Mieterecho - Zeitung der Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Nr. 298   Juli 2003

Recht und Rechtsprechung

Vereinbaren die Mietvertragsparteien die jährliche Begrenzung einer möglichen Mieterhöhung nach den §§ 2 und 3 MHG (nunmehr §§ 558 und 559 BGB), dann kann der Vermieter die in der Vergangenheit unterbliebenen Mieterhöhungen nicht in der Weise nachholen, dass er in einer Mieterhöhung die bisher nicht geltend gemachten Erhöhungsbeträge zusammenfasst.
Amtsgericht Tiergarten, Urteil vom 09.10.2002 - 9 a C 170/02

Die Mieter hatten im Jahre 1994 eine mit öffentlichen Mitteln modernisierte Wohnung gemietet. Im Anhang zum Mietvertrag war ausdrücklich vereinbart, dass die Möglichkeit zur Erhöhung des Mietzinses gemäß § 2 MHG bestehen bleiben soll. Darüber hinaus war vereinbart, dass die Mieterhöhungen innerhalb von zehn Jahren nach Abschluss des Mietvertrags jährlich höchstens 0,25 DM/qm betragen dürfen.

Der Vermieter machte über einen längeren Zeitraum keine Mieterhöhungen geltend. Nunmehr verlangte er die Zustimmung zu einer (nach dem Mietspiegel gerechtfertigten) höheren Miete. Die Mieter vertraten die Auffassung, dass die Mieterhöhung den Betrag von 0,25 DM/qm nicht übersteigen dürfe. Der Vermieter vertrat die Ansicht, er habe in der Vergangenheit auf die Erhöhungsmöglichkeiten verzichtet, so dass die Mieter nicht benachteiligt würden, wenn er die bereits in den vergangenen Jahren mögliche - aber bislang nicht geltend gemachte - Mieterhöhung nunmehr in einem Schritt nachhole.

Das Amtsgericht hat die Klage des Vermieters (insoweit) abgewiesen. Es wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass der Vermieter auf Grund der vertraglichen Vereinbarung die Zustimmung zu einer über 0,25 DM/qm hinausgehenden Mieterhöhung nicht verlangen könne. Nach dem Wortlaut dieser Vereinbarung solle (im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten gemäß § 2 MHG) für den Vermieter "jeweils jährlich" die dort genannte beschränkte Mieterhöhungsmöglichkeit bestehen. Der Wortlaut der Formulierung war nach Ansicht des Gerichts eindeutig und ließ kein anderes als das von den Mietern dargelegte Verständnis zu. Durch die ausdrückliche Vereinbarung einer "jeweiligen" jährlichen Erhöhungsmöglichkeit sei klargestellt, dass dem Vermieter zwar grundsätzlich eine jährliche Erhöhungsmöglichkeit zustehen solle, diese dann aber auch in dem jeweiligen Jahr wahrgenommen werden müsse.

Das Gericht gelangte bei der Auslegung der Vereinbarung zu dem Ergebnis, dass der Sinn und Zweck unter anderem auch darin liege, den Mieter vor einer sprunghaften erheblichen Mieterhöhung zu schützen. Dieser Zweck würde vereitelt, wenn der Vermieter mehrere jährliche Erhöhungsmöglichkeiten aufsammeln und dann in einer einheitlichen Erklärung geltend machen könnte.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Hans-Christoph Friedmann