MieterEcho

MieterEcho 306/Oktober 2004

 BERLIN

Alles was Recht ist

Keine einstweilige Verfügung durch Wachschutz und Wohnungsgesellschaft

Volker Eick

Die WVB Wohnpark Verwaltungs- und Betreuungs GmbH (WVB), vertreten durch ihre Geschäftsführer Oliver Nee, Rainer Uhde, Alexander Hesse, William Schulze, John D. Dell und Benjamin D. Vevin III, und die ADAMAS GmbH flash-security, wollten mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung das MieterEcho, die Redaktion des Grundrechte-Reports, die Herausgeber von MieterEcho und Grundrechte-Report sowie den Autor des Beitrags "Am Rande der Stadt und des Rechtsstaats" (MieterEcho Nr. 303) verpflichten, die dort gemachten Äußerungen nicht zu wiederholen. Ohne Erfolg.

Beantragt wurde mit Schreiben vom 13.05.2004 - "der besonderen Dringlichkeit wegen" ohne mündliche Verhandlung - "die Festsetzung eines Ordnungsgelds bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft" bei weiterer Veröffentlichung der Beiträge*. Den Streitwert legte die Gegenseite auf 25.000 Euro fest. Während sich die WVB in dem Schreiben ihrer Rechtsanwälte darauf konzentrierte, dass deren Geschäftsführer entweder "der deutschen Sprache nicht mächtig" seien bzw. die in dem Beitrag zitierten Angaben nie gemacht haben wollen, war in dem Schreiben der Rechtsanwälte der Firma flash-security nicht einmal recht ersichtlich, was genau deren Problem sei. Denn einmal wollten sie den ganzen Artikel verbieten lassen, ein anderes Mal wurden Passagen moniert, die in dem Beitrag so gar nicht erschienen sind. Andere Passagen in dem Beitrag sind durch ein knappes Dutzend eidesstattlicher Versicherungen gedeckt, die von Bewohner/innen des Quartiers gegenüber dem Autor gemacht wurden. Entsprechend reichten Herausgeber wie Autor eine Schutzschrift gegen das Begehren einer einstweiligen Verfügung der Gegenseite ein. Mit Schreiben vom 21.05.2004 teilte das Landgericht Berlin sodann mit, dass es die Gegenseite "auf Bedenken gegen den Erlass einer einstweiligen Verfügung hingewiesen" habe, "die denen der Schutzschrift entsprechen." Weil das Gericht nicht deren Argumentation, sondern derjenigen des Autors gefolgt ist, hat die Gegenseite ihren Antrag am 25.06.2004 zurückgenommen.

Das ist auch eine schöne Leistung der 27. Zivilkammer des Berliner Landgerichts, denn immerhin hat diese wegen ihrer häufig rigiden Rechtsauffassungen weder unter Rechtsanwälten und Journalisten noch unter den Rechtsabteilungen der Verlage einen besonders guten Ruf, wenn es um das hohe Gut der Pressefreiheit geht. So aber legten die Richter Mauck, Becker und von Bresinsky in ihrem Beschluss vom 29.06.2004 fest, dass die WVB "die Kosten des Verfahrens nach einem Wert von 15.000 Euro zu tragen" hat.

In dem privatisierten Hellersdorfer Wohnquartier, in dem mit Zäunen, Videoüberwachung, dem Sicherheitsdienst und seinen Wachberichten gegen Teile der Bevölkerung vorgegangen wurde, ist es seit dieser Auseinandersetzung ruhig geblieben und bisher wurde von weiteren Übergriffen nichts bekannt. Allerdings hat man auch nichts davon gehört, dass sich die Polizei dem Vorgehen der Mitarbeiter des Sicherheitsdiensts einmal angenommen oder die Verteilung nicht anonymisierter Daten auf einer öffentlichen Veranstaltung problematisiert hätte.

Erst vor wenigen Wochen hat flash-security den Auftrag erhalten, im brandenburgischen Strausberg das Privatgelände der dortigen Sparkasse zu kontrollieren - und schon jetzt sind die ersten Beschwerden von Anwohner/innen selbst bis nach Berlin gedrungen.

*) Der Beitrag "Am Rande der Stadt und des Rechtsstaats" erschien im Berliner MieterEcho Nr. 303, S. 21-22. Leicht verändert und unter dem Titel "Jenseits des Rechtsstaats. Kommerzielle Sicherheitsdienste schaffen sich eigenes Recht" wurde der Bericht von Volker Eick auch im Grundrechte-Report 2004, S. 148-150 (Fischer Verlag) veröffentlicht.

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