Mieterecho - Zeitung der Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Nr. 294/ 2002

Verkauf der GSW steht unmittelbar bevor

Thomas Schütze

Lange Zeit war von den Verkaufsplänen der GSW nichts zu hören. Der SPD/PDS-Senat hält sich wie die Wohnungsgesellschaft selbst äußerst bedeckt zu diesem Thema. Nicht ungewöhnlich für die Berliner Kungelwirtschaft. Bemerkenswert ist allenfalls, wie schnell sich die PDS diesem Politikstil anpasste.

Es ist noch gar nicht lange her, als Harald Wolf stellvertretend für die PDS öffentlich den Protest gegen den Verkauf hinausposaunte: "Wir wollen die Wohnungen nur an Genossenschaften oder Mieter, nicht aber an Großinvestoren verkaufen." Und vor zwei Jahren waren Herrn Wolf auch noch die guten Argumente, die gegen den Verkauf sprechen bekannt. Damals kritisierte er die SPD, die sich nun auch offiziell aus der Verantwortung für eine soziale Wohnungswirtschaft verabschiedet hätte, da sich der Druck auf die Mieten erhöhen und dadurch hohe soziale Folgekosten nach sich ziehen würde. Im Abgeordnetenhaus erklärte im März 2000 Martina Michels: "Die PDS hält die städtischen Wohnungsbaugesellschaften für ein unverzichtbares wohnungspolitisches Instrument, von dem sehr wesentliche Steuerungspotenziale für eine sozial orientierte Wohnungspolitik ausgehen. (...) Soziale Verantwortung des Staates wird somit den Mechanismen des freien Marktes übergeben: alternativlos, übereilt und sozial unverantwortlich."

Die Argumente sind heute so richtig wie vor zwei Jahren, der einzige Unterschied besteht darin, dass sich die Führungsspitze der Berliner PDS offenbar nicht daran erinnern möchte. Aus dem Hause des Wirtschaftssenators ist zu hören, nichts mit der Sache zu tun zu haben und die Pressestelle der PDS schien ebenfalls schlecht informiert.

Claus Guggenberger, Pressesprecher der Senatsverwaltung der Finanzen unter Thilo Sarrazin, hat von seinem Chef offensichtlich einen Maulkorb verpasst bekommen: Er dürfe nichts sagen, Mieter sollten sich aber keine Sorgen machen. Wirtschaftssenator Sarrazin, dessen wirtschaftsliberaler Kurs der FDP alle Ehre machen würde, wird wissen warum höchste Geheimhaltung bei dem anstehenden Deal geboten ist. Nach einer Meldung der Berliner Zeitung dürfte der Nettokaufpreis der GSW kaum über 150 Mio. Euro liegen. Über den skandalösen Ausverkauf kommunaler Einrichtungen regt sich niemand mehr auf - aber bei dieser Zahl dürften die Gemüter doch in Wallung geraten. Sollte die GSW vor zwei Jahren nicht noch ungefähr das sechsfache in die geplünderte Berliner Haushaltskasse spülen? Und galt es nicht damals schon als

Verhohnepipelung der Mieter und Mieterinnen, dass ihre Wohnungen für durchschnittlich 30.000 DM verschleudert werden sollten? Der neue Preis, der im Übrigen der Summe entsprechen würde, die der Senat in diesem Jahr durch Wohnungsunternehmensverkäufe einnehmen wollte, ergibt den nicht mehr zu unterbietenden Durchschnitts-Wohnungspreis von ca. 2500 Euro - da lacht das Investorenherz! Zu einem Preis, für den geneigte Mieter und Mieterinnen nur wenige Quadratmeter ihrer Wohnung erstehen könnten, soll eine ganze Wohnung verhökert werden.

Zum engeren Kreis der interessierten Unternehmen, mit denen der Senat in Verhandlungen steht, gehören die E.on Immobilientochter Viterra, die RAG Immobilien AG (haben die nicht mal mit Kohle ihre Kohle verdient?) und die deutsche Annington, Tochter des japanischen Finanzgiganten Nomura. Die besten Chancen werden der US-Investmentgesellschaft Lone Star aus Dallas/Texas zugeschrieben, die auch als aussichtsreichste Kandidatin für die Übernahme der maroden Bankgesellschaft Berlin gilt. Nach Auskunft Claus Guggenbergers sollen die Verhandlungen des GSW-Verkaufs bis zum Jahresende abgeschlossen sein. Über ein Weihnachtsgeschenk der besonderen Art wird sich dann einer dieser Investoren freuen.