Mieterecho - Zeitung der Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Nr. 300   Oktober 2003

Warum eigentlich nicht?

Eine Mietererhöhung bei der Märkischen Scholle und ihre Folgen

Redaktion MieterEcho

Zehn gute Gründe für die Mitgliedschaft weiß die Märkische Scholle eG Wohnungsunternehmen - nicht zu verwechseln mit der Märkischen Baugenossenschaft - auf ihrer Webseite für "Anders Wohnen in Genossenschaften" anzuführen. Von Demokratie und lebenslangem Wohnrecht ist die Rede, von niedrigen Mieten und picobello Reparaturleistungen, von Überschüssen, die allen zugute kommen, und von sozialen Leistungen noch und nöcher. Hier lebt sich’s fein und sicher und fern ab aller marktwirtschaftlicher Bedrohung.

Die Betriebswirtschaft hat hier keine Heimstatt in diesem Paradies des sozialen Miteinanders, meint der ahnungslose Wohnungssuchende angesichts der Verheißungen.

Schön wär's.

"Genossenschaftliches Wohnen bedeutet nicht ein Wohnen ohne Mieterhöhung. Wie jedes andere Unternehmen müssen auch Genossenschaften nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten handeln", erklärt der Vorstand einer Genossin, die etwas von diesem Geiste einfordert, als sie wieder einmal eine ganz profane Mieterhöhung im Briefkasten findet. Die Antwort hätte auch jede Geschäftsführung irgendeines x-beliebigen Wohnungsbauunternehmens geben können. Dazu braucht man keine Genossenschaft.

Gänzlich unbeantwortet bleibt zudem, warum die Wohnungsbaugenossenschaften den Genossenschaftsgedanken immer nur als Werbeslogan missbrauchen müssen, warum nicht die Märkische Scholle oder irgendeine Genossenschaft wirklich auf die fundamentalen Wünsche ihrer Mitglieder einzugehen in der Lage ist.

Nichts anderes wird hier angemahnt.

Redaktion MieterEcho

An: Märkische Scholle Vorstand

Sehr geehrte Frau Stach,

sehr geehrter Herr Hauke,

wenngleich Ihre Mieterhöhungsforderung allen formalen Kriterien entspricht, möchte ich Sie trotzdem auf die Unmoral ihres Tuns aufmerksam machen.

Bitte bedenken Sie, dass neue Situationen auch neue Mittel erforderlich machen.

Mit freundlichem Gruß

Eva Holl*

Sehr geehrte Frau Holl,

genossenschaftliches Wohnen bedeutet nicht ein Wohnen ohne Mieterhöhung. Wie jedes andere Unternehmen müssen auch Genossenschaften nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten handeln.

Mehreinnahmen fließen immer in die Verbesserung unseres Wohnungsbestands ein. Hinzu kommt, dass allgemeine Kostensteigerungen aufzufangen sind. Das Wichtigste ist aber für uns die Bestandserhaltung für die zukünftigen Generationen.

Unsere Mieterhöhungen mit den festgesetzten Grenzen bis maximal zum Mittelwert und höchstens 5% ist unserer Ansicht nach angemessen und sozial verträglich. Im Vergleich zum freien Wohnungsmarkt sind unsere Mieten noch als gering zu bezeichnen.

Es ist richtig, dass die Mittelwerte des Berliner Mietspiegels 2003 für die Wohnungen der Baualtersklasse 1965-72 und einfache Wohnlage gesunken sind. Sie hatten den Mittelwert bisher nicht erreicht, während Ihre Nachbarn aber schon längere Zeit diese Miete zahlen.

Übrigens finden wir es nicht zynisch, auf das Wohngeld zu verweisen. Wir kennen Ihre Einkommensverhältnisse nicht und unser Hinweis sollte nur auf die Möglichkeit hinweisen. Eine individuelle Miete für die einzelnen Genossenschaftsmitglieder können wir nun nicht gewähren.

Wir sehen auch keine Doppelmoral, wenn wir den Mietern zumuten, den Lärm wegen Bauarbeiten zu ertragen, wenn dafür Ihr Haus, Ihre Siedlung schöner gestaltet oder modernisiert wird.

Wir sind uns durchaus als Vorstandsmitglieder unserer Aufgabe und unserer Verpflichtung gemäß Genossenschaftssatzung bewusst. Die demokratische Struktur sorgt auch dafür, dass wir mit der Basis verbunden bleiben und dies geschieht nicht nur bei den Vertreterwahlen.

Mit freundlichen Grüßen

Stach Hauke

*) Name von der Redaktion geändert.