MieterEcho 310/Juni 2005: Hüttenwegsiedlung und Otto-Suhr-Siedlung

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MieterEcho 310/Juni 2005

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Apellas Property will sich in Berlin breit machen

Die Hüttenwegsiedlung und die Otto-Suhr-Siedlung sind erst der Anfang

Andrej Holm

Die Website www.bloomberg.com ist eine der fünf weltweit am häufigsten aufgerufenen Internetauftritte der Finanzwelt. Fast alle international agierenden Unternehmen platzieren hier ihre Informationen. So auch George Soros, der milliardenschwere Finanzier verschiedenster Unternehmen. Am 29.04.2005 wurde exklusiv auf der Bloomberg-Website verkündet, dass Soros plant, mehr als 200 Mrd. Euro in den deutschen Immobilienmarkt zu investieren: Aus privatem und öffentlichem Besitz sollen bis zu vier Millionen Wohnungen gekauft werden.

Die Apellas Property Management GmbH - 95% der Anteile gehören Soros - ist dabei ein wichtiger Baustein. Ulrich Weber, der Geschäftsführer von Apellas in Berlin, wird bei www.bloomberg.com mit folgenden Worten zitiert: "Apellas ist sehr daran interessiert und auch dazu bereit, ihren Bestand von 5000 Wohnungen in Berlin zu erweitern". Die niedrigen Haus- und Grundstückspreise sowie ein festes Vertrauen in ein ökonomisches Wiedererstarken machen den Deutschen Immobilienmarkt für das Unternehmen so attraktiv. Grund genug für das MieterEcho, die bisherigen Projekte von Apellas in Berlin genauer unter die Lupe zu nehmen.

Hüttenwegsiedlung - Umwandlung in Eigentumswohnungen angekündigt

Zum 01.06.2005 diesen Jahres übernimmt die Apellas Property Management GmbH die 1096 Wohnungen der Hüttenwegsiedlung in Dahlem. Etwas mehr als 80 Mio. Euro soll der Immobilienfonds der bisherigen Eigentümerin, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, gezahlt haben. Das sind im Durchschnitt 73.000 Euro pro Wohneinheit oder etwa 1200 Euro/qm für die ehemaligen Alliiertenwohnungen, die in den 1950er Jahren gebaut wurden.

Ulrich Weber, der örtliche Vertreter von Apellas in Berlin, kündigte bereits umfangreiche Baumaßnahmen an: Die Gebäude sollen aufgestockt und neu verputzt werden, teilweise ist der An- bzw. Einbau von Balkonen und Fahrstühlen geplant. Zudem soll das Wohngebiet mit dreigeschossigen Neubauten verdichtet und die Außenanlagen neu gestaltet werden. Etwa 75 Mio. Euro will Apellas dafür ausgeben. "Wir wollen jungen Familien bezahlbaren Wohnraum anbieten", ließ Weber in der Morgenpost vom 28.04.2005 zu den Plänen verlauten - Mieterhöhungen wollte er jedoch nicht ausschließen.

Genau das befürchten jedoch die Bewohner/innen der Siedlung. Mietervertreter/innen rechnen mit Mietsteigerungen von bis zu 100 Euro im Monat, insbesondere für die Wohnungen, die einen Balkon erhalten sollen. Zudem hat Apellas bereits den Verkauf von 380 Wohnungen angekündigt. Wie oft bei solchen Umwandlungen in Einzeleigentum werden die Wohnungen zunächst ganz ‚mieterfreundlich' den Bewohner/innen angeboten und erst wenn diese nicht kaufen wollen oder können, wird an Dritte veräußert.

Bei dem angekündigten Investitionsaufwand von etwa 150 Mio. Euro für Kauf, Sanierung und Neubau belaufen sich die Kosten pro Quadratmeter durchschnittlich auf etwa 2000 Euro. Der Kaufpreis für die umgewandelten Wohnungen dürfte deutlich darüber liegen. Nur wenige der jetzigen Bewohner/innen werden diese Summen bezahlen können. Wohnungskäufer, unabhängig ob Anleger oder Selbstnutzer, werden für diesen Preis eine entsprechende Ausstattung der Wohnung verlangen. Die angekündigten Modernisierungsarbeiten werden also völlig unabhängig vom Nutzen für die Mieter/innen der Wohnung zur Voraussetzung des Umwandlungsgeschäfts. Bei aller sozial klingenden Rhetorik: Die Verwertung von Wohnanlagen wird auch bei Apellas letztlich zulasten der Mieter/innen realisiert.

Otto-Suhr-Siedlung - Sanierungsstress und Mieterhöhungen

Auf eine ähnliche Erfahrung können auch die Bewohner/innen der Otto-Suhr-Siedlung in Kreuzberg zurückblicken. Apellas kaufte hier bereits vor einem Jahr etwa 1000 Wohnungen von der mittlerweile zur WBM-Gruppe gehörenden Bewoge auf. Der dortige Wohnungsbestand - mehrheitlich in den 1960er Jahren mit Fördermitteln des Sozialen Wohnungsbaus errichtet - weist eine ähnliche Baustruktur wie die Siedlung am Hüttenweg auf, doch die Bewohnerschaft ist stärker von Senior/innen und Migrant/innen geprägt als die Siedlung in Dahlem.

In der Otto-Suhr-Siedlung sind bisher keine Umwandlungspläne bekannt geworden, doch die Apellas hat trotzdem in hohem Tempo begonnen, verschiedene Sanierungsarbeiten durchzuführen. Auch wenn der sonst meist gut informierte Robert Ummen in der Tageszeitung "Die Welt" vom 23.04.2005 schreibt, dass in der Otto-Suhr-Siedlung "Investor und Mieter bei der Wohnungsmodernisierung einvernehmlich agiert haben", sind viele Mieter/innen unzufrieden und verunsichert.

In einer von der Berliner MieterGemeinschaft durchgeführten Umfrage im Gebiet konnten drei Problemfelder festgestellt werden:

Mieterhöhungen

Bereits in den Jahren vor dem Verkauf hat die Bewoge die gesetzlich möglichen Mieterhöhungen in der Otto-Suhr-Siedlung ausgeschöpft. Wie auch andere Wohnungsbaugesellschaften versuchte die Bewoge durch ein erhöhtes Mietniveau den Eindruck eines wirtschaftlich intakten Unternehmens zu erwecken, um beim Verkauf von Wohnungsbeständen höhere Preise zu erzielen. Zum 01.05.2005 diesen Jahres hat nun die IHZ, die die Wohnungen weiterhin verwaltet, erneut Mieterhöhungen verlangt. Auch der neue Eigentümer will seine Einnahmen natürlich optimieren. Die durchschnittliche Nettokaltmiete liegt inzwischen bei etwa 4 Euro/qm - noch vor wenigen Jahren lag diese bei ca. 2,50 Euro/qm. Innerhalb von sechs Jahren sind drei ‚rechtmäßige' Mieterhöhungen mit einer Steigerung der Nettokaltmiete um insgesamt 60% erfolgt. So sieht die Privatisierungsbilanz für Mieter/innen in der Otto-Suhr-Siedlung konkret aus.

Sanierungsarbeiten

In den Blöcken der Otto-Suhr-Siedlung hat Apellas zunächst mit Strangsanierungen begonnen. Dabei wurden die Belange der Mieter/innen nicht immer berücksichtigt. So beschwerten sich mehrere Bewohner/innen, dass durch die Gipskartonverschalung der neu installierten Stränge die Bäder faktisch verkleinert wurden. Insbesondere verschlechterte sich die Benutzbarkeit der sowieso schon sehr kleinen Badezimmer auf Grund der sanierungsbedingt notwendigen Versetzung der WC-Becken. Ein weiteres Problem stellen die nun versiegelten Bodenabflüsse im Bad dar: Ohne Sanierung der Fußböden werden die ehemaligen Abflüsse verschlossen, jedoch nicht fachgerecht und nicht wasserdicht. In einem Schreiben wurden die Mieter/innen darüber informiert, für künftige Wasserschäden haftbar gemacht zu werden. Der Ablauf der Bauarbeiten wird von den Mieter/innen als eher chaotisch beschrieben. Die Kommunikation zwischen der Verwaltung, der Bauleitung und den Subunternehmen für die einzelnen Gewerke verlief nicht optimal und vor allem Nachsorgearbeiten ließen oft lange auf sich warten. Ein Mieter: "Die Handwerker waren immer schnell, wenn es darum ging, in die Wohnungen reinzukommen und immer langsam, wenn es ums Aufräumen und Saubermachen ging". Eine einvernehmliche Sanierung sieht sicherlich anders aus.

Wohnungsverwaltung

Die Siedlung wird auch nach dem Verkauf weiter von der IHZ (Wohnungsverwaltung der WBM-Gruppe) verwaltet. Obwohl z.T. die Sachbearbeiterinnen geblieben sind, hat sich der Service aus Sicht der Mieter/innen deutlich verschlechtert. Insbesondere die Erreichbarkeit sei katastrophal. Oft sei nur ein Anrufbeantworter zu erreichen und einen Rückruf gibt es nur selten - so die frustrierende Erfahrung von etlichen Mieter/innen. Insbesondere Mängelanzeigen sind dadurch kompliziert geworden: "Die Hausverwaltung reagiert nur auf Schriftliches, dann aber sehr schnell, das ist vor allem für die Alten ein Problem, weil die oft keinen Computer besitzen", so eine Mieterin. Auch der Reparatur- und Hausmeisterservice hat sich aus der Perspektive der Mieterschaft verschlechtert: "Jetzt gibt es Hauswarte, die sind schlechter erreichbar und auch nur angestellt, früher gab es Hausmeister, die auch in der Nachbarschaft gewohnt haben". Zudem würde die Hausverwaltung bei Reparaturmeldung nun zuerst immer auf die Selbstbeteiligungspflicht der Mieter/innen verweisen. Vor allem Bewohner, die schon lange in der Siedlung leben, reagieren mit Unverständnis: "Ich hab seit 40 Jahren denselben Mietvertrag und das hat die ganze Zeit noch niemand von mir gewollt. Früher wurde repariert, wenn was kaputt war. Und so muss es ja auch sein. Ist ja nicht meine Wohnung, ich hab die nur gemietet."

Auf Grund dieser Verschlechterung der Wohnsituation und der von ihnen oft geschilderten Verunsicherung hinsichtlich der Mietentwicklung, sind viele Bewohner/innen ausgezogen. In einzelnen Häusern schätzen die Nachbar/innen den Leerstand auf gut 10%. Die frei werdenden Wohnungen werden umfassend saniert, mit neuen Fußböden und Einbauküchen ausgestattet und zu einem deutlich höheren Mietpreis neu vergeben. Ob durch Umwandlung wie in der Hüttenwegsiedlung oder durch Mietsteigerungen wie in der Otto-Suhr-Siedlung: George Soros, Ulrich Weber und ihre Apellas Property GmbH sind in Berlin im Geschäft - bisher auf Kosten der Mieter/innen.

IHZ

Seit dem 01.01.2004 hat die IHZ GmbH als Pächterin die Verwaltung der Bestände der WBM-Gruppe (inkl. WBF und Bewoge) übernommen. Das MieterEcho berichtete in den Nrn. 303, 304 u. 309.

Strangsanierung

Eine Strangsanierung beinhaltet eine Erneuerung der Abwasserfallrohre und der Steigeleitungen für Kaltwasser und ggf. Warmwasser.

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