Mieterecho - Zeitung der Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Nr. 302   Januar 2003

Recht und Rechtsprechung

Duldung von Modernisierungsmaßnahmen

Das Anbringen einer Wärmedämmung sowie die Verstärkung des Querschnitts einer aus dem Jahre 1936 stammenden Elektrosteigeleitung stellen Modernisierungsmaßnahmen dar, die der Mieter gemäß § 554 Absatz 2 Satz 1 BGB dulden muss.
Eine Ankündigung ist formell ordnungsgemäß, wenn sie den Zeitraum und die Dauer der Arbeiten sowie die voraussichtlichen Kosten und die zu erwartende Mieterhöhung enthält. Weitergehende Ausführungen sind zumindest bei Maßnahmen außerhalb der Wohnung nicht erforderlich. Eine unangemessene Härte im Sinne des § 554 Absatz 2 Satz 2 BGB wegen der zu erwartenden Mieterhöhung liegt nicht vor, wenn sich die Mieterin noch in der Ausbildung befindet und über keine laufenden Einkünfte verfügt, auf Grund einer Abfindung erhaltenen Ersparnisse jedoch ausreichen, die Ausbildung zum Abschluss zu bringen.
LG Berlin, Urteil vom 04.08.2003 - 62 S 136/03 -

Die Vermieterin verlangte von der Mieterin die Duldung von Modernisierungsmaßnahmen, insbesondere das Anbringung einer Fassadendämmung, den Austausch von Kastendoppelfenstern gegen Kunststofffenster, die Dämmung des Dachbodens, den Einbau einer Gegensprechanlage und die Verstärkung des Querschnitts der Elektrosteigeleitungen. Das Amtsgericht hatte die Duldungsklage der Vermieterin mit der Begründung abgewiesen, dass das Ankündigungsschreiben nicht den Anforderungen des § 554 Absatz 3 entspreche. Insbesondere sei für die Mieterin nicht zu erkennen, ob und in welcher Höhe mit einer Einsparung von Heizenergie durch das Anbringen der Wärmedämmung zu rechnen sei. Die Angabe eines Wärmedurchlasskoeffizienten genüge insoweit nicht, da die tatsächliche Einsparung an Heizenergie erst anhand weiterer Kriterien (wie z.B. eines erhöhten Lüftungsbedarfs zur Vermeidung von Schimmelbildung) geprüft werden müsse.

Auf die Berufung der Vermieterin hob das Landgericht Berlin das Urteil des Amtsgerichts (teilweise) auf und verurteilte die Mieterin dazu, das Aufbringen der Wärmedämmung an der Fassade und im Dachboden sowie die Verstärkung des Querschnitts der Elektrosteigeleitungen und den Einbau einer Gegensprechanlage zu dulden. Im Übrigen (wegen des Austauschs der Kastendoppelfenster) wies es die Klage ab.

Das Landgericht gelangte in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass die Vermieterin einen Anspruch auf Duldung der Maßnahmen zur Anbringung der Fassadendämmung habe. Diese Maßnahme führe auf Grund der Reduzierung des Wärmedurchlasskoeffizienten zur Einsparung von Heizenergiebedarf. Anders als beim Mieterhöhungsverlangen gemäß § 559 BGB müsse die Vermieterin bei der Ankündigung der Maßnahmen das Maß der Energieersparnis nicht erläutern. Im Übrigen genüge es den Anforderungen an die Erläuterungspflicht gem. § 554 Absatz 3 BGB, wenn die Vermieterin im Ankündigungsschreiben den Zeitraum und die Dauer der Arbeiten, die voraussichtlichen Kosten sowie die zu erwartende Mieterhöhung darlege. Dies sei zumindest dann ausreichend, wenn die Arbeiten nicht in der Wohnung des Mieters stattfinden würden. Das Gleiche gelte für den Anspruch auf Duldung der Dämmung im Bereich der Dachschräge.

Das Landgericht wies noch einmal darauf hin, dass nach seiner Ansicht eine Modernisierungsankündigung nicht jede Einzelheit der Maßnahme und jede mögliche Auswirkung im Detail enthalten müsse. Die an eine solche Erklärung inhaltlich zu stellenden Anforderungen dürften nicht überspannt werden.

Einen Anspruch der Vermieterin gegen die Mieterin auf Duldung des Austauschs der Kastendoppelfenster gegen Kunststofffenster konnte das Landgericht Berlin nicht erkennen. Es wies insoweit darauf hin, dass der Gebrauchswert einer Wohnung durch den Austausch von Holzkastendoppelfenstern gegen Kunststoffisolierglasfenster nicht erhöht werde. Aus diesem Grund sei der Mieter auch nicht zur Duldung dieser Maßnahme verpflichtet.

Wegen des geltend gemachten Anspruchs der Vermieterin auf Duldung der Verstärkung der Querschnitte der Elektrosteigeleitungen und der Installation einer Klingelanlage mit Türöffner und Gegensprechanlage gelangte das Landgericht Berlin ohne weitere Erläuterung zu dem Ergebnis, dass es sich in beiden Fällen um eine vom Mieter zu duldende Modernisierungsmaßnahme handele.

Das Landgericht Berlin ließ den Einwand der Mieterin, dass die Modernisierungsmaßnahme für sie eine unangemessene Härte im Sinne des § 554 Absatz 2 Satz 2 BGB darstelle, nicht gelten. Die Mieterin hatte vorgetragen, dass sie über keine Einkünfte verfüge und die zu erwartende Mieterhöhung von 98,00 Euro monatlich nicht tragen könne. Das Landgericht Berlin stellte fest, dass der Mieterin im Zusammenhang mit der Beendigung ihres ursprünglichen Arbeitsvertrags eine Abfindung in Höhe von 10.000 Euro gezahlt wurde. Von dieser Abfindung finanzierte die Mieterin unstreitig eine Ausbildung als Heilpraktikerin.

Das Landgericht Berlin vertrat in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass die Höhe der Ersparnisse ausreichen würde, um der Mieterin den Abschluss der Ausbildung und den anschließenden Wiedereintritt ins Erwerbsleben zu sichern. Die zu erwartende Mieterhöhung stehe dem nicht entgegen, da der Abfindungsbetrag auch in diesem Fall ausreichen würde, die Ausbildung zu beenden.

Mitgeteilt von Rechtsanwältin Ingeborg Loch