MieterEcho

MieterEcho 307/Dezember 2004

quadrat Titel

25 Jahre feindliche Übernahme

Winterfeldtstraße 25: Mieterwiderstand gegen Umwandlungsspekulation

Bewohner/innen der Winterfeldtstraße 25

Was die Bewohner/innen der Yorckstraße 59 zur Zeit erleiden, hat die Winterfeldtstraße 25 bereits hinter sich. Als Mebes & Wullinger 1999 das Haus aus einer Konkursmasse erwarben, lautete die Devise: Alle Mieter raus, Umwandlung in Einzeleigentum. Eigentlich das übliche Schema der Immobilienverwertung, doch die eingesetzten Mittel haben selbst diejenigen entsetzt, die sich an die unsäglichen Häuserkämpfe der 1980er Jahre erinnern. Ein erster Höhepunkt war die Installation von Videowanzen in den Treppenhäusern zur Bespitzelung der Hausbewohner/innen und ihrer Besucher/innen. Es folgte die Zerstörung der preisgekrönten Gartenanlage, um den Widerstand der Hausgemeinschaft zu brechen. Gleichzeitig werden die Hausbewohner/innen mit einer Flut von sinnlosen Prozessen drangsaliert. Vielleicht verwundert das weniger, wenn man weiß, dass der Eigentümer ein "Dr. jur" ist.

Die Hausgemeinschaft erwies sich als stabil und das ist kein Wunder, denn mit Spekulanten hat sie eine langjährige Erfahrung: Es begann bereits 1979. Aus Privatbesitz wurde das Haus an "Investoren", wie sie sich nannten, verkauft. Ihr Rezept war schon damals: Alle Mieter raus, Umwandlung in Eigentumswohnungen.

Seinerzeit war das noch neu und erschien entsprechend schrecklich. Doch - zum Glück für die zum Widerstand entschlossenen Mieter/innen - bestand diese erste Generation von "Investoren" aus reinen Schaumschlägern. Investiert haben sie keinen Pfennig ihres eigenes Gelds, aber sie haben mit 1,4 Mio. DM aus einem Senatsprogramm das Haus grundsaniert. Das war's.

Dann kam 1989 die Wiedervereinigung und die "Investoren" wandten sich erwartungsvoll nach Osten. Ein verhängnisvoller Fehler: Die Eigentümer der Winterfeldtstraße 25 gingen 1998 bankrott. Der Konkursverwalter verkaufte das Haus für 2,4 Mio. DM an einen Kaufmann, dessen Konkurs mangels Masse schon früher am 08.01.1997 abgelehnt worden war. Dieser "Investor" versuchte, sich durch schnellen Verkauf des Hauses zu sanieren. Bundesweit bot er es über verschiedene Makler für 4,2 Mio. DM an und scheiterte kläglich. Er konnte selbst den Kaufvertrag nicht erfüllen und folglich den Profit von 1,8 Mio. nicht realisieren.

Und damit kommen wir zum aktuellen Teil der Hausgeschichte: 1999 erwarben Mebes & Wullinger die Winterfeldtstraße 25 für ca. 2,8 Mio. DM aus der Konkursmasse und eröffneten den erwartungsvollen Bewohner/innen: Alle Mieter raus, Umwandlung in Eigentumswohnungen. Doch die kannten das ja schon, wappneten sich und setzten sich derart erfolgreich zur Wehr, dass sich schon vor geraumer Zeit das Blatt gewendet hat.

Unsaniert wird das Haus zur Zeit wieder bundesweit angeboten. Die Käufer sollen auf das Sanierungsziel Vorkasse leisten. Die Preise sind horrend und dafür wird "Luxuswohnen am Winterfeldtplatz" angeboten. Das Haus, das 1999 korrekt bewertet 1,4 Mio. Euro wert war, ist jetzt im Angebot für rund 10 Mio. Euro. Inklusive versprochener Sanierung.

Das lockt die Beutemacher. Man traut seinen Augen nicht. Es sind tatsächlich 18 Makler eifrig zugange, um 40 Wohnungen unter die Leute zu bringen. Natürlich nicht beliebige Leute. Sie müssen betucht und dürfen nicht allzu helle sein: Denn im Angebot ist eine Mogelpackung. Die SAXX Immobilienvermittlung beschreibt die Umgebung: "Wegen seiner quirligen, bunten Vielfalt und seiner facettenreichen Kultur- und Kneipenszene beliebt, wegen seinem charmanten, urbanen Flair unentbehrlich, zählt Schöneberg zweifellos zu einem der beliebtesten Wohnbezirken Berlins." Doch tatsächlich findet dieses "Luxuswohnen am Winterfeldtplatz" in einem Kiez statt, über den Markus Kluger am 16.01.2004 in der Berliner Zeitung berichtete: "Die Potsdamer Straße war einst eine pulsierende Geschäftsmeile. Doch heute gelten in der Gegend eigene Gesetze. In der Kurfürstenstraße, Alvenslebenstraße oder Pallasstraße wird mit Drogen gehandelt, verkaufen minderjährige und meist drogenabhängige Mädchen ihre Körper. Laut Statistik kommen auf 1000 Einwohner 89 Straftaten - die meisten davon sind Drogendelikte, Körperverletzung, Nötigung und Bedrohung. Der Senat betreibt in der Gegend ein Quartiersmanagement." Und der Präventivbeauftragte Polizeihauptkommissar Henry Maiwald meint: "Ich rate den Leuten, die Haustüren geschlossen zu halten."

Sicher hat er dabei auch an die Gefahr der Übernahme durch Spekulanten gedacht.

Weitere Informationen unter www.w25.de.

Forderungen der W25

Verbrecher raus aus dem Immobiliengeschäft.
Das Vorkaufsrecht gehört den Bewohner/innen.

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