Mieterecho - Zeitung der Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Nr. 298   Juli 2003

Die neue Ich-AG: Private Arbeitsvermittlung

Barbara Pniower und Co. wieder auf Arbeitslosenfang

F. Nuldari

Die Akteure der "TECO" bzw. "Kolja Poppe" gehen jetzt auch unter dem Firmennamen "Conmatis" auf Arbeitslosenfang. Barbara Pniower, bekannt als Geschäftsführerin der "TECO Immobilien GmbH", ist auch geschäftsführende Gesellschafterin der "Conmatis Immobilien GmbH". Der zweite Conmatis-Geschäftsführer Wolfgang Hüttemann stellte sich bei "TECO" gerne als "Assistent der Geschäftsleitung" vor.

Ihre neue Anzeige im Stellenmarkt der BZ lautet:
"2.500 Euro vom Staat für die Vermittlung eines Arbeitslosen. Umschulung zum privaten Arbeitsvermittler. Gratisinfo bestellen bei: Conmatis Institut, Kurfürstendamm 138, 10711 Berlin, (030) 89 54 39 79"
(BZ 14.04.2003)

580 Euro für ein eintägiges Seminar

Diese Umschulung zum privaten Arbeitsvermittler besteht aus einem eintägigen Seminar. Die Seminar-"Gebühr" von 580 Euro ist laut Anmeldebogen "zahlbar in bar bei Seminarbeginn". Wenn der Seminarteilnehmer einen Arbeitslosen mit Vermittlungsgutschein erfolgreich in einen Job vermittelt, bekommt er laut Seminaranmeldung die 580 Euro zurück und 50% der Vermittlungs-Provision.

Die Seminaranmeldung verspricht den Teilnehmern zwanzig Adressen von Arbeit Suchenden. Geeignete Jobangebote werden hingegen nur mündlich versprochen. Wer auf die Internetseiten von Conmatis geht, findet eine passwortgeschützte Jobbörse. Ob sich dahinter tatsächlich Jobangebote verbergen, bleibt wohl Betriebsgeheimnis. Den Interessenten wird dazu Unterschiedliches erzählt. Einmal hieß es, Conmatis habe einen eigenen Außendienst, der Arbeitgeberkontakte pflege und ständig neue Stellenangebote beschaffe. Ein anderes Mal wurde erzählt, Conmatis habe "Super-Verbindungen" zu Berliner und Brandenburger Arbeitgebern und zu einigen Großunternehmen. Daraus sei inzwischen ein ordentlicher Stellenpool gewachsen. Es gehe jetzt nur noch darum die geeigneten Bewerber für diese Stellen zu finden und das sei die Aufgabe der zukünftigen Seminarteilnehmer.

Leider ist zu befürchten, dass es wieder nur darum geht, Arbeitslose um jeweils 580 Euro Seminargebühr zu erleichtern. Möglicherweise stammen die Stellenangebote der "Conmatis" genauso aus alten Zeitungen wie die Wohnungsangebote der "TECO". Dann müssten die unbedarften Arbeitsvermittler auf eigene Kosten Arbeitgeber anrufen, die ihre Stellen längst besetzt haben. Oder haben sich Barbara Pniower und ihre KollegInnen etwas Neues ausgedacht, das unsere Fantasie übersteigt? Es soll z.B. Baufirmen geben, die regelmäßig Arbeitslose einstellen. Diese müssen unter unmenschlichem Druck im Akkord arbeiten bis sie quasi krank werden. Die Kranken werden entlassen, dann wird der nächste Arbeitslose geschunden.

Die Conmatis nutzt den Vermittlungsgutschein und die Ich-AG. Können diese Gesetze missbraucht werden? "Ja", meinte dazu Olaf Möller, neuer Pressesprecher des hiesigen Landesarbeitsamts, es gäbe "natürlich immer Mitnahme-Effekte". In diesem Sinn bat er darum über Conmatis auf dem Laufenden gehalten zu werden. So könnte verhindert werden, dass Firmen, gegen deren Geschäftsführer bereits staatsanwaltlich ermittelt wird, zukünftig vom Arbeitsamt finanziert werden.

"Arbeitslose tun fast alles um wieder in Arbeit zu kommen", erzählte Marion Drögsler, Vorsitzende des Arbeitslosenverbands Deutschland, letztes Jahr auf einer Veranstaltung zu den Hartz-Vorschlägen. Der Druck auf Erwerbslose wurde nicht nur durch die Hartz-Papiere erhöht. Auch Florian Gerster, neuer Chef der Bundesanstalt für Arbeit erhöhte durch seinen Verzicht auf einen Bundeszuschuss indirekt den Druck auf Erwerbslose. Die Bundesanstalt muss dieses Jahr 2,83 Mrd. Euro einsparen. Dieses Sparziel kann erreicht werden, so rechnete ein Mitarbeiter des Arbeitsamts aus, wenn jeder Arbeitslose mit einem siebenwöchigen Leistungsentzug für irgendein Fehlverhalten abgestraft wird.

Wenn schlechte Politik zu miesen Ergebnissen führt, scheinen Politiker in dem Glauben "Viel hilft viel" ihre Fehlentscheidungen zu verdoppeln. Ihre bevorzugten Versuchskaninchen sind dabei die, die sich am wenigsten wehren wie z.B. Arbeitslose. Statt Ressourcen wie Zeit, Geld und Arbeit einfach mal fair zu verteilen, werben sie mit neudeutsch tönenden Namen für gemeine Nutzlosigkeiten als neuestem Schrei der Arbeitsmarktpolitik. Einer dieser Politiker-Schreie war 2002 die Einführung des "Job AQTIV"-Gesetzes mitsamt der Einführung von Gutscheinen für private Arbeitsvermittler. Es verhinderte nicht die Entlassungen durch unternehmerische Fehlentscheidungen und falsche Investitionsförderung. Es schaffte auch keine richtigen Stellen und doch gibt es Leute, die daran verdienen.

Der Vermittlungsgutschein:

Der ehemalige Arbeitsminister Walter Riester führte den Vermittlungsgutschein zum 27.03.2002 als Teil des "Job AQTIV"-Gesetzes ein. Wer seit mindestens drei Monaten Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe bezieht oder in einer Maßnahme (ABM, SAM) arbeitet, kann vom Arbeitsamt einen Vermittlungsgutschein anfordern. Damit kann für drei Monate eine private Arbeitsvermittlung beauftragt werden. Diese bekommt vom Arbeitsamt eine Provision, wenn sie für wenigstens drei Monate eine sozialversicherungspflichtige Stelle mit mindestens 15 Wochenarbeitsstunden beschafft hat. Die ersten 1000 Euro Provision fließen nach der Einstellung, der Rest wird fällig, wenn der Job sechs Monate überdauert.
Die Vermittlungsprovision des Arbeitsamts beträgt 1500 Euro, wenn der Vermittelte länger als 6 Monate arbeitslos war, 2000 Euro, wenn der Vermittelte 6-9 Monate arbeitslos war, und 2500 Euro, wenn der Vermittelte länger als 9 Monate arbeitslos war.

Infos für Geschädigte bei der Berliner MieterGemeinschaft unter Tel.: 215 90 62