MieterEcho 311/August 2005: Editorial

MieterEcho

MieterEcho 311/August 2005

 EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

zum zweiten Mal gibt es in Berlin einen qualifizierten Mietspiegel und wie bereits im Jahr 2003 müssen die Berliner Mieterorganisationen auch dem neuen Berliner Mietspiegel 2005 die Anerkennung verweigern. Wir haben beratend mitgewirkt, aber in wesentlichen Fragen wurde unserem Rat nicht gefolgt. Hintergrund ist die eindeutige Parteinahme der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zugunsten der Vermieter im Rahmen der Mietspiegelverhandlungen.

Wie bereits im Mietspiegel 2003 werden vor allem in den Altbaufeldern Mietwerte ausgewiesen, die die 4/5-Spanne erreichen. Bei der 4/5-Spanne werden 1/10 der Mietwerte oben und unten entfernt. Der Bundesgesetzgeber empfiehlt jedoch die 2/3-Spanne, bei der 1/6 der Mietwerte abgeschnitten werden. Aus wissenschaftlicher Sicht ist nicht erkennbar, warum eine Notwendigkeit bestehen sollte, von der 2/3-Spanne abzuweichen. Bei der Anwendung der 2/3-Spanne werden 66,6% der erhobenen Mietpreise für ortsüblich erklärt, bei der 4/5-Spanne jedoch 80%, was zu weiteren Mieterhöhungsspielräumen führt. Dieser Unterschied wird sich bei kommenden Mieterhöhungen in den Geldbörsen von Mieter/innen und Vermietern auswirken.

Auch bei der Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung hat die SPD-Senatorin Junge-Reiher zugunsten der Vermieter entschieden: Es wird für Vermieter leichter, den Oberwert eines Mietspiegelfelds zu fordern - und das ist der für sie Interessante. Die Sozialdemokraten haben anscheinend vergessen, dass Berlin eine Mieterstadt ist und bleibt.

Der so genannte "entspannte Wohnungsmarkt" hat jedenfalls nicht zu sinkenden Mieten geführt. Gegenüber dem Mietspiegel des Jahres 2003 weist der diesjährige eine durchschnittliche Steigerung der Mittelwerte von 5,51% aus. Der Anstieg im Osten beträgt dabei durchschnittlich 4,47%, der im Westen 6,43%. In vielen Bereichen haben vor allem Modernisierungen zu teilweise drastischen Mietsteigerungen geführt. Mieter/innen sollten bedenken, dass eine passive Hinnahme von Modernisierungen zu den Mietpreissteigerungen führt, die sich in den Mietspiegeln wiederfinden und sich schließlich in Mieterhöhungen auswirken.

Ihr MieterEcho

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