MieterEcho

MieterEcho 307/Dezember 2004

quadrat BERLIN

Gibt es uns überhaupt noch?

Die Betroffenenvertretung Oberschöneweide muss einen Hindernislauf absolvieren

Dirk Sarnoch, einer der Sprecher der Betroffenenvertretung Oberschöneweide

Die Betroffenenvertretung Oberschöneweide besteht seit gut zehn Jahren und wir konnten einiges in dieser Zeit bewegen. Der Schwerpunkt unserer Arbeit war von Anfang an das Wohnumfeld, worin die Verkehrsproblematik großen Raum einnimmt. Die Zusammenarbeit mit den behördlichen Entscheidungsträgern war bis vor circa drei Jahren relativ unproblematisch und konstruktiv. Jedoch befinden wir uns nun in einer Sackgasse.

Seit mehreren Monaten versuchen wir mit der Abteilung Bauen und Stadtentwicklung, Tiefbauamt, ins Gespräch zu kommen. Mehrere Sitzungen des Sanierungsbeirats wurden seitens des Tiefbauamts jeweils kurzfristig abgesagt oder ignoriert. Diese Häufung der Nichtteilnahme trotz Einladung des Tiefbauamts betrachten wir als Missachtung der gewählten Betroffenvertretung des Sanierungsgebiets Oberschöneweide.

Insbesondere die letzte Absage im März 2004 lässt uns zweifeln, ob die Verantwortlichen des Tiefbauamts über die notwendigen Kompetenzen verfügen. Die Absage wurde nämlich mit fehlender Zuständigkeit begründet. Jedoch hat dasselbe Amt mit Schreiben seines Leiters Dr. Abo-Bakr schon im Jahr 2001 seine Zuständigkeit für Edisonstraße, Siemensstraße, Rathenauplatz, Brücken und Spreeuferweg dokumentiert.

Ein weiteres Paradebeispiel der Ignoranz gegenüber der Betroffenenvertretung ist der Bau einer neuen Abwasserleitung durch die Wasserbetriebe. Durch die Bauarbeiten war der mittlere Bereich des Griechischen Parks gesperrt und aufgegraben. Diese Situation brachte uns auf Ideen zur Umgestaltung des Geländes. Wir übersandten dem Bezirksamt einen aus unserer Sicht kostensparenden und stadtplanerisch vernünftigen Vorschlag. Dieser wurde auch vom Stadtplanungsausschuss positiv aufgenommen. Baustadtrat Herrn Dr. Schmitz versprach uns schon im Januar 2001 schriftlich, dass wir "zu gegebener Zeit in die Planung miteinbezogen" werden. Jedoch wurde ohne irgend ein Signal an uns der alte Zustand wiederhergestellt. Als Herr Dr. Schmitz Anfang des Jahres 2004 auf einer Informationsveranstaltung darauf angesprochen wurde, antwortete er, dass er uns "vergessen" hätte.

Im April dieses Jahres sahen wir uns durch die geschilderten Umstände nicht mehr im Stande, eine sinnvolle Arbeit zu machen. Wir standen kurz davor, das Gremium aufzulösen. Erst eine in Oberschöneweide stattfindende Ausschusssitzung (Stadtplanung/Verkehr) brachte die scheinbare Wende. Herr Dr. Schmitz sagte einen Gesprächstermin zu. Ausschussmitglieder hatten ihn dazu bewegt.

Das Ergebnis dieses Gesprächs, welches im April erfolgte, war die Zusage, dass die Sanierungsverwaltungsstelle alle erforderlichen Informationen einholt oder aber Betroffenenvertretung und Zuständige an einen Tisch bringt. Jedoch auf der letzten Sanierungsbeiratssitzung im August stellte sich heraus, dass die Sanierungsverwaltungsstelle mit dieser Aufgabe offensichtlich überfordert war. Wir forderten Herrn Dr. Schmitz erneut auf, die Situation aufzuklären. Bis Ende Oktober erfolgte noch keine Reaktion.

Durch dieses Verhalten des Bezirksamts Treptow-Köpenick, hier durch den Baustadtrat Herrn Dr. Schmitz, wird massiv die bürgernahe Entwicklung von Oberschöneweide gehemmt. Unsere Kraft wurde dadurch soweit aufgezehrt, dass wir es sogar versäumten, rechtzeitig Bewohner, Eigentümer und Gewerbetreibende über die bevorstehende Überarbeitung des Neuordnungskonzepts zu informieren. Eventuelle Änderungsvorschläge konnten so nicht mehr dort einfließen.

Die Antwort auf die Frage in der Überschrift: Im Prinzip ja, aber der Kampf gegen die Behörden macht die Arbeit fast unmöglich.

Sanierungsbeteiligte

Die Sanierungsverwaltungsstelle gehört zum bezirklichen Stadtplanungsamt und ist federführend für die Vorbereitung, Durchführung und Koordination der Sanierung verantwortlich. Zur Unterstützung der Sanierungsverwaltungsstelle wird ihr von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ein Sanierungsbeauftragter zur Seite gestellt, der neben der Koordination der Sanierung an der Fortschreibung der Sanierungsziele beteiligt ist, Fördermittel akquiriert sowie Eigentümer, Bauherren und Investoren berät. Vom Bezirksamt beauftragt wird eine Mieterberatungsgesellschaft, die die sanierungsbetroffenen Mieter/innen berät, Sozialpläne erstellt und auch Vorschläge für Erneuerungsmaßnahmen macht. Gemäß den "Leitsätzen zur Stadterneuerung in Berlin" müssen in Sanierungsgebieten (gewählte) Betroffenenvertretungen gebildet werden. Ihre Mitwirkungsrechte sind in den "Ausführungsvorschriften des Landes Berlin zum Besonderen Städtebaurecht" geregelt. So muss die Betroffenenvertretung (BV) frühzeitig über alle wesentlichen Vorgänge der Sanierungsplanung und -durchführung informiert werden. Die BV kann u.a. Öffentlichkeitsarbeit betreiben, Zusammenkünfte der Bewohnerschaft einberufen, Stellungnahmen zu Planungen abgeben sowie Empfehlungen oder Bedenken vortragen. Ihren Sprechern ist Akteneinsicht zu gewähren und diese wirken im Sanierungsbeirat mit. Der Sanierungsbeirat ist das offizielle Gremium zum Austausch der an der Sanierung Beteiligten. Ihm gehören Vertreter des Bezirks, des Stadtentwicklungssenats, des Sanierungsbeauftragten, der Mieterberatung und der Betroffenenvertretung an.

Oberschöneweide

Im November 1995 wurde das Sanierungsgebiet Oberschöneweide förmlich festgelegt. Es umfasst 41,3 ha, 253 Grundstücke, 3465 Wohneinheiten und 4175 Bewohner/innen. Durch die Sanierung sollen verschiedene bauliche und infrastrukturelle Missstände behoben werden. Die einzelnen Sanierungsziele wurden mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets Oberschöneweide formuliert und werden im Verlauf des Sanierungsprozesses konkretisiert und fortgeschrieben. Die daraus resultierenden Maßnahmen sind in einem Neuordnungskonzept zusammengefasst. Zu den Inhalten des Neuordnungskonzepts gehören neben Neubaumaßnahmen die Erneuerung des Wohnungsbestands, die Erneuerung der öffentlichen Straßen, Plätze, Infrastruktureinrichtungen, Grün- und Freiflächen, die Verbesserung der Verkehrssituation und die Förderung von kulturellen und gewerblichen Einrichtungen. Informationen unter www.sanierung-osw.de. Weiteres zu Oberschöneweide auch unter www.qm-osw.de.

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