Mieterecho - Zeitung der Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Nr. 301   Dezember 2003

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

"Geschichte wird gemacht", sangen Fehlfarben in den 1980er Jahren. Zweifellos wird sie gemacht, doch von wem? Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ist maßgeblich daran beteiligt und z.Zt. ungemein erfolgreich. Er macht Geschichte auf diplomatischen Parkett, mit Hilfe des Außenministeriums und der entsprechenden Gremien in Brüssel. Geschichte kann auch gemacht werden, von den anderen, zu deren Lasten BDI und Co. agieren und die zu über hunderttausend am 01.11.2003 gegen Sozialabbau auf den Straßen vom Alexanderplatz bis zum Gendarmenmarkt demonstriert haben. Beeindruckend viele, aber immer noch zu wenige, um dem von Hermann Werle beschriebenen Treiben nachhaltig Einhalt zu gebieten.

Die Folgen der Liberalisierung werden die Mieter in den nächsten Jahren auf den Betriebskostenabrechnungen sehen, wenn die privatisierten Berliner Wasserbetriebe die politisch zugestandenen Gewinne realisieren wollen. Nichts ist zwangsläufig, nichts ist unvermeidlich, Daseinsvorsorge muss nicht auf den Markt geworfen werden, sie kann (und muss) Gegenstand staatlicher/städtischer Politik bleiben. Den aufhaltsamen politischen Gang des Verkaufs der Wasserbetriebe zeichnet der Donnerstagskreis eindringlich nach.

Vorausgegangen war der ebenfalls vermeidbare Verkauf der GEHAG, ein Verkauf u.a. von Herrn Jürgen Klemann durchgeführt, zu seinem Vorteil. Die GEHAG ist jetzt gänzlich auf dem Markt angekommen, Mieterprivatisierungen oder Verkauf an Mietergenossenschaften, die pseudosoziale Begleitmusik bei dem hässlichen Deal ist verstummt. Wen wundert’s?

In Kreuzberg sollten die 1980er Jahre vermarktet werden. Die Ex-Hausbesetzer-Szene, selbst inzwischen zum größten Teil mittelständisch etabliert, hätte Souvenirs aus ihrer kämpferischen Vergangenheit liefern können, Pflastersteine vom Lausitzer Platz selbstredend, doch die cleveren Initiatoren scheinen die Möglichkeiten des Markts etwas überschätzt zu haben.

Dass man aber wirklich etwas machen kann, auch wenn es nur die Geschichte der eigenen Genossenschaft ist, stellt Dr. Sigurd Schulze am Beispiel des Verhaltens einiger Vertreter der Ersten Wohnungsgenossenschaft Berlin Pankow e.G. dar. Allerdings: "Ohne eigene Courage geht nichts." Und das gilt für alle.

Genau in diesem Sinn möchten das MieterEcho und die Berliner MieterGemeinschaft Unterstützung leisten.

Diese Ausgabe des MieterEchos ist die siebte in diesem Jahr und sie kommt gerade recht, um allen Mitgliedern und allen Leserinnen und Lesern frohe Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr zu wünschen.

Ihr MieterEcho