Mieterecho - Zeitung der Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Nr. 297   Mai 2003

Village-Haus

Solidarisches Zusammenleben im Alter für Lesben, Schwule und ihre Freundinnen und Freunde

Christian Hamm

Village e.V. hat sich im Frühjahr 2001 gegründet und ist ein Projekt für das Leben von Lesben, Schwulen und ihren Freundinnen und Freunden im Alter. Ziel unserer Initiative ist es, die Lebenssituation alter Lesben und Schwulen zu verbessern und die Sensibilisierung sowohl der Öffentlichkeit als auch der Betroffenen für dieses Thema zu fördern.

Viele Lesben und Schwule blicken auf einen anderen persönlichen Lebensentwurf zurück als weite Teile der heterosexuellen Bevölkerung. Die Mehrzahl hat ein anderes soziales Leben geführt, viele haben in der Regel keine Kinder und somit auch im Alter kaum Unterstützung durch die jüngere Generation. Die Vorstellung, irgendwann einmal auf einen Pflegeplatz in einem heterosexuell geprägten Pflege- oder Altersheim angewiesen zu sein, ist für viele Betroffene nur schwer erträglich. Denn Lesben und Schwule haben sich in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Freiheiten und Selbstverständlichkeiten erkämpft, auf die Frau/Mann nicht mehr verzichten kann. Niemand sollte gezwungen sein, diese Freiräume im Alter oder im Falle von Pflegebedürftigkeit auf Grund des sozialen Drucks aufgeben zu müssen. Als Ersatz fungiert bei einigen bislang oft die so genannte "Wahlfamilie".

Ein Projekt wie Village e.V. kann solche Probleme abfedern und zu neuen, angstfreien Lebensperspektiven im Alter beitragen.

Village e.V. setzt sich insbesondere für die Schaffung von Wohnraum für alte und pflegebedürftige Lesben und Schwule ein. Zu diesem Zweck wurde ein bislang für Berlin einmaliges Wohnprojekt konzipiert, das sich zur Zeit noch in einer frühen Planungsphase befindet.

Konzeption des Village-Hauses

Die Vorstellung vieler Lesben und Schwuler von Alters- und Pflegeheimen sind in der Regel eher negativ besetzt. Deshalb unternehmen wir den Versuch ein völlig neues Bild vom Wohnen und Leben im Alter oder in der Pflegebedürftigkeit zu entwickeln. Ein zentraler Aspekt des Wohnprojekts von Village wird die veränderte Kommunikation sowohl innerhalb des Hauses als auch im Kontakt nach außen sein.

Das offene Haus soll Möglichkeiten zum Rückzug in die Privatsphäre für jede/n einzelne/n BewohnerIn ermöglichen, aber auch Raum für den Kontakt mit anderen BewohnerInnen und Menschen bieten, die das Haus für verschiedene Aktivitäten nutzen.

Ein angegliedertes Gesundheitszentrum mit TherapeutInnen, ÄrztInnen, HeilpraktikerInnen, MasseurInnen u.a. soll nicht ausschließlich der medizinischen Versorgung der BewohnerInnen dienen, sondern auch der Bevölkerung des umliegenden Kiezes und der gesamten lesbischschwulen community zur Verfügung stehen.

Eine Kneipe und/oder Café, wenn möglich von den BewohnerInnen selbst verwaltet und geführt, soll einen weiteren Anlaufpunkt bilden, mit dem sich das Haus nach außen öffnet und langfristig für den besseren Kontakt der verschiedenen Generationen in der lesbischschwulen Szene sorgt.

Als Standort für das Wohnprojekt "Village" ist ein szenenaher Platz vorgesehen, der ältere Lesben und Schwule nicht isoliert, sondern in den lebendigen Alltag integriert. Der direkte Kontakt zur Szene soll zu einer neuen Form des Dialogs zwischen älteren und jüngeren Lesben und Schwulen beitragen und einer Isolation entgegenwirken.

Das Wohnprojekt wird für ca. 55 Menschen Lebens- und Wohnraum bieten, wobei 16 Pflegeplätze in Wohngemeinschaften vorgesehen sind. Für ca. 40 Lesben und Schwule sollen alters- und pflegegerechte Wohnungen, jeweils mit Wohn- und Schlafzimmer zur Verfügung stehen. Das Prinzip "Lebenslaufwohnen" soll ein Leben in "Village" über viele Jahre ermöglichen und die junge und ältere Generation zusammenführen. Ca. zehn Wohneinheiten stehen auch "Freundinnen und Freunden" der Bewohner und der lesbischschwulen Szene zur Verfügung, damit soll der sozialen Isolation Einhalt geboten werden. Die Grundrisse der Wohnungen und die Struktur des Hauses werden so flexibel gestaltet sein, dass neben Zweiraumwohnungen auch größere Wohneinheiten beispielsweise für Wohngemeinschaften zur Verfügung stehen. Damit kann individuell auf sich verändernde Lebensbedürfnisse eingegangen werden.

Der aktuelle Stand der Projektentwicklung

Der Verein Village e.V. wird nicht selbst Bauherr oder Träger des Wohnprojekts sein, vielmehr versteht sich Village e.V. als Förderer und Vermittler für ein solches Projekt. Wir stehen zur Zeit in Verhandlungen um ein Grundstück in der Winterfeldstraße, die bisher sehr Erfolg versprechend verlaufen. Auch führen wir Gespräch mit unterschiedlichen Investoren, die sich für die Umsetzung unseres Village-Hauses interessieren. Zur Zeit kämpfen wir jedoch mit dem wohl größten Problem: das Land Berlin ist sprichwörtlich pleite und hat sämtliche Förderungen für Bauprojekte, insbesondere Neubauprojekte eingestellt. Gleichzeitig ist auf dem Berliner Wohnungsmarkt durch die jahrzehntelange Förderpolitik eine Situation entstanden, die die Mietpreise für frei finanzierten Wohnungsbau in den Bereich des Utopischen rückt. Es wird bestimmt sehr spannend hierfür neue Lösungsansätze zu entwickeln.

Das Village-Haus soll für alle Einkommensgruppen ein Angebot darstellen und niemand ausgrenzen. Der offene inhaltliche Ansatz soll die finanziellen Möglichkeiten der/des Einzelnen nicht ausklammern, weshalb sich Village e.V. für den Mietwohnungsbau entschieden hat und sich bewusst von der Finanzierung auf Eigentumsbasis distanziert.

Unsere Ziele sind:

Wer unser Projekt unterstützen möchte, kann Fördermitglied in unserem Verein werden oder uns eine Spende zukommen lassen. Spendenkonto:
bei der Bank für Sozialwirtschaft
BLZ 100 205 00, Konto Nr. 32 545 00

Village e.V.
Lehrter Straße 57, Haus 4, 10557 Berlin
Tel.: 030/39 40 88 52 Fax: 030/39 40 89 93
E-Mail: info@Village-ev.de / www.Village-ev.de