Mieterecho - Zeitung der Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Nr. 298   Juli 2003

"Schreim'se"

oder der Geruch des Betrugs

Joachim Oellerich

Wenn eine Firma "Menschen, die gerne gepflegte Wohnungen besichtigen" sucht und über tausend Bewerber/innen im Jahr zusichert, dass mit Hilfe des von ihr gelieferten Materials von jedem mindestens drei, eher aber bis zu zehn und mehr Wohnungen im Monat vermittelbar seien, d.h. locker insgesamt ca. 50.000 Abschlüsse jährlich anfielen, sich von den Bewerber/innen eine Kaution von 590 Euro aushändigen lässt, die bei der ersten erfolgreichen Maklertätigkeit zurückgezahlt werden soll, es sich aber herausstellt, dass die tausend Beschäftigten zusammen allenfalls durch Zufall eine Hand voll Vermittlungen zu Stande bringen, dann so meint man, könne das ein Fall für die Staatsanwaltschaft sein.

Wenn dann auch prompt ca. 50 Geschädigte Anzeige bei der Kriminalpolizei erstatten, liegt der Verdacht nahe, die Staatsanwaltschaft würde engagiert ermitteln. Wenn solche Erwartungen gehegt werden, kennt man die Verhältnisse in Berlin nicht, hat von der Staatsanwaltschaft keine Ahnung und ist insbesondere dem Oberstaatsanwalt Roman Reusch noch nicht begegnet.

Nachdem sich zahlreiche TECO-Opfer in der Redaktion gemeldet hatten, nahm das MieterEcho am 15.08.2002 Verbindung mit der Kriminalpolizei auf und erfuhr Aktenzeichen und Telefonnummer der zuständigen Stelle bei der Staatsanwaltschaft. Ein Anruf dort schien auf Interesse zu stoßen. Ja, man habe die aus 2001 stammende Akte gerade am Vormittag auf den Schreibtisch des Oberstaatsanwalts Reusch gelegt und würde gerne sofort verbinden. Die Kontaktaufnahme mit Herrn Reusch wurde zum Erlebnis. Barsch beschied er: Gegen Firmen ermittle man nicht, nur gegen Personen, im Übrigen seien tausende von Fällen zu bearbeiten und schließlich gab er die Empfehlung: "Schreim'se".

Kafka war promovierter Jurist und beschrieb sachkundig die ärmelschonerbewehrte Selbstherrlichkeit bürokratischer Institutionen und ihrer Repräsentanten. Die Staatsanwaltschaft in Berlin lässt seinen "Prozess" zum konkret-sinnlichen Erlebnis werden.

Am 30.09.2002, sechs Wochen bzw. weitere 140 TECO-Opfer später, wurden der Staatsanwaltschaft schriftlich Zeugen und sich bei der Berliner MieterGemeinschaft anhäufendes Material angeboten. Bis zum 30.10. 2002, also zehn Wochen bzw. weitere 230 TECO-Opfer nach dem ersten Kontakt - kam keine Antwort. Eine zweite, noch ausführlichere Darstellung folgte daher notwendigerweise. Am 05.11. 2003 ging - es schien ein Wunder - eine Antwort ein, in der durch "Mittelbach Staatsanwalt" "zuständigkeitshalber" angekündigt wurde: "Ich werde mich alsbald mit Ihnen telefonisch in Verbindung setzen."

Diese telefonische Verbindung erfolgte nie.

Am 27.01.2003 ein neuer Versuch: In dem Schreiben heißt es schon fast resigniert: "Also, meine ursprüngliche Frage nach Sinn, Zweck und Ziel der Ermittlung sowie den Möglichkeiten der Unterstützung durch die noch immer regelmäßig bzw. sogar verstärkt Nachfragenden habe ich nun nachdem

so ziemlich vergessen."

Dafür galt die Frage der dem Herrn Reusch vorgesetzten Dienststelle.

Die Antwort kam am 18.02.2003 von Frau Slota, Staatsanwältin: "Die Ermittlungen gestalteten sich als recht umfangreich, so dass zur Zeit noch nicht gesagt werden kann, wann mit dem Abschluss des Verfahrens gerechnet werden kann."

Eine weitere noch umfangreichere Darlegung von Material, Zeugenaussagen und die erneute Anfrage nach der dem Herrn Reusch vorgesetzten Behörde erbrachte schließlich den lapidaren Hinweis auf die Generalstaatsanwaltschaft.

Inzwischen sind Dank der Arbeit der Geschädigteninitiative und der Aufklärung durch die Medien die Geschäfte in der Keithstraße 14 nachhaltig gestört. Die Staatsanwaltschaft "ermittelt" noch immer. Die dicken Akten sind gefüllt mit den zahlreichen Anzeigen der Geschädigten und den gesammelten Schreiben der Redaktion des MieterEchos und Frau Slota meint überrascht: "Das riecht nach Betrug."