Mieterecho - Zeitung der Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Nr. 300   Oktober 2003

Notsituationen gewinnträchtig ausnutzen

Mit Erwerbslosen wird immer noch versucht Geld zu verdienen

Joachim Oellerich

Als sich in den späten 1980er Jahren in Westberlin regelmäßig bereits an den Samstagabenden lange Schlangen Wohnungssuchender an den Straßenverkaufsstellen der Sonntag-Morgenpost wegen der Immobilienanzeigen bildeten, war die Zeit günstig für Wohnungsvermittlungskriminalität.

Inzwischen, so wird immer wieder von den Vermieterverbänden vorgetragen, habe sich der Markt entspannt. Doch das Geschäft mit der Wohnungssuche ist damit noch lange nicht aus der Welt. Die Vian GmbH hat für den Zugriff zu einer durch Lockangebote aufgepeppten Datenbank mit wertlosen Wohnungsangeboten solange 185 Euro kassiert, bis dem Treiben gerichtlich ein Riegel vorgeschoben wurde. In einem ersten, von Rechtsanwalt Henrik Solf geführten Prozess ist die Firma jetzt zur Rückzahlung der Einnahmen verurteilt worden (siehe Beitrag auf S. 23, die Red.).

Vermittlung virtueller Arbeit

Doch wesentlich lukrativer als die Vermittlung von virtuellen Wohnungen ist z. Zt. die Vermittlung von nicht vorhandenen Arbeitsplätzen - ein Geschäft, das mit der Wohnungssuche kombiniert, von Frau Pniower und Herrn Hüttemann jahrlang erfolgreich unter der Firma TECO betrieben worden ist. Inzwischen ist der insbesondere durch das MieterEcho bewirkte Druck so groß geworden, dass sie es aufgegeben mussten und jetzt endlich auch in einem ersten Amtsgerichtsprozess, den Rechtsanwalt Christoph Becker geführt hat, zur Rückzahlung der Gebühren verurteilt wurden.

Ihrem Nachfolger, Herrn Poppe, wird hoffentlich ein gleiches Schicksal widerfahren, doch damit ist Problem längst nicht gelöst. Frau Pniower und Herr Hüttemann sind weiter umtriebig, wie eine Betroffene berichtet. Kein Wunder, denn solange Notlagen vorhanden sind, gelingt solchen wie Hüttemann oder Pniower die eigene Bereicherung.

Unterstützt werden sie durch die bis zur Kooperationsbereitschaft reichende Teilnahmslosigkeit der Ämter (Arbeitsamt und Finanzamt) sowie die unglaubliche Passivität der Staatsanwaltschaft.

Seit 2001 wird staatsanwaltschaftlich gegen Frau Pniower ermittelt, was auch immer das heißen mag. Dem verantwortlichen Oberstaatsanwalt Roman Reusch ist seit dem 15.08.2002 bekannt, dass sich in der Berliner MieterGemeinschaft Informationen häufen und sich Betroffene regelmäßig treffen. Alle Hinweise werden mit lapidaren Zweizeilern des Inhalt, dass die Ermittlungen schwierig seien oder man aus ermittlungstaktischen Gründen keine Auskunft geben könne, beantwortet. Interesse an dem angesammelten, teilweise sogar aus der Innensicht stammenden Material wurde bisher noch nicht bekundet. Obgleich bei der Firma mehrere tausend Stellungssuchende um Gebühren oder Kautionen geprellt wurden, hat es den Anschein, als würde es dem Oberstaatsanwalt Reusch demnächst gelingen, das Verfahren einzustellen.

Das Arbeitsamt hingegen kennt überhaupt keine Skrupel. Bewerbungen zur beliebigen Verwertung gehen der neuen Firma des Erfolgsteams Pniower/Hüttemann massenhaft zu, dank der Einspeisung ihrer "Kundenaufträge" in die SIS-Datenbank und der Verpflichtung der Arbeitslosen, sich permanent auf jeden Schrott zu bewerben.

Wen wundert's, dass das MieterEcho, mehr oder weniger zufällig mit diesen Geschehnissen in Berührung geraten, immer wieder angesprochen wird. Der daraus erwachsenden Verantwortung können wir uns schwerlich entziehen, deshalb haben wir bereits wiederholt berichtet und werden auch weiterhin - zumindest mit Auskünften - zur Verfügung stehen.