits Modelle für die Rekommunalisierung erarbeiten.

Anti-Privatisierungsposition mit Hintertürchen

Auch im Bereich der Wohnungsprivatisierung entpuppt sich das konsequente Nein zu weiteren Privatisierungen als Mogelpackung. Im Wahlprogramm heißt es: "Weitere Verkäufe von kommunalen Wohnungsbeständen oder Wohnungsbaugesellschaften zur Haushaltskonsolidierung wird es mit der Linkspartei nicht geben." Klingt gut, wenn da nicht der Einschub "zur Haushaltskonsolidierung" zu lesen wäre. Konkret wird damit eine Hintertür für betriebswirtschaftlich begründete Verkäufe durch die Wohnungsbaugesellschaften geöffnet. Und genau solche sind die seit Mona-ten umstrittenen 15.000 Wohnungen, die die Wohnungsbaugesellschaft Berlin Mitte mbH (WBM) verkaufen soll. Die Veräußerung soll ja nicht zur Haushaltskonsolidierung beitragen, sondern lediglich die WBM vor der Insolvenz retten.

Verkaufsvarianten im Wahlprogramm

Dass es der Linkspartei.PDS tatsächlich nicht um ein vollständiges Ende der Privatisierungen geht, wird auf den folgenden Seiten des Wahlprogramms deutlich. Dort werden verschiedene Verkaufsvarianten durchgespielt. "Verkäufe von einzelnen Wohngebäuden zur Optimierung der Bewirtschaftung erfolgen vorzugsweise an gemeinnützige Erwerber oder an Mieter und Genossenschaften. Das Vorkaufsrecht der Mieter ist zu sichern, seine Ausübung zu unterstützen. Ein Verkauf von Beständen an Investmentgesellschaften ist auszuschließen. Im Verkaufsfall an Dritte werden weitgehende Mieterschutzrechte vereinbart, deren Einhaltung abzusichern ist." Insbesondere "Mietergenossenschaften" werden als "bevorzugte Erwerber beim Verkauf städtischer Wohnungen" angesehen. Grundsätzlich ist die Linkspartei.PDS gegen Privatisierungen, aber wenn verkauft wird, dann zu sozialen Konditionen und an gemeinnützige Erwerber. Jedoch: Eine echte Anti-Privatisierungsposition sieht anders aus.

Außerparlamentarische Bewegungen gegen Privatisierung bleiben weiterhin notwendig

Immerhin werden keine "Notlagenverkäufe" mehr gerechtfertigt und auch das neoliberale Konzept der "progressiven Entstaatlichung" ist aus dem Wahlprogramm verschwunden. Doch unter Einberechnung des Wahlkampffaktors wird sich der Kampf gegen die Privatisierung auch in der nächsten Legislaturperiode vor allem als außerparlamentarische Bewegung organisieren müssen.

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