Mieterecho - Zeitung der Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Nr. 300   Oktober 2003

Warum brauchen Bewerber die Dienstleistungen der Brain Consulting?

Das Duo Pniower und Hüttemann hat wieder etwas Neues

Andrea Schaub

Im MieterEcho Nr. 298 wurde über die Machenschaften von Pniower und Co. mit ihrer Firma Conmatis berichtet. Da die dort beschriebene Masche anscheinend nicht mehr zieht, mussten die beiden etwas Neues finden, um Arbeitslosen das Geld aus der Tasche zu ziehen und selbst gut zu verdienen.

Die frühere Anschrift Kurfürstendamm 138, 10711 Berlin ist inzwischen passé. Inzwischen sitzen sie am Hardenbergplatz 2. Ihre Firma Conmatis nennt sich jetzt Brain GmbH, ist aber weiterhin unter HRB 56794 im Handelsregister eingetragen. Eine weitere Bezeichnung dieser Firma ist "Brain Consulting", in Zeitungsanzeigen tritt sie mitunter auch als "Brain Consult" auf. Anzeigen werden von dieser Firma reichlich aufgegeben. Eine häufig erscheinende Stellenanzeige in der Berliner Morgenpost lautet:

"Private Arbeitsvermittlung sucht Kundenberater. Wir bieten feste Termine sowie 2000 Euro monatlich. Branchenfremde werden kostenfrei eingearbeitet. Nur schriftliche Bewerbungen: Brain Consulting, Hardenbergplatz 2, 5. OG., 10623 Berlin."

In einem zweiten Typ von Anzeigen werden "im Kundenauftrag" die verschiedensten Stellen angeboten, für die Bewerbungsunterlagen jeweils bei der Firma Conmatis, Brain GmbH bzw. Brain Consulting usw. einzureichen sind. Außerdem werden Stellenangebote "im Kundenauftrag" auch in die SIS-Datei des Arbeitsamtes eingespeist.

Arbeitsvertrag wird in Aussicht gestellt

Interessenten, die sich als KundenberaterInnen bewerben und von Herrn Hüttemann zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, bekommen bei einem "Schulungstermin" genau das zu hören, was sie auch im Internet unter www.conmatis.de lesen können. Nach der Kurzeinweisung erhalten alle Anwesenden (ca. fünf Personen nehmen jeweils teil) zwei Originalbewerbungen von denen, die sich auf die im Kundenauftrag ausgeschriebenen Stellen beworben haben. An Hand dieser Bewerbungen wird nun zunächst eine Bewerbungsanalyse durchgeführt.

Anschließend werden aus dieser Schulungsgruppe zwei besonders geeignete KundenberaterInnen ausgesucht (in den nächsten Tagen erscheinen allerdings auch die anderen): Ein Arbeitsvertrag wird in Aussicht gestellt, soll aber erst dann abgeschlossen und unterzeichnet werden, wenn eine Schufa-Auskunft und ein polizeiliches Führungszeugnis vorliegen. Aber das Reizvolle ist: man kann ja schon einmal anfangen zu arbeiten. Am ersten Arbeitstag erfolgt dann noch einmal eine Einführung durch Herrn Hüttemann. Alle neuen KundenberaterInnen erhalten schriftliche Anweisungen und Hinweise, wie den Arbeitssuchenden einsichtig gemacht werden soll, dass nur ein Auftrag zur professionellen Erstellung einer Bewerbungsmappe durch die Brain GmbH zum angepeilten Ziel führt: die Stelle zu bekommen, für die sie sich aufgrund der Anzeigen in den Tageszeitungen oder im SIS des Arbeitsamts "im Kundenauftrag" bei der Brain Consulting beworben haben.

"Ihre Unterlagen hätten sowieso keine Erfolgschancen"

Die Aufträge gibt es in drei Varianten, allerdings soll nur die Standardvariante zu 280 Euro angeboten werden. Für diesen Preis bekommt die Arbeitssuchenden, also die KundInnen, eine "professionell" erstellte Bewerbungsmappe mit "schön formuliertem" Anschreiben und eine Diskette mit den bei Brain gescannten Originalunterlagen (Deckblatt mit Lichtbild, Lebenslauf, Zeugnisse und Zertifikate). Außerdem erhalten die BewerberInnen die Zusicherung, dass man sich für sie selbstverständlich auch persönlich Zeit nimmt, wenn sie einen Vorstellungstermin bekommen und zusätzlich werden 30 Initiativbewerbungen per E-Mail an die Top-30-Unternehmen der jeweiligen Branche versandt. Die BewerberInnen müssen dann nur noch die Unterlagen überprüfen, den Auftrag unterschreiben und an Brain Consult zurückschicken - und schon läuft die Sache.

Nach dieser Erläuterung erhalten die frischgebackenen KundenberaterInnen fünf Unterlagen von KundInnen ausgehändigt, mit denen bereits telefonisch ein Termin vereinbart wurde. Die KundInnen werden generell zu Hause aufgesucht. Nun müssen die BeraterInnen zeigen, was sie gelernt haben. Die ursprünglichen Bewerbungsunterlagen sind den KundInnen so schlecht darzustellen, dass sie sich nach kurzer Zeit und mit zunehmenden Druck durch die KundenberaterInnen (Tenor: "Sie wollen doch diesen Job, oder nicht? Die von uns erstellten Unterlagen werden weitergegeben. Das ist eine besondere Empfehlung. Wir haben einen ausgezeichneten Ruf, weil wir die Besten sind! Ihre Unterlagen hätten sowieso keine Erfolgschancen.") entschließen sollen den Auftrag zu unterschreiben. Merken die KundenberaterInnen, dass die KundInnen nicht "anspringen", können sie anbieten, die 280 Euro in zwei Raten oder erst in vier Wochen einziehen zu lassen. Wenn auch das nicht zum Erfolg führt, ist kurzer Prozess angesagt. Es wird ein Protokoll angefertigt (Name, Anschrift, Telefon, Dauer der Beratung, Grund der Ablehnung, Datum und Unterschrift von KundenberaterIn und KundIn). Die Bewerbungsunterlagen sollen dann bei den KundInnen verbleiben mit dem Hinweis, der Auftrag müsse sofort erteilt werden, die Zeit dränge, lange überlegen könne man bei so einem Angebot nicht und ansonsten wäre dieser Job dann ohnehin weg.

Dem Erfolgsdruck wird nicht entsprochen

Bei der Besprechung am nächsten Morgen landen diese Protokolle im großen Trog und können, da kein Hinweis auf das Stellenangebot oder den Auftraggeber angebracht wurde, später nicht mehr zugeordnet werden. Die ,Auswahl‘ der Bewerbungen zeigt deutlich, dass sich niemand die Mühe macht, wirklich zu prüfen, ob die arbeitssuchenden KundInnen geeignet sind. Viele von ihnen sind bereits sehr lange arbeitslos oder haben - trotz Weiterbildung durch das Arbeitsamt - noch nie in dem betreffenden Beruf gearbeitet.

Es ist natürlich zu bezweifeln, dass überhaupt irgendwelche AuftraggeberInnen existieren, an die die Unterlagen weitergeleitet werden. Wahrscheinlich nicht, denn jegliche Nachfragen von den KundenberaterInnen bezüglich der Stellen und der Unternehmen, die sie ausgeschrieben haben sollen, werden von Herrn Hüttemann sofort abgeblockt: "Das hat Sie nicht zu interessieren, Sie sollen Aufträge bringen."

Werden nicht sofort ausreichend Aufträge geschrieben, wird den KundenberaterInnen gesagt, sie sollten härter rangehen. O-Ton: "Die müssen merken, dass sie nur diese eine Chance haben." Für BewerberInnen, die nach 14 Tagen bis drei Wochen noch immer nicht Herrn Hüttemanns Vorstellungen entsprechen, wird der Ton unangenehmer, so dass sie deswegen nach kurzer Zeit aufgeben. Einige andere tun es auch, weil sie das Konzept durchschauen.

Unklar bleibt während der ganzen Zeit der Status der KundenberaterInnen. Es sollen offenbar keine Festanstellungen erfolgen, denn dann müssten Sozialabgaben gezahlt werden. Es ist zu vermuten, dass möglichst viele der kurzfristig dort eingesetzten BeraterInnen möglichst viele Aufträge schreiben sollen und dann - ohne Vertrag und Bezahlung - wieder verschwinden.