MieterEcho
Nr. 297   Mai 2003

Mietrechtliche Tipps von A bis Z
Von Bürgschaft bis Eigentumswohnung


Das Stichwortverzeichnis "Mietrechtliche Tipps und Infos von A bis Z", welches auf der Homepage der Berliner MieterGemeinschaft www.bmgev.de nachzulesen ist, wird zur Zeit überarbeitet und ergänzt. Das MieterEcho wird dieses Verzeichnis mit Ausnahme der in den Infoschriften erfassten Stichwörter abschnittsweise veröffentlichen. Ergänzungen, Verbesserungen und Anregungen nehmen wir dankend entgegen.

B
Bürgschaft


Durch eine Bürgschaft verpflichtet sich der Bürge gem. § 765 BGB gegenüber dem Gläubiger, für die Verbindlichkeiten eines anderen einzustehen. Bei der Mietbürgschaft übernimmt beispielsweise ein Dritter die Haftung für die Mietschulden des Mieters/der Mieterin und ggf. für Ersatzansprüche des Vermieters aus dem Mietverhältnis (z.B. wegen nicht vorgenommener Schönheitsreparaturen). Die Bürgschaft ist nur wirksam, wenn sie schriftlich erteilt wurde, d.h. wenn das Schriftstück dem Erklärungsempfänger (in unserem Fall der Vermieter) vom Bürgen übergeben wurde.
Es ist zwischen einer Ausfallbürgschaft (Regelfall) und einer selbstschuldnerischen Bürgschaft (muss gesondert vereinbart werden) zu unterscheiden. Bei der Ausfallbürgschaft haftet der Bürge subsidiär, d.h. der Gläubiger muss sich erst an den Hauptschuldner halten (in unserem Fall an den Mieter/die Mieterin) und kann erst nach erfolgloser Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner an den Bürgen herantreten. Bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft kann der Gläubiger ohne weiteres gegen den Bürgen vorgehen und muss nicht erst versuchen, die Forderung beim Hauptschuldner einzutreiben. Der Umfang der Bürgschaft erstreckt sich regelmäßig auch auf die Kosten der Rechtsverfolgung (d.h. auf die Gerichts- und Anwaltskosten und die Kosten der Zwangsvollstreckung).
Tipp: Die Übernahme eine Bürgschaft ist keine "Formalität", sondern kann dazu führen, dass der Bürge auf der Forderung nebst Kosten für die Rechtsverfolgung sitzen bleibt, wenn der Hauptschuldner (bei der Mietbürgschaft: der Mieter/die Mieterin) nicht zahlen kann. Die Beträge können sich gerade bei der Mietbürgschaft sehr schnell summieren. Da es auf ein Verschulden des Hauptschuldners nicht ankommt, nützt es auch nichts, wenn dieser bei Abgabe der Bürgschaftserklärung besonders nett oder zuverlässig erscheint. Ausschlaggebend ist allein die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und die kann durch Verlust des Arbeitsplatzes oder durch sonstige Umstände schnell eintreten. Aus diesem Grunde sollte sich jede(r) genauestens überlegen ob und für wen er/ sie eine (Miet-) Bürgschaft übernimmt.

D
Dachgeschosswohnung


Vor einigen Jahren boomte der Dachgeschossausbau in Berlin. Grund dafür waren nicht nur die besonderen Förderungen, sondern vor allem ein häufig praktiziertes Programm der Immobilienverwertung. Altbauten wurden von einem Initiatorenkreis gekauft und zusammen mit der Verpflichtung zur Modernisierung und zum Ausbau der Dachgeschosse an einen Anlegerkreis, der in einem sog. "Geschlossenen Immobilienfond" zusammengefasst war, weiterverkauft. Die Anleger, Angehörige der höheren Steuerklassen, profitierten von Steuerabschreibungen. Sie brauchten Verlust-zuweisungen und Ausgaben für den Dachgeschossausbau kamen dabei gerade recht. Die Wohnungen waren en vogue und dies ließ die Mieter/innen bzw. Käufer ihre enormen Mängel gerne übersehen. In der Regel werden sie im Sommer ungemein aufgeheizt, im Winter erweisen sie sich als nicht genügend isoliert und so versprechen sie mehr Wohnkomfort als sie wirklich bieten. Vor allem, wenn man bedenkt, dass viele von ihnen nicht durch einen Fahrstuhl zu erreichen sind.
Zur Erleichterung des Dachgeschossausbaus hat der Gesetzgeber in den "Maßnahmen zur Schaffung neuen Wohnraums" ein Teilkündigungsrecht für mietvertraglich garantierte Dachbodennutzungen verankert. Die Ausbauarbeiten sind fast immer mit großen Belästigungen für die Mieter/innen verbunden. Nicht selten werden die darunter liegenden Wohnungen durch den Umbau unbewohnbar und auf diese Weise ein gewünschter Auszug der Mieter/innen erzwungen. Angemessene Mietminderungen als Ausgleich für die Beeinträchtigungen betragen in der Regel nicht unter 25% und können bis zu 60% erreichen. Auch nach erfolgtem Dachgeschossausbau können die Folgen für die Mieter/innen problematisch sein: Nicht selten ist die Schallisolierung mangelhaft. Es bleibt dann zwar die Möglichkeit der Mietkürzung, aber auch der Ärger über die geräuschvollen "Obermieter". In den Beratungsstellen der Berliner MieterGemeinschaft kann man Rat und Unterstützung erhalten.

E
Eigenbedarf

Ein Vermieter kann den Mieter/innen ausnahmsweise den Wohnraum kündigen und das Mietverhältnis beenden, wenn er die Wohnung für sich selbst benötigt. Dies folgt aus der Formulierung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB: "Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn (...) der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt".
Allgemein wird dieser Kündigungsgrund als "Eigenbedarf" bezeichnet. Der Vermieter ist berechtigt, sich auf Eigenbedarf zu berufen, wenn er dafür vernünftige, nachvollziehbare Gründe vorweisen kann. Kein Kündigungsgrund ist gegeben, wenn der Vermieter nur den Willen hat in seinem Eigentum zu wohnen oder Familienangehörige dort wohnen zu lassen.
Wird in einem Kündigungsschreiben Eigenbedarf vorgebracht, ist das Gericht, falls es im Rahmen eines vom Vermieter angestrengten Räumungsprozesses angerufen wird, verpflichtet, alle Umstände dieses speziellen Einzelfalls umfassend zu würdigen. Das Gericht darf sich nicht bei der Prüfung nur auf die Tatsachen beschränken, die der Vermieter in seinem Kündigungsschreiben angegeben hat, sondern muss auch alle anderen Gründe, die sich aufzeigen, berücksichtigen. Wird im Rahmen eines Räumungsprozesses festgestellt, dass die gekündigte Wohnung für die Person, für die sie freigemacht werden soll, vollkommen ungeeignet ist (z.B. Wohnung im 3. Stock ohne Aufzug für dauernd Gehbehinderte), dann gibt es keine nachvollziehbaren vernünftigen Gründe, warum die bisherigen Mieter/innen aus der jetzigen Wohnung ausziehen sollen. Grundsätzlich ist bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs zunächst einmal auf die Interessenlage des Vermieters abzustellen, was sich schon aus seinem Eigentumsrecht heraus begründet. Der Vermieter ist berechtigt, immer dann zu kündigen, wenn er oder seine Familienangehörigen mit konkreten und billigenswerten Gründen die vermietete Wohnung beanspruchen.
Sollte sich jedoch herausstellen, dass die Eigenbedarfskündigung für die Betroffenen eine "besondere Härte" darstellt, so haben die Mieter/innen die Möglichkeit der Kündigung zu widersprechen. Will nicht der Vermieter selbst in seine Wohnung einziehen, sondern ein "Familienangehöriger" des Vermieters, so zählen zu den Familienangehörigen – juristisch gesehen – die Eltern des Vermieters, seine Kinder und auch seine Geschwister. Familienangehörige in diesem Sinne sind wohl auch solche Personen, denen gegenüber der Vermieter rechtlich oder moralisch zu einer Unterhaltsgewährung oder sonstiger Fürsorge verpflichtet ist. Ungeklärt ist in diesem Zusammenhang z. B. die Frage, ob beispielsweise Nichten oder Neffen auch zu den "Familienangehörigen" zu rechnen sind. Als Beispiel aus der Rechtsprechung ist die Entscheidung des OLG Oldenburg vom 16.12.1992 (NJW-RR 1993, 526) zu nennen: Nach Auffassung dieses Gerichts ist ein Schwager des Vermieters nicht als Familienangehöriger in diesem Sinne anzusehen. Es liefe dem vom Gesetzgeber gewollten Mieterschutz zuwider, könnte der Vermieter die Kündigung ohne weiteres zu Gunsten von Personen geltend machen, die nur weitläufig mit ihm verwandt oder verschwägert sind. Geschwister des Vermieters wird man noch zu den Familienangehörigen rechnen können, nicht aber die mit den Geschwistern verheirateten Personen und nicht die Geschwister des Ehegatten des Vermie-ters.
Ob anders zu entscheiden ist, wenn ein besonders enger Kontakt zu dem Vermieter besteht, aus dem sich dessen moralische Verpflichtung ergibt, dem Angehörigen Wohnraum zu gewähren, bleibt offen.
Stellt das Kündigungsverbot für den Vermieter eine nicht zu rechtfertigende Härte dar, so kann er sich doch auf Eigenbedarf berufen. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn der Vermieter einen erheblich dringenderen Wohnungsbedarf hat als die Mieter/innen. Denn auch diese sind im Falle nicht zu rechtfertigender Härte durch die Sozialklausel geschützt – siehe dazu § 574 BGB und unser Infoblatt "Kündigung – was nun?".

Eigentumswohnung

Die deutsche Rechtsordnung, wie sie seit 1900 im BGB festgeschrieben ist, bindet die Gebäude als wesentliche Bestandteile an die Grundstücke. An wesentlichen Bestandteilen kann kein gesondertes Eigentum begründet werden. Erst 1951 durchbrach das Wohneigentumsgesetz (WEG) diesen Grundsatz und schuf durch rechtssystematisch komplizierte Konstruktionen die Möglichkeit des Sondereigentums.
Auszug aus WEG § 1
"(2) Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.
(3) Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum zu dem es gehört. (...)
(5) Gemeinschaftliches Eigentum im Sinne dieses Gesetzes sind das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen eines Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen."
Das klingt nicht nur kompliziert, sondern ist es auch. Wenn man noch dazu bedenkt, dass sich auch das Wohneigentum als Sondereigentum im engeren Sinne im Prinzip nur auf die Zwischenwände und die Tapeten an den Wänden erstreckt und dass die Gesamtheit der Eigentümer über fast jede Veränderung entscheiden muss, fragt man sich leicht nach dem Sinn des Ganzen. Und die Frage gewinnt an Umfang, zieht man die sozialklimatischen Verhältnisse in den in Sondereigentum aufgeteilten Häusern ins Kalkül. Die Tatsache, dass nur für die aufgeteilten Häuser per Gesetz eine Hausordnung vorgeschrieben ist, gibt deutliche Hinweise. Doch eine Antwort ist nicht Sache der Mieter/innen. Die – und daran tun sie recht – interessiert nur das Verhältnis zu "ihren" Wohneigentümern, denen zwar die Wohnung gehört, die sie aber nicht selbst bewohnen. Von allen Wohnungseigentümern sind das mehr als die Hälfte.
Nur jeweils zwischen den Mieter/innen und den Wohnungseigentümern bestehen die mietrechtlichen Beziehungen. Sie richten sich ausschließlich nach Gesetz und Mietvertrag und unterscheiden sich in keiner Weise von denen in reinen Mietshäusern. Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft binden grundsätzlich nur die Eigentümer, sie haben keine unmittelbar zwingende Wirkung für die Mieter/innen. Insbesondere ersetzen solche Beschlüsse niemals eine ordnungsgemäße Abrechnung über die Betriebskosten. Andererseits können die Mieter/innen von dem Eigentümer verlangen, dass er notwendige Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft einfordert und gegebenenfalls auch gerichtlich einklagt. Dennoch sind diese Mietverhältnisse faktisch dadurch benachteiligt, dass die Mieter/innen wesentlich stärker durch Kündigung wegen Eigenbedarfs bedroht sind als die Mieter/innen in einem reinen Mietshaus. Man sollte daher überlegen, ob man eine solche Wohnung mietet. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, aus diesem Grund einen Mietnachlass in Erwägung zu bringen.

 

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