Mieterecho - Zeitung der Berliner Mietergemeinschaft e.V.

Nr. 294/ 2002

Mietshäuser in Selbstorganisation

Ist das Freiburger Mietshäuser Syndikat ein Modell für Berliner Hausgemeinschaften?

Christoph Villinger

Gibt es eine Alternative zwischen Privateigentümer einer Wohnung oder Mieter bei einem privaten oder städtischen Hausbesitzer zu sein? Einen möglichen Ausweg, insbesondere für Projekte und Hausgemeinschaften, versucht das Mietshäuser Syndikat in Freiburg mit ihrem Modell "Mietshaus in Selbstorganisation" aufzuzeigen.

Nachdem sich das Syndikat seit Anfang der 90er Jahre mit elf Projekten im Raum Freiburg etabliert hat, weitet es sich im Augenblick nach Tübingen und Frankfurt/Main aus. Aber auch in Berlin, Leipzig und Halberstadt überlegen sich mehrere Hausprojekte und Mietergemeinschaften, nach diesem Modell ihr Haus zu kaufen.

Im Kern sieht das Modell vor, dass sich die MieterInnen eines Hauses in einem Hausverein organisieren. Um sich am Mietshäuser Syndikat beteiligen zu können, müssen sich die MieterInnen für gemeinschaftliches Eigentum, sozialgebundene Vermietung und eine Verwaltung ihres Hauses in Selbstorganisation entscheiden. Nun gründet der Hausverein gemeinsam mit dem Mietshäuser Syndikat eine "Haus GmbH", die das Gebäude und Grundstück kauft. Von dieser wird nun das Gebäude als Ganzes an den Hausverein vermietet, der sich mit seinen Mitgliedern um alle Fragen der Miete und des alltäglichen Betriebs des Hauses kümmert. Ein- oder Auszüge von neuen Mietern ist rechtlich kein Problem, sie treten einfach in den Hausverein ein oder aus. Die Menschen gehen also keine "lebenslangen" Entscheidungen oder gar Verpflichtungen ein, was sich gerade in Berlin als großer Hemmschuh bei den vom Senator für Stadtentwicklung favorisierten Modellen der "eigentumsorientierten Genossenschaften" erwiesen hat. Durch das Vetorecht des Mietshäusersyndikats in der "Haus GmbH" bei allen Fragen des Verkaufs und der Privatisierung werden Gebäude und Grundstück auf Dauer dem Immobilienmarkt entzogen - das Eigentum ist neutralisiert. Das Haus als Projektidee existiert also unabhängig von den jeweils konkret darin lebenden Menschen.

Doch das eigentliche Problem ist die Finanzierung. Auf Grund der hohen Preise für die Grundstücke und der hohen Bankzinsen sind die meisten Projektideen für die BewohnerInnen nicht finanzierbar. Deshalb versucht das jeweilige Hausprojekt nun möglichst viel Direktkredite von privaten Kreditgebern zu bekommen, die jeweils einige tausend Euro zu einem Zinssatz zwischen null und drei Prozent verleihen. Abgesichert werden diese Kredite durch eine treuhänderische Sammelgrundschuld, die ins Grundbuch eingetragen ist. Da die Kreditgeber keinen "Eigenheimerwerb", sondern eine gesellschaftliche Idee finanzieren, sind inzwischen schon über fünf Mio. Euro bei den verschiedenen Projekten des Syndikats angelegt worden. Die Rückzahlung der geliehenen Gelder erfolgt langfristig aus den Mieteinnahmen. Der Rest der Kaufsumme eines Hauses wird meist mit verschiedenen Krediten der GLS-Bank in Bochum (Gemeinschaft für Leihen und Schenken) aufgebracht.

Damit immer neue Projekte entstehen können, zahlen die MieterInnen einen kleinen Beitrag in den Solidarfonds des Syndikats, aus dem dann die Anschubfinanzierung für weitere Vorhaben kommt.

Weitere Informationen: www.syndikat.org